Mit dem Brief an die Nato hat Donald Trump zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen: Er entlarvt sowohl die Heuchelei der Europäer im Umgang mit Russland als auch seine eigene.

Nach Monaten des Hinauszögerns erklärt Trump in einem „Brief an die Nato und die Welt“, unter welchen Bedingungen er zu neuen Sanktionen gegen Wladimir Putins Kriegsmaschinerie bereit ist: Sobald die anderen Nato-Staaten alle Öl-Käufe aus Russland stoppen, kann es losgehen. Das Schreiben veröffentlichte er stilecht auf seiner Plattform „Truth Social“ am Samstag.

Trump entlarvt Europäer

Damit bringt er die Europäer in eine unbequeme Lage. Denn plötzlich können sie nicht mehr mit dem Finger auf Donald Trump zeigen, sondern müssten selbst handeln. Und die Wahrheit lautet: Während die europäischen Anführer die absolute Loyalität zu Kiew beschwören, überweisen sie weiterhin Unsummen – 2024 waren es mehr als 20 Milliarden Euro – an Moskau. Und finanzieren damit auch Russlands Krieg gegen die Ukraine.

Bei den Putin-Öl-Käufern handelt es sich nicht nur um die bekannten Russland-Freunde aus Ungarn und der Slowakei. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der sich als verbissenster Kreml-Gegner inszeniert, kauft weiter Energie aus Russland.

Beenden die Europäer nicht spätestens jetzt den direkten und indirekten Öl-Import aus Russland, müssen sie sich den Vorwurf der größtmöglichen Heuchelei gefallen lassen. Denn dies würde bedeuten, dass sie nicht bereit sind, auf russisches Öl zu verzichten, um Russlands Krieg zu beenden.

Mehr zum ThemaDoch Trump selbst ist nicht ehrlicher

Trump fordert nicht nur, Öl-Käufe aus Russland zu beenden, sondern auch Strafzölle gegen China zu erheben. Einerseits ist das nur logisch, da China der größte Öl-Importeur der Russen ist. Doch Trumps Forderung richtet sich an die Nato – und ist damit schlichtweg unerfüllbar.

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Die Nato ist keine Handelsunion, sondern ein Verteidigungsbündnis. Für die EU-Mitglieder der Nato verhandelt die EU-Kommission alle Handelsfragen. Es sind allerdings nicht alle EU-Länder auch in der Nato (z.B. Österreich). Es sind auch nicht alle Nato-Mitglieder außer den USA in der EU (z.B. Türkei).

Das Weiße Haus muss wissen, dass diese Forderung in ihrem Kern unerfüllbar ist. Daher ist davon auszugehen, dass Trump dies nur fordert, um sagen zu können: Seht her, die anderen Nato-Staaten erfüllen meine Bedingungen nicht.

Leidtragende ist die Ukraine. Während Amerika zögert und Europa Öl aus Russland kauft, muss das Land weiter um sein Überleben gegen Moskaus Truppen kämpfen.

Trumps Brief an die Welt. Hören Sie jetzt die neue Podcast-Folge von Paul Ronzheimer. Auf Spotify, Apple Podcast und überall, wo es Podcasts gibt.