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David McAllister spricht im Interview über den nächsten EU-Haushalt. © Hauke-christian Dittrich/dpa
Die EU-Kommission plant, die Agrarförderung ab 2028 neu zu strukturieren. Widerspruch gegen den Budget-Vorschlag kommt vom Abgeordneten David McAllister (CDU): Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses unterstreicht, das Agrarbudget soll nicht angetastet werden. Er reagiert damit auch auf Kreislandwirt Wilken Hartje (CDU), der Kritik an der Kappung der Agrarflächensubvention übt.
Wäre der Vorschlag der Kommission für unsere ländliche Region eine Umschichtung oder ist das eine Kürzung?
Der nächste mehrjährige Finanzrahmen 2028 bis 2034 muss historischen Herausforderungen gerecht werden: Dabei sind die Wettbewerbsfähigkeit der EU und die Sicherheits- und Verteidigungspolitik zentral zu stärken. Die Kommission plant eine tiefgreifende Neuordnung. Sie schlägt vor, bewährte Politikfelder wie die Kohäsionspolitik (Anm. d. Red.: Kohäsionspolitik hat das Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse in der Union zu schaffen) und die gemeinsame Agrarpolitik in deutlich größere Dachinstrumente einzubetten, die dann primär über nationale Pläne gesteuert werden. Das ist ein Bruch zu vorherigen mehrjährigen Finanzrahmen. Und es besteht das Risiko, dass Mittel, die bislang klaren regionalen oder sektoralen Zwecken gewidmet waren, künftig in nationalen Haushaltslisten aufgehen und nicht dort ankommen, wo sie benötigt werden.
Was bedeutet das für die Region?
Das heißt für uns in Niedersachsen: Wenn Gelder nicht mehr in klar definierten regionalen Zuschreibungen ankommen, ist eben unklar, ob Kommunen, Landwirte, Mittelständler oder Hochschulen weiterhin für langfristige Projekte die notwendige Planungssicherheit haben werden. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass Kohäsion, Landwirtschaft und Fischerei als eigenständige Säulen mit zweckgebundenen Mitteln erhalten bleiben.
Wie geht das dann mit der Flexibilisierung zusammen?
In einem so langfristig angelegten Instrument wie dem mehrjährigen Finanzrahmen bedeutet Flexibilität, dass Mittel nicht starr nach festen Linien verteilt werden, sondern bei Bedarf zwischen Programmteam, Feldern oder Regionen verschoben werden können. Deshalb ist meine Meinung: Flexibilität ja – aber mit klar definierten Leitplanken.
Welche Leitplanken halten Sie für notwendig?
Es ist genau festzulegen, was eine außergewöhnliche Lage ist, die Mittelumschichtungen erlaubt – zum Beispiel eine Naturkatastrophe, ein geopolitischer Schock oder eine schwere Wirtschaftskrise. Es muss die Zweckbindung der Mittel gewahrt bleiben. Gelder für die Kohäsionspolitik dürfen nicht einfach in Verteidigungsprojekte umgeleitet werden, und Agrarmittel dürfen nicht in allgemeine Wettbewerbsfonds umgeleitet werden. Das Europäische Parlament muss in jede wesentliche Umschichtung eingebunden werden, um Transparenz, demokratische Kontrolle und Legitimation sicherzustellen. Jede Umschichtung muss öffentlich dokumentiert und bewertet werden. Wird der Rahmen zu weit geöffnet, droht die Planungs- und Entscheidungskompetenz vor Ort zu erodieren.
Wann wird klarer sein, welche Pläne der Kommission umgesetzt werden?
Ich rechne mit ungefähr zweijährigen, nicht einfachen Verhandlungen von Rat, Parlament und Kommission. Diese sind natürlich auch von einer ganzen Reihe struktureller Zielkonflikte geprägt.
Welche Zielkonflikte meinen Sie?
Der Vorschlag der Kommission ist eine Arbeitsgrundlage. Er wird noch erheblich verändert werden. Das Europäische Parlament hat in einer ersten Stellungnahme den Vorschlag als „nicht ausreichend“ bezeichnet. Weil die Zahlen und die Struktur nicht in Einklang mit den politischen Herausforderungen der nächsten sieben Jahre stehen.
Und die Rolle der Mitgliedsstaaten?
Die Mitgliedstaaten haben sich teils kritisch geäußert. Die Mitgliedstaaten, das ist aber nichts Neues, fordern ja auf der einen Seite, dass die Europäische Union in vielen Bereichen sehr viel mehr macht – mit guten Argumenten. Sie sind aber auf der anderen Seite nicht bereit, der Europäischen Union die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Debatte eines MFR (Anm. d. Red.: MFR steht für mehrjähriger Finanzrahmen) erinnert zu Beginn immer an die Quadratur des Kreises.
Kreislandwirt Wilken Hartje kritisiert die erwogene Kappung der Agrarflächensubvention bei 100 000 Euro scharf. Wie stehen Sie dazu?
Diese Kritik kann ich gut nachvollziehen. Seine Bedenken teile ich. Wir stehen erst am Beginn der Verhandlungen über die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Generell kann ich für meine Fraktion der Europäischen Volkspartei sagen, dass wir uns eng mit dem Berufsstand abstimmen. Als EVP (Anm. d. Red.: EVP ist die europäische Parteienfamilie von CDU und CSU) werden wir darauf bestehen, dass die GAP eigenständig mit zweckgebundenem Budget im mehrjährigen Finanzrahmen verankert bleibt – und zwar mindestens in der aktuellen Höhe. Das heißt konkret: keine Umschichtungen aus der GAP ohne ausdrückliches Mandat des Parlaments, keine Zusammenlegung mit nicht zweckgebundenen Fonds und keine Verwässerung der Förderziele durch rein nationale Steuerung. Denn nur so haben die Landwirte die notwendige Planungssicherheit.
Und was wollen Sie konkret für die Landwirtschaft erreichen?
Ich werde mich konsequent dafür starkmachen, dass die bürokratischen Hürden für Landwirte deutlich gesenkt werden. Wir brauchen eine Stärkung von Investitionsprogrammen für junge Landwirte und für eine nachhaltige Modernisierung, damit unsere Landwirtschaft wettbewerbsfähig bleibt und sich gleichzeitig auf die Herausforderung des Klimawandels einstellen kann. Wichtig ist, dass diese Programme unbürokratisch ausgestaltet werden und tatsächlich in der Praxis ankommen.
Sie sind aber auch nicht entschieden dagegen, dass man das degressiv gestaltet.
Ja. Sicherlich muss man ab einem bestimmten Punkt staffeln, aber dieser sollte definitiv nicht zu niedrig angesetzt werden. Wir haben mittlerweile bei uns in Niedersachsen größere Betriebsstrukturen und das muss berücksichtigt werden. Degressive Elemente dürfen deshalb nicht dazu führen, dass erfolgreiche, wachstumsfähige Betriebe im internationalen Wettbewerb benachteiligt werden.