Brasiliens Oberstes Gericht hat Ex-Präsident Jair Bolsonaro wegen eines Putschversuchs zu fast drei Jahrzenten Gefängnis verurteilt. Das Gericht in Brasília verkündete das Strafmaß gegen den 70-Jährigen am
Donnerstag, kurz nachdem ihn vier von fünf Richter in einem
historischen Urteil mehrheitlich für schuldig befunden hatten.
US-Außenminister Marco Rubio sprach von einer „Hexenjagd“ und kündigte
eine „angemessene“ Reaktion der USA auf die Entscheidung des Gerichts
an. Bolsonaro ist ein Verbündeter von US-Präsident Donald Trump.
Laut dem Urteil hatte Bolsonaro eine „kriminelle Organisation“ angeführt mit dem Ziel, seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl 2022 mithilfe eines Putsches zu kippen. Der rechte Politiker Bolsonaro hatte damals gegen den linksgerichteten
Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva verloren.
Die Richter sprachen ihn zudem schuldig, seine Anhänger zur gewaltvollen
Erstürmung des Obersten Gerichts, Präsidentenpalastes und Kongresses in
Brasília im Januar 2023 angestiftet zu haben. Seine Anhänger hatten Anfang Januar 2023 in der
Hauptstadt Brasília den Kongress, den Amtssitz des Präsidenten und das oberste
Gericht gestürmt und schwere Verwüstungen angerichtet. Laut Anklage war Bolsonaros Putschversuch letztlich aber gescheitert, weil er die Unterstützung der Militärführung nicht habe gewinnen können.
„Brasilien ist fast zur Diktatur zurückgekehrt“
Die Richter hatten seit Dienstag nacheinander ihre Positionen dargelegt. Lediglich Richter Luiz Fux stimmte für einen
Freispruch. Nach seiner Ansicht hätte der Prozess vor unteren Instanzen
verhandelt werden müssen, da Bolsonaro nicht
mehr im Amt ist. Zudem hätte das gesamte elfköpfige Richterplenum den
Fall
behandeln müssen und nicht nur die jetzt damit beschäftigten fünf
Richter. Seine vier Kollegen sahen es hingegen
als erwiesen an, dass Bolsonaro eine
„kriminelle Organisation“ anführte, um sich nach seiner Wahlniederlage
an der Macht zu halten. „Brasilien ist fast zur Diktatur zurückgekehrt“, hatte de Moraes am Dienstag gesagt.
© Lea Dohle
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Das abweichende Votum des Richters Fux könnte Bolsonaro den Weg für eine Berufung ebnen. Diese müsste dann vor dem Plenum des Gerichts mit elf Richtern verhandelt werden. Dadurch könnte sich der Abschluss des Verfahrens bis kurz vor die Präsidentschaftswahl 2026 hinziehen.
Bolsonaro wegen Fluchtgefahr überwacht
Bolsonaro erschien nicht vor Gericht. Er ließ sich von seinen Anwälten vertreten, die bereits ankündigten, Berufung einzulegen. Die Verteidigung hatte in dem Verfahren sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen und argumentiert, dass es keine stichhaltigen Beweise für eine Beteiligung Bolsonaros an einem Umsturzplan gebe.
Bolsonaro steht seit Anfang August wegen Verstößen gegen Auflagen unter Hausarrest und wird
wegen Fluchtgefahr überwacht. Ende August gab die Polizei bekannt, dass Bolsonaro eine Flucht nach Argentinien geplant haben soll. Aufgrund seines Alters und gesundheitlicher Probleme nach
einem Attentat käme auch nach einer möglichen Verurteilung statt einer Haftstrafe ein Hausarrest in Betracht.
USA drohen mit Konsequenzen
US-Außenminister Marco Rubio nannte die Entscheidung des obersten Gerichtshofs in Brasilien ungerecht. Die USA würden „angemessen auf diese Hexenjagd reagieren“, schrieb er im Onlinedienst X. Das brasilianische Außenministerium erklärte daraufhin bei X, die brasilianische Demokratie werde sich von „Drohungen“ Rubios „nicht einschüchtern“ lassen. Die Regierung werde „die Souveränität des Landes gegen Aggressionen und Einflussversuche“ verteidigen.
US-Präsident Trump nannte Bolsonaros Verurteilung „sehr überraschend“. Der Putschprozess gegen den 70-Jährigen hatte bereits eine diplomatische Krise zwischen Brasilien und den USA ausgelöst. So hatte Trump hohe Strafzölle gegen Brasilien verhängt und mitgeteilt, diese seien eine Vergeltung für
„heimtückische Angriffe Brasiliens auf freie
Wahlen“. Vor der Bestätigung des Urteils hatte der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva in einem TV-Interview gesagt, er habe keine Angst vor neuen Strafmaßnahmen der USA.
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