Es gehört zu den Ritualen eines Spieltages, dass der Trainer der siegreichen Mannschaft dem des Gegners alles Gute für die nähere Zukunft wünscht und seiner Zuversicht Ausdruck verleiht, dass dessen Team das nächste Spiel gewinnt. Oft ist das reine Höflichkeit. Nicht so am Samstagnachmittag, als Karlsruhes Trainer Christian Eichner sein Statement gleich mit dem Lob für den bedröppelt neben ihm sitzenden Kollegen Miroslav Klose einleitete: „Man muss vor allem erst mal sagen, dass wir gegen einen Gegner gespielt haben, der sehr gute Spieler dabeihatte und einen sehr guten Ball gespielt hatte.“

Das war sicher gut gemeint, geheuchelt war es trotzdem nicht. Denn zuvor war der Club in einem richtig guten Zweitligaspiel die bessere Mannschaft gewesen und hatte vier, fünf richtig gute Torchancen in der ersten Hälfte und zwei noch bessere in der Nachspielzeit durch Luca Lochoshvili (90.+1) und Finn Becker (90.+2). Doch auch die vereitelte Karlsruhes starker Torwart Hans-Christian Bernard, sodass es am Ende 2:1 für den KSC stand.

Da der FCN in den vier Spielen zuvor auch nur einen kümmerlichen Punkt geholt hatte, rückte nun automatisch die Frage nach der Jobsicherheit des Trainers in den Mittelpunkt. Klose selbst fand es „normal“ und bemühte die Floskel vom „Ergebnissport“, der der Fußball nun mal sei.

Zum Glück für Klose lässt sich feststellen, dass er es in Nürnberg momentan nicht ist. Denn sonst wäre der Coach am Wochenende sicher gefeuert worden, anstatt von seinem Sportvorstand Joti Chatzialexiou schon unmittelbar nach dem Abpfiff hören zu dürfen, er werde auch am kommenden Samstag gegen den VfL Bochum „selbstverständlich“ auf der Bank sitzen. Weil es im Fußball eben nicht nur um die Resultate gehe: „Wir waren nie unterlegen. Wir haben immer auf Augenhöhe gespielt, und irgendwann wird dieser Knoten platzen. Davon bin ich überzeugt.“

Den Nürnberger Verantwortlichen muss man zu ihrer Prinzipientreue gratulieren. Ein Punkt aus fünf Spielen – angesichts von 29 ausstehenden Partien klingt das zunächst nicht ganz so dramatisch. Es bedeutet allerdings schon jetzt, dass der Club, der in den vergangenen sechs Jahren am Ende immer in ähnlichen Tabellenregionen wie der KSC stand, bereits zehn Zähler Rückstand auf die Badener hat. Ein Punkt aus fünf Spielen – das ist so wenig, dass es jetzt schon einer Siegesserie größeren Ausmaßes bedarf, um die Saison noch im oberen Tabellendrittel abzuschließen. Und Saisonziel war Platz sieben. Mindestens.

„Wir wollten lange und oft den Ball haben. Dass wir dominieren, das haben wir geschafft“, sagt Klose

Überhaupt ist das ja das Hundsgemeine an der gegenwärtigen Situation: Der Club, bei dem die Neuen Adam Markhiev und Adriano Grimaldi nur eingewechselt wurden, spielte auch am Samstag eher wie eine Mannschaft mit Aufstiegsambitionen als wie eine, die vier von fünf Spielen in Serie verliert. Und sie spielte wie eine, die grundsätzlich weiß, was sie zu tun hat. Der eigene Plan, fand auch Klose, sei eigentlich aufgegangen: „Wir wollten lange und oft den Ball haben. Dass wir dominieren, das haben wir geschafft.“

Parameter, die üblicherweise auf die Notwendigkeit eines Trainerwechsels hindeuten, waren schon gar nicht zu beobachten: Nach den beiden Gegentreffern war kein Druckabfall festzustellen, die Loyalitätsbekundungen, die beispielsweise Henri Koudossou loswurde, wirkten aufrichtig: „Alle Spieler stehen hinter ihm, wir wissen, dass wir uns an die eigene Nase packen müssen.“ Da passte es ins Bild, das auch die Fans, zu denen die Spieler mit gesenkten Köpfen schlichen, niemandem an die Nase packen wollten. Stattdessen gab es aufmunternden Applaus.

In solch einem Fluidum braucht es gar nicht mal so viel Charakterstärke, um eine Jobgarantie auszusprechen, die ja auch nur fürs kommende Spiel gegen die vom langjährigen Coach und Sportvorstand Dieter Hecking trainierten Bochumer gilt. Zumal vieles darauf hindeutete, dass der Klose-Fußball zu dieser Mannschaft passt, die ihre Offensivstrategie in den Jahren zuweilen ganz gut verbergen konnte.

Die Richtung stimmt beim Tabellenletzten, könnte man ganz ohne Sarkasmus sagen. Wenn halt beim Fußball nicht doch immer wieder Punkte vergeben würden. Und wenn der Club nicht in den vergangenen Wochen zu oft in diesen „Momenten, wo du da sein musst“ (Klose), nicht dagewesen wäre. So wie beim Karlsruher Führungstreffer durch Fabian Schleusener (44.), vor dem David Herolds Flanke weitgehend teilnahmslos bestaunt wurde.

„Manchmal denken wir nicht, dass es gefährlich werden könnte“, seufzte Klose. Wie auch bei der Chance von Mickaël Biron, die man eigentlich nur im Tor unterbringen kann (14.). Und wie in der Szene, in der es Karlsruhes Marvin Wanitzek mit ziemlicher Leichtigkeit gelang, den 2:1-Siegtreffer zu erzielen (75.) – wie es in Henri Koudossou auch ein Nürnberger vollbrachte, als er kurz vor der Pause das 1:1 mit einem Fernschuss erzielte (45.+4). Es wäre der angemessene Endstand gewesen. Das fand auch Koudossou, der fürs Bochum-Spiel volle Geistesgegenwart versprach: „Das hier nimmt keiner auf die leichte Schulter. Wir sind alle in Alarmbereitschaft.“