Miami. Über Monate hinweg bat Mary G. die Polizei wiederholt um Schutz vor ihrem getrennt lebenden Ehemann – aus Todesangst. Doch Beamte des Sheriffbüros im Bezirk Broward in Südflorida gingen den Hilferufen der Frau laut einer internen Untersuchung nicht angemessen nach. Dies hatte fatale Folgen: G., ihr Vater und ein Nachbar wurden Ermittlern zufolge vor den Augen ihrer vier Jahre alten Tochter erschossen. Der Ehemann gilt als Tatverdächtiger und sitzt derzeit in Untersuchungshaft.
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Das Sheriffbüro hat nun sechs weitere Hilfssheriffs wegen ihres Umgangs mit dem Fall entlassen, wie die Behörden mitteilten. Gegen elf weitere wurden disziplinarische Maßnahmen ergriffen. Zwei andere Beamte hatten bereits zuvor ihre Jobs verloren.
Die Bluttaten ereigneten sich bereits Mitte Februar in der Gemeinde Tamarac. Nach Recherchen der Zeitung „The Miami Herald“ hatte G. in den Monaten vor ihrer Ermordung Freunden, Verwandten und Polizisten von Drohungen ihres Mannes berichtet, sie umzubringen. Wiederholt hatte er gegen Kontaktverbote verstoßen, die ihm den Zugang zum Familienhaus untersagten. Er terrorisierte dem Bericht zufolge seine Frau auch, indem er einen Peilsender an ihrem Auto anbrachte und einen Rucksack mit Materialien wie Klebeband und Kabelbindern in der Garage deponierte.
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Schließlich machte der Verdächtige laut der Anklage seine Drohungen wahr und erschoss zunächst seinen Schwiegervater, als dieser auf der Terrasse des Familienanwesens Kaffee trank. Dann sei der mutmaßliche Täter auf der Straße seiner Frau hinterhergejagt und habe sie und einen Nachbarn erschossen, in dessen Haus sie habe flüchten wollen, teilten Ermittler mit. Die kleine Tochter habe alles mit angesehen und ihren Vater angefleht, damit aufzuhören.
Sheriff räumt Versagen der Beamten ein
„Wir hatten mehrere Gelegenheiten, Mary in den Monaten vor ihrem Tod zu schützen, als sie uns auf die häusliche Gewalt aufmerksam machte, die sie erlebte“, räumte Sheriff Gregory Tony ein. Die zuständigen Ermittler hätten nicht ihrer Ausbildung gemäß gehandelt und letztlich darin versagt, den wiederholten Hilferufen der Frau mit der nötigen Dringlichkeit nachzugehen.
Der Fall hat Tamarac erschüttert – und die Frage aufgeworfen, warum die Ermittler es versäumten, das sogenannte Red-Flag-Gesetz des US-Staats Florida anzuwenden. Es sieht vor, dass einer Person, die als eine Gefahr für sich und andere eingestuft wird, die Waffen weggenommen werden können. Der Tatverdächtige hat auf nicht schuldig plädiert. Im Falle einer Verurteilung droht ihm die Todesstrafe.
RND/AP