Welchen wirtschaftlichen Effekt hat die Förderung über das Programm Horizon Europe? Dieser Frage ist das Joint Research Centre (JRC) der Europäischen Kommission nachgegangen, das vergangene Woche eine Studie vorgestellt hat. Laut dieser Studie war das EU-Bruttoinlandsprodukt (BIP) durch das aktuelle Forschungsförderungsprogramm bereits im Jahr 2024 um bis zu 0,1 Prozent höher als noch in 2020. 

Die Analyse stellt eine Zwischenbewertung des neunten Rahmenprogramms zur Förderung von Forschung und Innovation dar, das von 2021 bis 2027 läuft und ein Gesamtbudget von 93,5 Milliarden Euro hat. Regional seien Unterschiede festzustellen: Nicht alle Länder und Regionen profitieren gleichsam. Das Onlinemagazin Science Business und der Briefing-Dienst Table.Media hatten zuerst über die Ergebnisse berichtet. 

Welcher Sektor besonders von Horizon Europe profitiert

Bereits nach vier Jahren bringe jeder über Horizon Europe ausgegebene Euro einen Euro ein, so das Joint Research Center. Es sei zu erwarten, dass die Effekte noch zunehmen. Hochschulen und Forschungseinrichtungen hätten an diese Profite zu einem Anteil von 28 Prozent bewirkt. Für den Großteil der Zugewinne sei aber der Unternehmenssektor mit 69 Prozent verantwortlich. Die Impact-Analyse zeige den positiven Effekt von Horizon Europe vor allem im Fertigungsbereich. Am meisten profitierten jene, die Maschinen und Geräte, Computer-, Elektronik- und Optikprodukte, Kraftfahrzeuge, Anhänger und Sattelauflieger sowie Metallerzeugnisse herstellten.

Brüssel bei Pro-Kopf-Fördergeldern vorne

Die Studie erläutert, wie sich die Horizon-Europe-Förderung in Euro pro Kopf auf die verschiedenen Regionen verteilt:  Die führenden Regionen mit Fördereinnahmen von mehr als 128 Euro pro Kopf seien größtenteils in Zentraleuropa gelegen. Andere Regionen erhielten weniger als sechs Euro pro Kopf. Sie seien zumeist in Mitgliedsländern wie Polen, Rumänien und Bulgarien zu finden. Aber auch einige Regionen in Frankreich, Italien und Deutschland weisen ähnlich niedrige Ergebnisse auf. Allgemein erhielten Hauptstadtregionen höhere Pro-Kopf-Fördergelder.

Die Verteilung der Horizon-Europe-Fördergelder korreliere dabei weitestgehend mit nationalen Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie mit der Anzahl der Forschenden, Ingenieurinnen und Ingenieure, die in der Gegend angestellt seien. Allerdings blieben die Unterschiede selbst nach der Bereinigung der Ergebnisse bestehen: So erhalte die Hauptstadtregion Brüssel laut den Berechnungen rund 15.600 Euro Horizon-Europe-Fördergelder pro wissenschaftlicher Fachkraft, während der polnische Verwaltungsbezirk Lebus nur auf 12 Euro komme.

Die Zahlen beruhen laut JRC auf Simulationen und Annahmen. Zu ihrer Berechnung seien die Daten aller durch Horizon Europe geförderten Projekte verwendet worden, die zwischen Januar 2021 und Ende Juni 2024 unterzeichnet wurden. 

Von der Leyen betont Relevanz von Forschung

Hinter der Studie steht das Interesse, die europäische Wirtschaft und vor allem ihre Innovationskraft wirksam zu stärken. Deren Bedeutung hat auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union am 10. September vor dem Europäischen Parlament in Straßburg betont. Innovation sei zentral für die Wettbewerbsfähigkeit und Unabhängigkeit der EU angesichts aktueller Bedrohungen wie dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine. 

„Wir haben gesehen, wie Abhängigkeiten gegen uns eingesetzt werden können. Deshalb werden wir massiv in Digitales und Clean Tech investieren“, so von der Leyen. Die Bemühungen würden künftig weiter gesteigert: „mit unserem künftigen Fonds für Wettbewerbsfähigkeit und der Verdopplung der Mittel für ‚Horizont Europa'“. Wissenschaft habe keinen Pass, kein Geschlecht, keine ethnische Zugehörigkeit und keine politische Farbe. Sie sei „eines der wertvollsten globalen Güter“. Daher habe die Kommission das Paket Choose Europe im Umfang von 500 Millionen Euro auf den Weg gebracht, das die besten Köpfe aus Wissenschaft und Forschung nach Europa holen und sie zum Bleiben bewegen soll. 

Gegenüber Science Business kommentierten Vertreter europäischer Hochschulorganisationen von der Leyens Rede und bewerteten den großen Stellenwert, den sie Forschung und Innovation gegeben hat, positiv, darunter der Generalsekretär der Guild of European Research-Intensive Universities, Professor Jan Palmowski, und der Generalsekretär der League of European Research Universities (LERU), Professor Kurt Deketelaere. 

Gleichzeitig berichtete Science Business, dass einige Aspekte des nächsten Mehrjährigen Finanzrahmens der EU, dessen Entwurf Ende Juli veröffentlicht wurde, bereits erneut zur Diskussion stünden. Der Vorschlag werde aktuell von den Mitgliedsländern und dem Europäischen Parlament verhandelt.