Die CDU hat sich laut Hochrechnung bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen als stärkste Kraft klar behauptet. Die AfD konnte im bevölkerungsstärksten Bundesland ihr Ergebnis im Vergleich zur Wahl 2020 mehr als verdreifachen und landete auf dem dritten Platz hinter CDU und SPD. Die Grünen mussten laut Prognose erhebliche Einbußen einnehmen.

Die Christdemokraten kommen laut Hochrechnung von Infratest dimap auf 34,2 Prozent und liegen damit ungefähr bei ihrem historisch schlechten Kommunalwahl-Ergebnis von 2020, als sie 34,3 Prozent erreichten. Zweitstärkste Kraft wurde die SPD mit 22,6 Prozent. Die Sozialdemokraten müssten im Vergleich zu 2020 noch einmal leichte Einbußen von 1,7 Prozentpunkten hinnehmen.

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Stark im Aufwind im Westen ist ist die AfD. Sie kann in NRW laut Hochrechnung um 11,3 Prozentpunkte zulegen und kommt auf 16,4 Prozent. Wie bereits bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar ziehen die Rechtspopulisten damit an den Grünen vorbei, die laut Hochrechnung 8,3 Prozentpunkte verlieren und nun bei 11,7 Prozent liegen. 2020 hatte die Ökopartei mit 20 Prozent ihr bestes Kommunalwahl-Ergebnis erzielt.

Für die FDP stimmten laut Hochrechnung 3,4 Prozent. Das ist ein Minus von 2,2 Punkten im Vergleich zur vorangegangenen Kommunalwahl (2020: 5,6 Prozent). Die Linke liegt mit 5,4 Prozent über ihrem Ergebnis von 2020, als sie auf 3,8 Prozent kam.

Dieses Ergebnis kann uns nicht ruhig schlafen lassen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst

Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben des WDR mit 58,5 Prozent höher als bei der Kommunalwahl 2020 (51,9 Prozent).

Wüst besorgt wegen starker AfD

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) reagierte besorgt auf die deutlichen Zugewinne der AfD. „Dieses Ergebnis muss uns zu denken geben, kann uns auch nicht ruhig schlafen lassen. Selbst meine Partei nicht, die diese Wahl so klar gewonnen hat“, sagte Wüst im ARD-„Bericht aus Berlin“.

Dass die AfD ihr Ergebnis im Vergleich zur vergangenen Kommunalwahl voraussichtlich mehr als verdreifacht habe, stelle alle demokratischen Parteien vor Herausforderungen. Alle müssten sich nun fragen: „Was sind die richtigen Antworten in Sachen Armutsmigration? Sind alle Teile unserer Sozialsysteme wirklich gerecht? Was ist mit Problemimmobilien?“, sagte Wüst.

Der NRW-Landeschef der AfD, Martin Vincentz, erklärte: „Die ersten Auszählungen zeigen es deutlich: NRW möchte weniger „Weiter so“ und mehr AfD – viel mehr!“ Die Kommunalwahl sei mehr als eine reine Abstimmung über Bürgermeister, Stadträte und Kreistage. „Sie war eine Volksabstimmung über die Richtung unseres Landes. Und wer den Wählerwillen ignoriert, wird von den Wählern abgestraft.“

Stimmungstest für den Bund

Die Kommunalwahl im einwohnerstärksten Bundesland ist die letzte große Wahl in diesem Jahr in Deutschland. Die Abstimmung gilt als erster politischer Stimmungstest für die schwarz-rote Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) nach der vorgezogenen Bundestagswahl im vergangenen Februar. NRW hat mehr Wahlberechtigte als alle ostdeutschen Bundesländer zusammen.

Die Gelsenkirchener AfD-Landtagsabgeordnete Enxhi Seli-Zacharias sagte im WDR: „Wir haben unsere Wählerschaft zementiert. Es ist nicht mehr ein reines Frustwählen oder ein taktisches Wählen.“

Grünen-Bundeschef Felix Banaszak sieht das schwache Abschneiden seiner Partei als Folge einer grundsätzlichen politischen Verschiebung. „Ökologische, progressive Politik hat es gerade schwer“, sagte Banaszak im WDR.

Grüne wollen Alternative gegen Rechtsruck sein

Für die Grünen komme es nun darauf an, eine „glaubwürdige Alternative zu diesem fundamentalen Rechtsdruck in dieser Gesellschaft“ zu verkörpern, sagte er. Die Frage sei: „Wer gibt Menschen Hoffnung und Zuversicht, die nicht mit ansehen wollen, dass jetzt einfach alles in eine solche Richtung driftet, wie wir es in den USA erleben?“

SPD-Co-Chefin Bärbel Bas sieht es nach den Verlusten ihrer Partei als Aufgabe der SPD an, „wieder die Politik zu machen, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bewegt“. Mit Blick auf den Bund fordert sie, dass die vereinbarten Investitionen nun schnell umgesetzt werden müssten. „Die Investitionen müssen jetzt schnell ausgeschrieben werden“, sagt sie im WDR. Insbesondere die Menschen im Ruhrgebiet müssten merken, dass das, was sich die Bundesregierung vorgenommen habe, „dann jetzt auch spürbar in den Gemeinden ankommt“.

Der Linken-Vorsitzende Jan van Aken zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis seiner Partei bei der Kommunalwahl. „Das ist ein grandioses Ergebnis für die Linke – wir haben unser Ziel nicht nur erreicht, sondern übertroffen! Der Aufschwung der Linken setzt sich ungebremst fort und das gibt uns den Rückenwind für die kommenden Wahlen“, sagte er.

Viel Bundesprominenz im Wahlkampf

Kanzler Merz, Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD), Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) sowie weitere Spitzenvertreter der Bundesparteien traten im Wahlkampf in NRW mehrfach auf, was die bundespolitische Bedeutung der Kommunalwahlen unterstrich. Für Merz und Bas sowie weitere Bundespolitiker wie Bundestagsfraktionschef Jens Spahn und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ist NRW das Heimatbundesland.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bei einem Besuch in Essen im September mit Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU).

© dpa/Fabian Strauch

Rund 13,7 Millionen Bürger waren zu den Kommunalwahlen im bevölkerungsstärksten Bundesland aufgerufen. Sie konnten darüber abstimmen, wer in den nächsten fünf Jahren die politischen Entscheidungen in ihren Wohnorten treffen soll.

Im Gegensatz zur Bundestags- oder Landtagswahl gibt es bei den Kommunalwahlen in NRW für Stadt- und Gemeinderäte sowie Kreistage keine Sperrklausel. Lediglich für die Wahlen zum Ruhrparlament sowie zu den Bezirksvertretungen der kreisfreien Städte gilt eine 2,5-Prozent-Hürde.

Stichwahlen am 28. September

Wenn bei den Abstimmungen über Oberbürgermeister, Bürgermeister oder Landräte keiner der Bewerber oder Bewerberinnen im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der gültigen Stimmen erhält, gehen die beiden Bestplatzierten am 28. September in eine Stichwahl. Hier reicht dann eine einfache Mehrheit zum Sieg.

Wahlberechtigt bei Kommunalwahlen in NRW sind Deutsche sowie Staatsangehörige der übrigen EU-Mitgliedstaaten, die am Wahltag mindestens 16 Jahre alt sind. In den letzten Tagen und Wochen hatten zahlreiche Wahlberechtigte bereits per Briefwahl abgestimmt. (dpa)