Bad Urach (Baden-Württemberg) – Der große deutsche Autozulieferer Eissmann produziert für Lamborghini, Mercedes-Benz und BMW. Doch die Gruppe mit mehreren Werken im In- und Ausland und Tausenden Mitarbeitern steckt in der Krise. Standorte in Deutschland wurden geschlossen. Jetzt trifft es Dutzende Mitarbeiter in der Konzernzentrale.

Es geht um das Herzstück des einst großen Zulieferers Eissmann Automotive: 43 Mitarbeiter am Hauptsitz in Bad Urach (Baden-Württemberg) haben die Kündigung erhalten. Damit erreicht die Pleitewelle nach der jüngsten Werksschließung in Gera die Zentrale.

Noch im Mai 2024 hatte Insolvenzverwalter Holger Leichtle öffentlich erklärt, dass eine Schließung des Hauptsitzes nicht geplant sei. Umso mehr trifft die Nachricht über die Entlassungen die Belegschaft ins Mark.

Insolventer Autozulieferer schließt Werk

Schon seit Februar 2024 befindet sich Eissmann in einem Insolvenzverfahren. Betroffen sind die deutschen Standorte Bad Urach, Gera (Thüringen) und Pirna (Sachsen). Das Werk in Gera wurde gerade erst zum 1. September geschlossen. 440 Mitarbeiter hatten in Spitzenzeiten dort gearbeitet. Die Produktion läuft künftig nur noch in Osteuropa. Von den rund 1000 Mitarbeitern in Deutschland vor der Insolvenz sind laut Insolvenzverwaltung noch etwa 550 im Unternehmen. Im Ausland beschäftigt die Eissmann-Gruppe nach eigenen Angaben etwa 5000 Mitarbeiter.

Das Werk in Gera kaufte die Eissmann-Gruppe 2009. Damals war der Autozulieferer noch auf Expansionskurs

Dieses Werk des Autozulieferers in Gera wurde vor wenigen Tagen dichtgemacht

Foto: picture alliance / ZB/euroluftbild.de

So werden die Kündigungen begründet

Thomas Schulz, Sprecher des Insolvenzverwalters, zu BILD: „Zum Ende des ersten Quartals 2025 war klar, dass sich kein potenzieller Investor für den Standort interessiert. Deswegen war der Insolvenzverwalter gezwungen, die Belegschaft zu kündigen.“ Bis Ende Juli wurden die noch bestehenden Aufträge abgearbeitet. CEO Claus Rudolf hatte das Unternehmen bereits zum 30. Juni 2025 verlassen.

Die Eissmann-Gruppe stellt hochwertige Innenraumteile für Mercedes Benz, BMW und Lamborghini

Die Eissmann-Gruppe stellt hochwertige Innenraumteile für Mercedes Benz, BMW und Lamborghini her

Foto: picture alliance / dpa

Es gibt jedoch Hoffnung: Nach BILD-Informationen befindet sich Insolvenzverwalter Holger Leichtle in konkreten Verkaufsgesprächen. So könnten auch die Kündigungen am Hauptsitz in Bad Urach ein Zeichen dafür sein, dass ein möglicher Käufer keine Doppelstrukturen in der Verwaltung aufbauen will. Die Verhandlungen ziehen sich seit Monaten.

Insolvenzverwalter Dr. Holger Leichtle führt seit Monaten Gespräche mit einem möglichen Investor

Insolvenzverwalter Dr. Holger Leichtle führt seit Monaten Gespräche mit einem möglichen Investor

Foto: Görg Rechtsanwälte

Ganze Branche im freien Fall

Klar ist auch: Die dramatische Entwicklung bei Eissmann ist kein Einzelfall. Eine aktuelle Analyse des Kreditversicherers Atradius zeigt: Kein Industriezweig in Deutschland ist von mehr Großinsolvenzen betroffen als Autozulieferer. Allein im ersten Halbjahr 2025 meldeten 29 Firmen mit einem Jahresumsatz mehr als zehn Millionen Euro Insolvenz an.

„Besonders kleinere Zulieferer geraten zunehmend in Bedrängnis“, sagt Dietmar Gerke von Atradius. Schuld seien hohe Kosten, mangelnde Planungssicherheit, rückläufige Produktionszahlen und die teure Umstellung auf Elektromobilität. Zusätzlich wird die Lage durch unsichere Handelsbeziehungen und schwache Nachfrage erschwert.

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Die Folge: Produktionen wandern ins Ausland ab. In Deutschland wird Personal abgebaut – wie jetzt auch bei der Eissmann-Gruppe.