Tina Degenkolb lebt in einem umgebauten Kastenwagen und erkundet seit zwei Jahren Brandenburg. Ihre Entdeckungen teilt sie auf ihrem Blog und auf Youtube. Im Interview erzählt sie von ihrem Alltag und welchen Traum sie sich noch erfüllen möchte.
rbb|24: Frau Degenkolb, seit anderthalb Jahren haben Sie keinen festen Wohnsitz mehr, sondern leben in Ihrem Auto. Warum haben Sie sich dafür entschieden?
Tina Degenkolb: Ich wollte das schon immer mal machen. Aber wie es so im Leben ist, schiebt man Sachen auf. Vor ein paar Jahren hatte ich ein Burnout und war zu Hause. Ich habe damals entschieden, dass ich diese Mühle nicht weitermachen will, die viele Arbeit. Sondern ich will was verändern, damit ich das heilen kann. Und das war der ausschlaggebende Punkt, dann auch zu sagen: So, jetzt mache ich das.
Ist das Leben als Dauer-Camperin so, wie Sie es sich vorgestellt haben?
Es ist ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich habe zum Beispiel gedacht, dass es schwieriger ist, an sicheren Stellen zu stehen. Gerade als Frau habe ich darüber nachgedacht, was ist, wenn ich nachts auf dem Parkplatz stehe. Das ist tatsächlich mit dem Kleinauto überhaupt kein Problem. Denn niemand geht davon aus, dass jemand in diesem Auto schläft.
Eine Herausforderung ist, im Winter zu heizen, damit im Auto alles trocken bleibt. Das war letzten Winter ein großes Problem, deswegen bin ich weggefahren, nach Südfrankreich.
Eine Region, die schon eher fürs Van-Life bekannt ist, im Gegensatz zu Brandenburg. Sie sind hier seit zwei Jahren unterwegs. Warum?
Ich habe schon vorher in Brandenburg gewohnt. Für den Anfang war es gut, erstmal die nähere Gegend zu entdecken. Mein Auto war auch noch nicht fertig ausgebaut. Währenddessen habe ich schon Videos von meiner Reise geteilt. Als es dann fertig war, habe ich gedacht: Jetzt kannst du auch mal andere Gegenden von Deutschland erkunden. Aber mir haben viele Zuschauer geschrieben, dass sie es toll fänden, wenn ich weiter Brandenburg mache. Weil sie das Land nicht kennen und sie tolle Ecken durch meine Videos entdeckt haben. Mich interessiert es auch, deswegen dachte ich, gucken wir uns Brandenburg weiter an.
Blick in den Innenraum: Hier kocht, arbeitet und schläft Tina Degenkolb.
Was vermissen Sie aus Ihrem früheren Leben?
Manchmal fehlt mir ein bisschen Privatsphäre. Das liegt an dem Auto, weil es doch relativ durchsichtig ist durch die Fenster. Man muss dann eben alles zu machen. Das geht ja, das kann ich ja machen. Aber dann habe ich es halt dunkel drin. Und das ist ein Nachteil gegenüber einem größeren Auto, aber das ist eigentlich der einzige.
Haben Sie nie Angst, so ganz allein unterwegs?
Am Anfang war es so, da habe ich auf dem Parkplatz gestanden und nachts bei jedem Geräusch rausgeguckt. Man denkt, oh Gott, was war das jetzt? Eichhörnchen machen zum Beispiel gruselige Geräusche, wenn die auf dem Autodach sitzen. Die hören sich an wie ein Akkuschrauber. Als ich gesehen habe, dass das ein Eichhörnchen ist, habe ich angefangen zu lachen. Also diese Angst legte sich nach ein paar Wochen
Ihren früheren Job im öffentlichen Dienst haben Sie an den Nagel gehängt. Wie finanzieren Sie Ihre Reisen?
Ich habe nicht einfach so hingeschmissen, sondern mich schon darauf vorbereitet. Ich habe lange Geld gespart, damit ich Rücklagen habe, wenn irgendwas mit dem Auto ist. Und ich habe mir ausgerechnet, wieviel Geld ich unbedingt im Monat brauche.
Ich beziehe eine Teilrente und arbeite ab und zu für Unternehmen im Callcenter. Das kann man von überall aus machen. So komme ich gut über die Runden. Es wäre schön, wenn ich irgendwann mindestens die Hälfte meines Einkommens durch meine Videos und meinen Blog decken könnte.
Weil sie es an einem Dienstag gekauft hat, heißt Tina Degenkolbs Auto „Tuesday“.
Welcher Ort in Brandenburg hat es Ihnen so richtig angetan?
Wenn ich nur einen nennen dürfte, dann würde ich immer wieder Potsdam sagen. Das ist eigentlich die schönste Stadt in Deutschland. Ich liebe Schlösser, Burgen und Fachwerk. Angermünde ist der Hammer. Die haben so viel altes Fachwerk. Und es gibt einen Heimatverein, der sich darum kümmert und das alles dokumentiert hat. Also da erfährt man fast an jedem Haus seine Geschichte.
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Wie geht es jetzt für Sie weiter?
Ich arbeite mich Stück für Stück durch den Osten von Deutschland. Ich bin jetzt schon ein Stück nach Sachsen und nach Sachsen-Anhalt gefahren. Das war einfach naheliegend, in die nächsten Bundesländer weiterzufahren.
Aber ganz habe ich mit Brandenburg noch nicht abgeschlossen. Ich entwickle einen Tourguide für meinen Blog, den meine Leser kaufen können. Angefangen mit dem Fläming, die Region, die ich in Brandenburg am meisten bereist habe.
Welchen Traum würden Sie sich gerne noch erfüllen?
Ich wünsche mir, einen Partner kennenzulernen, der wirklich Bock auf sowas alles hat. Dann bräuchten wir natürlich ein größeres Auto. Er sollte auch Bock auf historische Sachen haben. Das Ganze zu zweit zu machen, ist eigentlich so mein einziger Wunsch. Ansonsten bin ich auch allein in meinem Auto glücklich.
Vielen Dank für das Gespräch.