Khorchide: Es gibt zwei Entwicklungen: Einerseits werden immer mehr Muslime immer säkularer, immer weniger besuchen die Moscheen. Andererseits macht man sich um die Radikalisierung über die Sozialen Medien Sorgen. Immer mehr suchen nach Halt und Identität – aber in Form von Aus- und Abgrenzung: Sie wollen anders aussehen, wollen nicht mit Nicht-Muslimen befreundet sein, erheben sich über andere. Das gibt Macht und Halt und kompensiert Gefühle der Ohnmacht. Das ist aber nur ein kleiner Teil. Ein großer Teil geht Richtung Säkularisierung. Sie sagen: ,Ich verstehe sowieso nicht, was der Imam sagt, und was er sagt, geht mich nichts an.’ Wer sich wohlfühlt in der Gesellschaft, im Sport, in der Schule, im Beruf, sogar in der Politik, hat oft das Gefühl, dass die Religion ihn vor die Frage stellt: Werde ein Teil der Gesellschaft oder werde religiös. Viele wollen ihr Leben leben, Karriere machen, für sie ist die Religion nur noch eine kulturelle Identität. Kulturmuslime nennen sie sich. Aber um was es eigentlich geht, ist ein Islam, der Teil der Gesellschaft ist.