Nach über zwei Jahrzehnten fließt wieder Wasser im Kanzleibogenbrunnen am Stuttgarter Schlossplatz. Das Besondere: Die historische Anlage liefert jetzt bestes Trinkwasser.

Wieder ein Lebenszeichen: Was hinter dem Kanzleibogenbrunnen steckt

Im Probebetrieb läuft der 238 Jahre alte Brunnen schon seit März. Am Mittwoch hat das Amt Stuttgart der Landesbehörde Vermögen und Bau gemeinsam mit der Stiftung Stuttgarter Brünnele, der Netze Wasser GmbH sowie den verantwortlichen Architekten den Brunnen mit einem kräftigen Schluck Brunnenwasser auch ganz offiziell eingeweiht.

Gesprudel hat hier lange Zeit gar nichts. Foto: LICHTGUT/Leif Piechowski/Leif Piechowski

Für jeden gut zu lesen, weist auf dem Brunnen jetzt ein Schild das Wasser – das außer nachts den ganzen Tag im hohen Bogen gleichzeitig aus drei Speiern fließt – als trinkbar aus. Das dürfte auf den ersten Blick viele Passanten überraschen, sehen doch die Trinkbrunnen in der Stadt inzwischen fast immer ziemlich modern aus.

Weil der klassizistische Brunnen Teil des Prinzenbaus ist, der sich in Landesbesitz befindet, war für die Sanierung des Brunnens nicht die Stadt, sondern die Landesbehörde Vermögen und Bau Stuttgart zuständig. Deren Amtsleiter Simon Schreiber betont im Rahmen der Einweihung, dass das Trinkwasser des Brunnens „ein effektiver Beitrag des Landes und der beiden Partner zum Hitzeschutz“ sei.

Warum die Sanierung so lange dauerte

Angestoßen hatten die Instandsetzung 2020 Peter Haller und Herbert Rau von der Stiftung Stuttgarter Brünnele. Dass es dann noch einmal fast fünf Jahre dauerte, bis tatsächlich aus den Speiern wieder Wasser sprudeln konnte, sei vor allem auf die unzureichende Statik des Bauwerks zurückzuführen. Sie hatte umfangreiche Voruntersuchungen zur Folge, so Schreiber.

Denn als der Brunnen 1787 nachträglich an den Prinzenbau angefügt worden war, habe man dies ohne ein ausreichend stabiles Fundament getan. „Er wurde praktisch direkt auf den Boden gestellt“, beschreibt der Amtsleiter der Landesbehörde die Problemlage. Die Folge: Es kam zu Setzungen und dadurch zu Schäden am Brunnenbecken und an Leitungen.

Der Untergrund unter dem Brunnen hielt aber noch andere Überraschungen parat. Denn direkt unter dem Brunnen verläuft ein Abwasserkanal aus dem 19. Jahrhundert. Das habe eine Nachgründung zur Stabilisierung des Brunnens ausgeschlossen. „Das hätte den denkmalgeschützten Kanal zerstört“, sagt Schreiber.

Alte Mauern, neue Technik

Die Lösung war, das Brunnenbecken leichter zu machen, als es ursprünglich im gefüllten Zustand war. In Abstimmung mit dem Denkmalschutz wurde deshalb ein neues Edelstahlbecken im historischen Natursteinbecken eingesetzt und die im Brunnen stehende Wassermenge verringert. „Der laufende Betrieb zeigt, dass die fast zwölf Tonnen Mehrgewicht durch die Füllung des Wasserbeckens keinen wesentlichen Einfluss auf das Setzungsverhalten ausüben.“

So wurde der Brunnen zum Trinkbrunnen

Ebenso wurden im Zuge der Sanierung zwischen Anfang 2024 und März 2025 zwei der drei Speier des Wasserspiels ersetzt. Der linke Speier sei nach wie vor im Originalzustand. Zudem sei die Frischwasserzuleitung vollständig erneuert worden. Für die Maßnahme hatte das Land 150 000 Euro bereitgestellt. 50 000 Euro spendete die Stiftung Stuttgarter Brünnele. Netze BW Wasser erklärt sich, laut dessen Geschäftsführer Harald Hauser, bereit, die notwendigen Hygienekontrollen durchzuführen, damit der Brunnen langfristig als Trinkbrunnen betrieben werden kann.

Im kommenden Jahr soll nun noch die Natursteinoberfläche des Brunnens restauriert werden, um das Erscheinungsbild des Brunnens zu verbessern. Der bislang eher wie ein Flickenteppich wirkende Bodenbelag vor dem Brunnen werde die Stadt Stuttgart im Zuge des Neubaus der Toilettenanlage an der nahen Bushaltestelle erneuern.