AUDIO: Probenbesuch beim neuen Generalmusikdirektor Hamburgs: Omer Meir Wellber (3 Min)
Stand: 14.09.2025 14:51 Uhr
Hamburgs Philharmonisches Staatsorchester hat einen neuen Dirigenten: den israelischen Dirigenten Omer Meir Wellber. Der ist als Nachfolger von Kent Nagano auch neuer Generalmusikdirektor der Staatsoper. Am Sonntag hat er sein erstes Konzert mit Anton Bruckners siebter Symphonie und Beethovens drittem Klavierkonzert gegeben.
Omer Meir Wellber ist Elektrizität und ein Energiebündel! Er sitzt auf der Bühne der Laeiszhalle, vor seinem Orchester in großer Besetzung und kitzelt mit seinen Fingern die feinsten und zartesten Klänge heraus. Dort wird gerade für das große erste Konzert in der Elbphilharmonie geprobt. Sein Kompass ist sein eigenes Gespür. „Für mich ist klar, wenn mich etwas berührt, dann spüre ich es sofort. Wenn etwas mit mir passiert, ist es richtig und wenn nicht, dann nicht. Dann müssen wir noch danach suchen.“
Auftakt ist wie ein Marathon für Wellber
Anton Bruckners 7. Symphonie ist gewaltig und seine meistgespielte. Da öffnet sich eine ganze Klangwelt mit komplexen Tonfolgen. Man meint die Natur wie Bergstürze oder Wasserfälle vor sich zu sehen. Omer Meir Wellber probt in Jeans und T-Shirt. Er nennt die Musik ganz ohne Pathos: „Ein bisschen Warm-Up, das ist eine gute Idee.“ Das Warm-up für eine neue Ära. Für Wellber ist es der Start eines Marathonlaufs, er hat mit seinem Philharmonischen Staatsorchester viel vor. Bruckner ist der perfekte Auftakt für ihn. „Es ist wichtig, für welches Stück ich mich jetzt am Anfang mit dem Orchester entscheide und aufführe. Es hat auch etwas Pädagogisches und ist wie ein Marathon.“ Schließlich seien der Anfang und das Ende im Marathon sehr wichtig, betont Wellber.
Video:
Bruckners Sinfonie Nr. 7 mit dem NDR Jugendsinfonieorchester (62 Min)
Bruckner: Kennenlernen zwischen Wellber und Orchester
Es ist der Anfang seiner Amtszeit als neuer Chefdirigent. „Was wäre da besser als Bruckner, wenn wir mit Klang arbeiten wollen, mit Dynamik und Disziplin ist das ist keine schwere Symphonie – nicht wie Mahlers Sechste zum Beispiel – Bruckner ist nicht schwer zu spielen, aber es ist schwer mitzudenken.“
Diese Symphonie ist ein erstes Kennenlernen zwischen ihm und seinem Orchester. Es ist wie ein Rendezvous und das Publikum ist live dabei. Die Stimmung bei der Probe ist erstaunlich diszipliniert, obwohl Omer Meir Wellber gar nicht wie ein strenger Zuchtmeister rüberkommt. Er gibt blitzschnell und kleinteilig, fast technisch, Anweisungen, immer positiv und mit einem Augenzwinkern.
Schon die Probe zeigt, was hier zwischen Hauchzart und Gewaltig an Klängen erzeugt wird, ist das Ergebnis fast mathematischer Präzision. Das Gefühl kommt automatisch mit. Wenn das der Anfang eines Marathons ist, will man das Orchester anfeuern. „Sie sind sehr offen, was sehr toll ist, finde ich. Bis jetzt geht es wunderbar.“
Wellber will neue Klang-Identität für Hamburg schaffen
Omer Meir Wellber will die Musikstadt Hamburg verjüngen und neue Töne erzeugen, das ist ihm wichtig. „Es soll nicht nur moderne Musik erklingen, sondern es soll auch moderne Augenblicke geben. Musik soll Spaß machen, ein bisschen lustiger und ein bisschen leichter sein. Ich finde, durch Dinge wie Wasser, Wind und alles, was in Hamburg vorkommt, soll eine besondere Identität entwickelt werden, als eine Art Klang-Identität.“ Wellber will eine neue Klang-Identität für Hamburg schaffen, sein Mittel ist das Spiel, das Spiel mit der Zeit, mitreißend und fast atemlos.
Omer Meir Wellber kommt immer im letzten Moment
Das „Warm-up“ mit Bruckner macht neugierig, Omer Meir Wellber freut sich auf sein Antrittskonzert. Ob er bestimmte Rituale hat, Lampenfieber oder Aberglauben? Er schüttelt den Kopf und lächelt. „Die einzige Sache, die ich sagen kann – das wissen auch schon alle im Theater – dass ich immer im letzten Moment komme, weil ich hasse Warten. Warten im Theater ist schrecklich, das ist vielleicht das einzige Ritual.“ Omer Meir Wellbers Einstandskonzert ist schon ausverkauft, aber die nächste Gelegenheit bietet sich zum Beispiel am 15. September in der Elbphilharmonie.
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