Keine deutsche Stadt pflegt so viele internationale Partnerschaften wie Köln. Im September 2025 kommt eine weitere mit dem ukrainischen Dnipro hinzu.   

Von Indianapolis bis Wolgograd (Stalingrad), von Turku bis Tunis, von Istanbul bis Peking, von Rio de Janeiro bis Kyoto –  keine andere deutsche Stadt unterhält ein ähnlich umfangreiches Netzwerk wie Köln, die Metropole am Rhein mit etwa einer Million Einwohnern. „Köln pflegt 23 Partnerschaften mit Städten in aller Welt“, berichtet Ludger Giesberts, Vorstandschef der Cologne Alliance, der Dachgesellschaft der Kölner Städtepartnerschaften.

Seit 1952 betreibt Köln internationale Städtepartnerschaften mit eigenen Vereinen, die von Bürgern der Stadt gegründet und weiterentwickelt wurden. Auf kommunaler Ebene sollen sie zur Völkerverständigung beitragen und gegenseitiges Interesse, Verständnis und Toleranz fördern. Um diese Initiativen enger miteinander zu vernetzen, wurde vor elf Jahren die Cologne Alliance gegründet, deren diesjährige Vollversammlung vor wenigen Tagen im Rheinpark-Café am Kölner Tanzbrunnen stattfand.

Etwa 90 Personen waren gekommen, darunter auch Ludger Giesberts. Für den Kölner Juristen und Partner einer großen Anwaltskanzlei ist das Thema fast schon eine Art Familientradition. Denn es war mit Johannes Giesberts sein Großonkel, ein langjähriger Beigeordneter der Stadt Köln, der sich Anfang der 60er-Jahre für die Gründung eines Schüleraustausches zwischen Köln und Tel Aviv eingesetzt hatte, einen der Ersten in Deutschland überhaupt. „Zuvor hatte es hier in Köln Hakenkreuz-Schmierereien gegeben“, blickt Giesberts zurück. Der Vertrag wurde sogar geschlossen, bevor es 1965 zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Israel kam. Mittlerweile gibt es auch eine Partnerschaft mit Bethlehem, das im palästinensisch verwalteten Westjordanland nahe Jerusalem liegt. 

Heringsfest und „Koningsdag“

Einer der aktivsten Vereine ist der deutsch-niederländische, der eine Städtepartnerschaft mit Rotterdam pflegt, mit 180 Mitgliedern. Vorsitzende ist die Niederländerin Charlotte van den Brand.  „Wir veranstalten einmal im Jahr in Köln ein Heringsfest“, erzählt die Atelierleiterin. Auch zum „Koningsdag“, dem Geburtstag des niederländischen Monarchen Willem-Alexander, sind Charlotte van den Brand und ihre Mitglieder sehr aktiv, viele besuchen dann auch den Empfang der niederländischen Honorarkonsulin in Köln. „Uns verbindet der Rhein“, sagt die Niederländerin, die seit 2011 in NRW lebt.  Sehr engagiert ist man auch in der Partnerschaft Köln-Turin mit 40 Mitgliedern, wie die Vorsitzende Daniela Teske berichtet. Diese Städtepartnerschaft wurde 1958 im Rahmen der sogenannten Ringpartnerschaft mit anderen europäischen Städten gegründet. Turin sei damals auch deswegen ausgewählt worden, weil dort wie in Köln Autos gebaut wurden und weiterhin werden, nämlich Fiat und Ford, so Daniela Teske.

Neustes Projekt ist eine Partnerschaft mit dem ukrainischen Dnipro, das derzeit nur knapp 100 Kilometer vom südlichen Frontabschnitt entfernt liegt, wie Julia Chenusha berichtet, eine in Köln lebende Deutsch-Ukrainerin.   „Wir bringen Menschen zusammen“, sagt die junge Frau. Gegründet werden soll der Verein noch im Laufe des Monats September.   

Bürgermeister Ralf Heinen berichtet, dass es am 7. September einen Ehrenamtstag „KölnEngagiert“ gab, auf der alle Städtepartnerschaften ebenfalls vertreten waren. Heinen selbst ist in der Partnerschaft mit Tunis (Tunesien), Klausenburg/Cluj-Napoca (Rumänien) und Esch-sur-Alzette (Luxemburg) engagiert. 2015 war er erstmals mit Ex-OB Jürgen Roters in der tunesischen Hauptstadt, was ihn nachhaltig beeindruckt habe und der Startschuss für sein ehrenamtliches Engagement gewesen sei, so Heinen gegenüber WELT AM SONNTAG.

Auch Jürgen Roters (Kölner Oberbürgermeister von 2009 bis 2015) berichtet, dass es vor Jahren den Wunsch nach einer Dachorganisation gegeben habe, „nach einem verbindenden Band“. Dass die Cologne Alliance ein Erfolg geworden sei, habe sich beim großen Treffen im Park-Café innerhalb des Kölner Tanzbrunnens, einem städtischen Park in Deutz, gleich am Rhein, wieder gezeigt. Es sei aber nicht immer so einfach, in den jeweiligen Städten die entsprechende Aufmerksamkeit zu bekommen, so Roters. Und nennt als Beispiel die Partnerstadt Rio de Janeiro in Brasilien, die weltweit mehr als 130 weitere Partnerschaften unterhält.

Sichtbarkeit soll erhöht werden

Ein Ziel der Cologne Alliance war es Giesberts zufolge auch, insgesamt die Sichtbarkeit der Städtepartnerschaften zu erhöhen. So gab es im April auch auf Giesberts Initiative einen „Walk of Friends“ in dem Verbindungsgang zwischen Terminal 1 und 2 am Flughafen Köln/Bonn, mit bunten Bannern aller 23 Partnerstädte. Dort gibt es seit 2023 eine Wand, auf der mithilfe von Sponsoren, etwa dem Kölner Chemieunternehmen Alpha Calcit, alle Kölner Partnerstädte aufgeführt sind und somit für die Reisenden sichtbar werden sollen. 

Denn ein Problem ist, dass die Partnerstädte im Stadtbild bislang kaum bis gar nicht vorkommen. Während andere Städte ihre Partnerstädte auf Schildern an Einfallstraßen aufführen, gibt es so etwas in Köln bislang nicht.  Um hier für mehr Sichtbarkeit zu sorgen, gibt es nun eine Idee: an den Kaimauern nahe dem Schokoladen-Museum sollen demnächst Schriftzüge aller Städtepartner angebracht werden, wie Giesberts berichtet. 

Bei der Stadt Köln betreut Frederik Schorn, Leiter des Büros Europa und Internationales, die verschiedenen Partnerschaften. Er berichtet, dass die Stadt die Partnerschaftsvereine mit einem Verwaltungskostenzuschuss von jährlich 2000 Euro unterstütze. „Ferner gibt es einen städtischen Fördertopf von insgesamt 180.000 Euro, auf den sich die Vereine mit eigenen Projekten bewerben können.“ Auch die Verwaltung selbst pflege regelmäßige Austausche, um von den Partnern zu lernen. So gebe es einen regen Austausch der Ordnungsämter in Köln und Istanbul oder zwischen den Stadtentwässerungsbetrieben und dem Pendant in Dnipro.

 „Wir tun im Grunde alles, damit diese Partnerschaften leben – begehen gemeinsam Jubiläen, knüpfen Kontakte zwischen Kölner Institutionen und denen in Partnerstädten und organisieren Reisen.“ So fährt die scheidende Oberbürgermeisterin Henriette Reker in diesem Jahr noch nach Thessaloniki in Griechenland. Frau Reker habe auch die Familie des inhaftierten Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem Imamoglu in Istanbul besucht. „Wir unterstützen die Menschen in Bethlehem und Tel Aviv, auch indem wir über eigene Spendengelder der Beschäftigten der Stadt Köln verfügen“, so der Leiter des Büros Europa und Internationales, das gleich beim OB angesiedelt ist. Wichtig sei aber, so Schorn, dass es um Freundschaften zwischen Menschen gehe: „Und die Vereine sind die eigentlichen Herren über die Partnerschaften.“  

Zurück in den Kölner Tanzbrunnen: Zum Abschluss des Treffens im Rheinpark-Café singt der „Klangbrücke“-Chor der Cologne Alliance einige Lieder in verschiedenen Sprachen. Ganz zum Schluss wird dann das Lied „Unsere Stammbaum“ der Kölsch-Band „De Bläck Föös“ intoniert. Die Idee dazu soll einer Legende nach um das Jahr 2000 in Israel an einer Hotelbar entstanden sein. In dem Hit, in dem sich die Kölner Gruppe für Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit positioniert, feiern „De Bläck Föös“ die Vielfalt der Kulturen und die gemeinsame Identität der Menschen am Rhein. Und spätestens jetzt singen im Café alle mit.