Israels Teilnahme am Eurovision Song Contest sorgte wegen des Gaza-Kriegs bereits mehrfach für Diskussionen. Für 2026 drohen nun mehrere Länder, dem Wettbewerb fernzubleiben. Eine Entscheidung soll im Dezember fallen.
Nach Irland drohen nun auch die Niederlande mit einem Boykott des Eurovision Song Contest 2026, wenn Israel wie geplant teilnimmt. Das teilte der verantwortliche öffentlich-rechtliche TV-Sender AVROTROS in Hilversum mit.
„AVROTROS kann die Teilnahme Israels in der heutigen Situation angesichts des anhaltenden und schweren menschlichen Leidens in Gaza nicht länger verantworten“, heißt es in der Erklärung. Der Sender nennt auch die „schwerwiegende Aushöhlung der Pressefreiheit“ durch Israel, den Ausschluss internationaler unabhängige Berichterstatter und die vielen Opfer unter Journalisten.
Irland nennt Israels Teilnahme „unverantwortlich“
Die Niederlande schließen sich damit Irland an. Der irische Rundfunksender RTE erklärte erst gestern, er sei der Ansicht, dass Israels Teilnahme „angesichts des anhaltenden und entsetzlichen Verlusts von Menschenleben“ im Gazastreifen unverantwortlich wäre.
Slowenien hatte schon Anfang September erklärt, dass man bei einer Teilnahme Israels nicht dabei sein werde: „Wir gehen davon aus, dass wir nicht am Eurovision Song Contest teilnehmen können“, kündigte die Direktorin von Televizija Slovenija, Ksenija Horvat an.
Auch Spanien und Island erwägen, bei einer Teilnahme Israels dem Eurovision Song Contest im kommenden Jahr in Wien fernzubleiben. Zudem gibt es auch in anderen ESC-Nationen erhitzte Debatten und Forderungen nach einem Ausschluss Israels.
ESC als politisches Instrument?
Nach Darstellung des niederländischen TV-Senders soll die israelische Regierung bei dem ESC in Basel 2025 Einfluss ausgeübt haben. Der Eurovision Song Contest sei als politisches Instrument benutzt worden, behauptete er.
Offiziell ist die Europäische Rundfunkunion, der Verband der europäischen Rundfunksender, der Veranstalter und damit für die Zulassung der Länder verantwortlich. Die Niederlande stellten ihre Teilnahme 2026 aber in Aussicht, sollte die EBU beschließen, Israel nicht zuzulassen, wie der Sender mitteilte.
EBU entscheidet im Dezember
Norwegens Sender NRK verwies auf laufende Verhandlungen mit der EBU. „Ziel ist es, Meinungen darüber einzuholen, wie die EBU sowohl mit der Teilnahme am Eurovision Song Contest als auch mit den geopolitischen Spannungen rund um den Wettbewerb umgehen soll“, sagte Sendervertreter Charlo Halvorsen auf Anfrage.
„NRK beteiligt sich aktiv an diesem Prozess, in dessen Rahmen die EBU Anfang Dezember eine gründliche Überprüfung mit allen Mitgliedsländern durchführen wird“, so Halvorsen. „Derzeit hält NRK an seiner Entscheidung fest, am Eurovision Song Contest teilzunehmen. Wir vertrauen auf den Prozess und warten die Entscheidung der EBU im Dezember ab.“
ESC-Finale am 16. Mai 2026
Der österreichische Sender ORF hat sich als Gastgeber des ESC 2026 bereits eindeutig für eine Teilnahme Israels ausgesprochen. Er würde dies begrüßen, sagte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann Anfang September. Auch der Stiftungsrat des öffentlich-rechtlichen Senders empfahl Weißmann zuletzt, diese Position weiterhin zu vertreten.
Der ESC im kommenden Jahr ist bereits die 70. Ausgabe des Musikwettbewerbs, der jährlich rund 170 Millionen Fernsehzuschauer hat. Das Finale findet am 16. Mai 2026 in der Wiener Stadthalle statt. Wien hatte sich als Austragungsort knapp vor Innsbruck durchgesetzt.
Diskussionen schon 2024 und 2025
Seit Ausbruch des Gaza-Krieges 2023 überschattet der Nahost-Konflikt auch den ESC. Sowohl beim Wettbewerb in Malmö 2024, als auch in Basel 2025 gab es israelkritische Demonstrationen auf den Straßen und vereinzelt auch Pfiffe und Buhrufe im Saal gegen Israels Acts.
Ausgelöst wurde der Gaza-Krieg durch den Überfall der Terrororganisation Hamas und mit ihr verbündeter Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Seither sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 60.000 Menschen in Gaza getötet worden.