Inhalt / Kritik

Jen (Jutamat Lamoon) lebt zusammen mit ihrer Freundin Pim (Jutarat Burinok) in einem kleinen Apartment in Bangkok. Um ihre Miete bezahlen zu können, verkauft sich Jen als Freundin für eine Nacht an fremde Männer. Ihre Dienstleistungen sehen dabei unterschiedlich aus, Zeit, Nähe, Sex oder einfach als Begleitung, verbringt sie einzelne Nächte oder wenn der Preis stimmt sogar mehrere Tage mit Klienten. Als eines ihrer Treffen zu eskalieren droht, greift der örtliche Barkeeper Wason (Wason Dokkathum) ein und entschärft die Situation. Beide kommen sich danach näher und für einen kurzen Moment spürt Jen zum ersten Mal seit Langem echte menschliche Zuneigung. Einen Tag später ist sie jedoch spurlos verschwunden. Verzweifelt machen sich Pim und Wason auf eine hoffnungslos erscheinende Suche.

Verloren im Großstadtdschungel

Regisseur und Co-Autor Roderick Warich beschreibt die Handlung Funeral Casino Blues als durch gelebte Erfahrungen inspiriert. Seine Bühne zeigt die großen sozialen und wirtschaftlichen Gegensätze einer modernen Metropole. In Thailands Hauptstadt kommt seine Protagonistin finanziell selbst kaum über die Runden und muss darüber hinaus noch ihre Familie auf dem Land unterstützen. Ihre Schwestern romantisieren die Großstadt und Jens Leben, fragen sie, ob sie bereits einen Freund oder die wahre Liebe gefunden habe, während sie sich insgeheim dazu gezwungen fühlt, sich und ihren Körper zu verkaufen. Ihre Tätigkeit lässt keine echte Intimität, keine echten Gefühle zu. Kongruent dazu stellt Warich Jens Konversationen mit ihren Freiern fast ausschließlich anonymisiert über Smartphones und Text dar. Wütende Nachrichten oder lediglich Emojis verdeutlichen Austauschbarkeit, emotionale Distanz und damit einhergehende Entmenschlichung. Das Internet liefert dabei dieselbe vermeintliche Anonymität wie die nächtlichen Straßen und Hotels Bangkoks.

Genre-Dissonanz

Abseits gelebter Erfahrung rechtfertigt Funeral Casino Blues kaum sein melancholisches, fast mythisch realistisches Dasein. Jens Geschichte ist eine von vielen, in die der Film nie intensiv eintaucht. Roderick Warich beschränkt sich stattdessen darauf, eine Reihe an Gefühlen zu inszenieren. In Jen vereint er neben schwacher Hoffnung vor allem Verzweiflung und ein stoisches, wenn auch melancholisches Bestreiten eines Alltags, aus dem es kein Entrinnen gibt. Ihr kurzes Erfahren eines Anflugs echter Freundschaft, Intimität oder der Versuchung, sich zu öffnen, ist ebenso schnell verflogen wie oberflächlich. Warich hofft, dass sein Publikum sich ebenso wie Jen in der schemenhaften wie hypnotischen Kulisse des nächtlichen Bangkoks verliert, ohne echte Tiefe zu suchen.

Für Letzteres bietet Funeral Casino Blues aber während seiner zweieinhalbstündigen Laufzeit mehr als genug Zeit. Lange Kamerafahrten und Weitwinkelaufnahmen laden einerseits zum Verweilen in der melancholischen Grundstimmung ein, gleichermaßen allerdings zum Abschweifen. Bevor Funeral Casino Blues im letzten Drittel versucht, zu einem Mystery-Thriller zu avancieren, nimmt sich der Film zu viel Zeit zur Etablierung seiner Handlung und gibt essenzielle Information zu spärlich preis. Der Genrewechsel kommt zu spät und ist schlussendlich nicht ausgereift genug, um der abstrakten, überstilisierten, neo-noiren Welt von Funeral Casino Blues genug Substanz zu verleihen.

Bangkoks Neon-Nights

Die Schwächen des Drehbuchs gleicht Roderick Warich zumindest anteilig durch die Inszenierung von Funeral Casino Blues aus. Armut und Miserie visualisiert er meisterhaft und schafft das Bild eines nächtlichen Bangkoks, dessen mystischer Anziehung sich auch Kinogänger schwer entziehen können. Trotz ihrer begrenzten Erfahrung liefern Jutamat Lamoon, Jutarat Burinok und Wason Dokkathum exzellentes sowie fesselndes Schauspiel.

Credits

OT: „Funeral Casino Blues“
Land: Deutschland
Jahr: 2025
Regie: Roderick Warich
Drehbuch: Dominik Rockenmaier, Roderick Warich
Musik: John Gürtler
Kamera: Roland Stuprich
Besetzung: Jutamat Lamoon, Wason Dokkathum, Jutarat Burinok, Piyapong Saebui, Chayanee Choomnoommanee, Chonlakan Saiduang

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