In turbulenten Zeiten können Abende wie dieser einfach mal guttun. Denn sie beweisen, dass sich die Menschen noch für ihre Stadt interessieren – und damit vor allem die Demokratie vor Ort stärken. Das „Haller Kreisblatt“ hatte in das Bürgerzentrum Remise zur Kommunalwahldebatte mit Bürgermeister Thomas Tappe (CDU) und seinen Herausforderinnen Friederike Hegemann (Grüne) und Edda Sommer (SPD) eingeladen – und die Hallerinnen und Haller kamen in Scharen.

Sie erlebten einen Abend, an dem drei engagierte Menschen aus Halle auf der Bühne sachlich, konstruktiv und vor allem fair miteinander diskutierten – ohne immer einer Meinung zu sein. Und sie stellten zum Ende selbst kluge Fragen, zu denen die Kandidaten Position beziehen mussten.

Menschen interessieren sich nicht mehr für Politik? Sie nehmen achselzuckend zur Kenntnis, was in ihrer Stadt vor sich geht? Sie wissen eigentlich gar nicht, wer da wo was für sie entscheidet? Wer am Dienstagabend in der Remise dabei war oder den Livestream verfolgte, ging mit einem ganz anderen Eindruck nach Hause. Es war ein Bekenntnis zur Demokratie und dazu, wie wichtige Entscheidungen für eine Stadt im konstruktiven Diskurs getroffen werden.

Große Skepsis bei Windkraft-Projekt in Halle

Das Publikum verfolgte gebannt, teil auch amüsiert, den Abend. Auch die Besucher hatten kritische Fragen an die Bürgermeister-Kandidaten. - © Nico Seifert

Das Publikum verfolgte gebannt, teil auch amüsiert, den Abend. Auch die Besucher hatten kritische Fragen an die Bürgermeister-Kandidaten.
(© Nico Seifert)

Und Überraschendes hatte die Debatte – zum Glück – auch noch zu bieten. Denn als sie zum Thema Windkraft kam, ließen die Antworten aller drei Aspiranten schon aufhorchen. Mit Blick auf die bis zu sechs von den Stadtwerken Münster geplanten Windräder zwischen Hörste und Kölkebeck äußerten sich die Kandidaten so defensiv wie wohl seit Bekanntwerden der Pläne nicht mehr.

So lief der große HK-Wahlabend: Kandidaten stellen sich kritischen Fragen

Vor allem die Worte von Amtsinhaber Thomas Tappe waren in dieser Deutlichkeit nicht zu erwarten gewesen. Immerhin wäre der städtische Energieversorger Technische Werke Osning (TWO) als Betreiber von zwei der sechs Anlagen an dem Mega-Projekt beteiligt. Schon interessant, wie nachdrücklich der Bürgermeister auf den frühen Planungsstand verwies: Es gebe keine Bauvoranfrage, keine angedachte Flächennutzungsplanänderung – es gebe lediglich eine Idee.

Fast mutete es so an, als spreche Tappe über ein fremdes Projekt, das an die Stadt herangetragen worden war – dabei hatte sie es im November 2023 noch gemeinsam mit den Stadtwerken Münster und den TWO im Rathaus vorgestellt. Jetzt gibt es beim Verwaltungschef offenbar größere Zweifel, die er in der Remise auch bemerkenswert offen formulierte: Wenn nur vier Windräder realisierbar seien, die TWO nicht ausreichend profitierten – und damit auch die Haller Bürgerinnen und Bürger über eine Genossenschaft -, sei das Projekt nicht attraktiv. „Geht es hier nur um irgendwelchen Strom, der in das Mittelspannungsnetz fließt, dann bin ich nicht dabei.“

Haller Aspiranten stärken ihre persönlichen Profile

Friederike Hegemann (v. l.), Thomas Tappe und Edda Sommer machten am Dienstag klar, wofür sie stehen. - © Nico Seifert

Friederike Hegemann (v. l.), Thomas Tappe und Edda Sommer machten am Dienstag klar, wofür sie stehen.
(© Nico Seifert)

Das saß, und Tappe erhielt in diesem Punkt von seinen Kontrahentinnen sogar Unterstützung. Friederike Hegemann – als Grüne der Windkraftunterstützung mindestens verdächtig – sprach von „sehr sensiblen“ Bereichen und fragte offen: „Welche der Windräder sind überhaupt umsetzbar?“ Und Edda Sommer assistierte mit dem Hinweis, es sei Vorsicht geboten. Man müsse prüfen, ob sich der Netzausbau lohne.

Es war einer der bemerkenswertesten Momente an diesem Abend, denn er verschaffte dem Publikum neue Einsichten. Mindestens genauso wichtig waren die Eindrücke, die sie von den Kandidatinnen und dem Kandidaten an diesem Abend erhielten. Die Botschaft: Um eine angemessene Leitung der Haller Stadtverwaltung muss sich ab Montag, 15. September, niemand Sorgen machen.

Mega-Projekt in Halle: Sind sechs Windräder möglich?

Amtsinhaber Thomas Tappe (CDU) präsentierte sich voll auf der Höhe in allen aktuellen Themen, zugleich bereit zum Dialog und aufgeschlossen für neue Anreize. Edda Sommer (SPD) setzte sich vor allem beim Thema Wohnungsbau mit Kenntnis und Mut in Szene. Und Friederike Hegemann (Grüne) bewies, dass ihr Blick weit über „ihr Künsebeck“ hinausreicht und zeigte im Bereich Sozialpolitik große Kompetenz.

Allen Kandidaten geht es in erster Linie um Halle

Vor allem aber kaufte man allen drei Bewerbern ab, dass es ihnen um Halle geht – und unabhängig vom Wahlausgang auch in Zukunft gehen wird. Das wiederum dürfte beim Publikum auf dem Weg nach Hause ein gutes Gefühl hinterlassen haben – mehr kann Demokratie vor Ort kaum erreichen.

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