Die „Gesellschaft für beschränkte Hoffnung“ ist eine Kommune von jungen Menschen, die sich kaum bewegen können. Teilweise sind sie auf Rollstühle angewiesen. Sie teilen Geld, Bücher, Essen, Ideen, Schallplatten – und ihre Gebrechen. Mitsamt freiwilligen Pflegern beziehen sie ein heruntergekommenes Pfarrhaus im thüringischen Hartroda. Das ist Ende der 1970er-Jahre und geschieht unter den misstrauischen Augen der Staatssicherheit und mit Duldung der Diakonie.

Mit Berufung auf Jesu Jünger und die urchristlichen Gemeinden entwickelt Gruns, ein von Muskelschwund betroffener Theologe und Prediger, die Gründungsidee der sich selbst so nennenden „Krüppelkommune“: Gerechtigkeit beruht nicht auf Leistung, sondern auf der Menschlichkeit derer, die zusammenleben, weil sie einander brauchen.

Karsten Krampitz: „Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung“, 198 Seiten, 22 Euro, Edition Nautilus. Foto: Edition Nautilus

Das funktioniert eine Zeit lang ganz leidlich. Die Kommune hält sich mit Rente, Pflegegeld, Spenden über Wasser, für die Evangelische Kirche in Deutschland gilt sie als Friedenswerkstatt. Doch als 1989 die Mauer fällt, verliert die Kommune ihre Geschäftsgrundlage, die Gemeinschaft zerbricht. Ein Mitglied, ehemals Grenzsoldat, offenbart, dass er einen unbewaffneten Lastwagenfahrer von hinten erschossen hat.

Karsten Krampitz erzählt die ungewöhnliche Geschichte einer Behindertenkommune, die komplett aus der Zeit und dem Land gefallen ist. Daran lässt sich ablesen, wie es um die kommunistische Gesellschaft und ihre Gemeinschaftsideen bestellt war. Was passiert, wenn „Behinderung“ nicht als Beeinträchtigung geschildert wird, das der Rehabilitation bedarf, auch nicht als soziales Problem („Behindert ist man nicht, behindert wird man“), sondern als Frage der Inklusion im kulturellen Zusammenleben?

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Eine Antwort darauf geben auch die Songs der DDR-oppositionellen Bluesband „Freygang“, die den Roman durchziehen. Der offensive Sound dieser Band, der ungehinderte Freiheitswille der Kommune, ihre Selbstironie und die intensiven Erlebnisberichte machen den Roman von Krampitz höchst lesenswert.