Auf dem dritten europäischen Autogipfel hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Pläne vorgestellt, wie die Autoindustrie der EU wieder wettbewerbsfähig gemacht werden kann. Wie einem sechsseitigen Konzeptpapier der EU-Kommission zu entnehmen ist, soll noch dieses Jahr die CO2-Flottenregulierung für PKW und Lieferwagen überprüft und gegebenenfalls revidiert werden. Im Ansatz hatte sie das schon in ihrer kürzlichen Rede zur Lage der Union angekündigt.
Keine Einigung gab es indes im Streit um das EU-Verbrenner-Aus 2035 – dem geplanten Verbot der Neuzulassung von benzin- oder dieselgetriebenen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. Bei der Überprüfung der CO2-Flottenregulierung will die EU Kommission die Technologieneutralität, etwa die Rolle von E-Fuels und Plug-in-Hybriden, stärker berücksichtigen. Auch die Bezahlbarkeit und ihre sozialen Auswirkungen sollen bewertet werden. Eine Konsultation dazu läuft noch seit dem 7. Juli. Noch 2025 will die EU-Kommission einen Rechtsakt für emissionsfreie Unternehmensflotten vorlegen.
Initiative für kleine, bezahlbare E-Autos
Das vorab bekannt gewordene Konzeptpapier der Kommission enthält auch eine Initiative für kleine, bezahlbare E-Autos (Small Affordable Cars), was darauf hinweist, dass die EU-Kommission eine Elektrifizierung bevorzugt. Diese sollen sauber, effizient und in Europa produziert werden – mit europäischen Lieferketten. Mit der Initiative zielt die Kommission vor allem darauf ab, zu verhindern, dass China und andere Länder den Markt für preiswerte E-Autos dominieren. „Die nächsten zwei Jahre sind entscheidend“, heißt es in dem Papier. „Europa muss enger zusammenarbeiten – von der Software-Entwicklung bis zur Batterieproduktion.“
Auf dem EU-Autogipfel wurde schließlich eine Absichtserklärung durch die EU-Kommissare Ekaterina Zaharieva (Start-ups, Forschung und Innovation) und Apostolos Tzitzikostas (Nachhaltiger Verkehr und Tourismus) mit Branchenvertretern unterschrieben. Darin werden drei bestehende Partnerschaften gebündelt: „2Zero“ (Nullemissionstransport), der „CCAM“ (vernetzte und automatisierte Mobilität) und „BATT4EU“ (Batterieproduktion). „Diese Absichtserklärung ist ein erster Meilenstein, um die europäische Automobilindustrie wettbewerbsfähig, nachhaltig und technologisch souverän zu halten“, sagte Zaharieva.
Unterstützung für Elektromobilität
Die Autoindustrie reagierte enttäuscht auf das Ergebnis des Treffen in Brüssel. „Der heutige Strategische Dialog zur Zukunft der Automobilindustrie in Brüssel hat erneut gezeigt, dass die EU-Kommission die gewaltigen Herausforderungen der Branche zwar benennt – aber noch zu unentschlossen und zu wenig strategisch agiert“, erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller in einer Pressemitteilung. Eine Abkehr vom EU Verbrenner-Aus 2035 hatten der VDA zusammen mit der Gewerkschaft IG Metall im Vorfeld des Autogipfels gefordert. Das Bündnis warnte in einer gemeinsamen Erklärung vor einem weiteren Verlust von Arbeitsplätzen in der Branche.
„Aktuell gehen jeden Monat in Deutschland Arbeitsplätze in der Automobilindustrie verloren, von Juni 2024 bis Juni 2025 waren es über 50.000“, hieß es. Ein striktes Festhalten am Verbrenner-Aus gefährde Beschäftigung. Für die Elektromobilität fordern sie zudem eine Verlängerung der KFZ-Steuerbefreiung für E-Autos bis 2035. Weitere Wünsche sind eine Ausweitung der Steuerbefreiung auf Gebrauchtwagen, ein beschleunigter Ausbau der Ladeinfrastruktur, bidirektionales Laden sowie eine Senkung der Strompreise an Ladepunkten.
In Kooperation mit dem Branchendienst energate.
Was die CO2-Regulierung betrifft, fordern beide Verbände einen „pragmatischen Technologiemix mit der Anerkennung von Plug in-Hybriden (PHEV) und Range Extendern (EREV), keine Verschärfung der CO2-Bewertung für PHEV und eine schnelle Vorlage eines EU-Kommissionsvorschlags für Fahrzeuge mit synthetischen Kraftstoffen nach 2035.“
EU-Verbrennerverbot als Streitthema
Die Forderung nach einer Abkehr vom EU-Verbrenner-Aus 2035 war zuvor auch Thema auf der Automesse IAA Mobility und bekam tendenziell Unterstützung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Unter anderem CSU-Chef Markus Söder hatte sich vehement für eine Abkehr von dem EU-Ziel eingesetzt. Aber nicht die gesamte Branche steht hinter der Forderung. So hatte sich Volkswagen-Chef Oliver Blume deutlich zur Elektromobilität bekannt. Auch Gernot Döllner, Vorstandschef der VW-Tochter Audi, kritisierte die neu entfachte Debatte über das Verbrennerverbot gegenüber der „Wirtschaftswoche“ als „kontraproduktiv“. Sie verunsichere die Kunden, so Döllner. Das Elektroauto sei „einfach die bessere Technologie“.
„Weichen Sie nicht zurück“
Ähnliche Töne kamen auch von nicht deutschen Herstellern. „Weichen Sie nicht zurück“, hieß es in einem offenen Brief an Kommissionspräsidentin von der Leyen. Unterschrieben war er von mehr als 150 Unternehmen, darunter Hersteller von Elektrofahrzeugen wie Volvo oder Polestar, Batteriehersteller wie Samsung und LG Energy sowie Betreiber von Ladestationen wie Fastned oder Ionity. Energieversorger wie Iberdrola aus Spanien oder EDP aus Portugal waren ebenfalls dabei.
Im Februar hatten sich bereits Ärzte mit einem ähnlichen offenen Brief an die EU-Kommissionspräsidentin gewandt und gefordert, am geplanten Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor ab 2035 festzuhalten. Dies diene dem Schutz der menschlichen Gesundheit. Die Mediziner warnten vor den negativen gesundheitlichen Folgen einer Verzögerung, insbesondere durch Feinstaub und andere Schadstoffe. „Wir bitten Sie: Setzen Sie sich dafür ein, dass die Gesundheit von Millionen Europäern und Europäerinnen geschützt wird“, hieß es in dem Schreiben.
Quelle: Energate
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