Diesen Tag wird Chris aus Braunschweig nie mehr vergessen. Wie so oft war er in Braunschweig mit dem Bus unterwegs. Er wollte zum Bahnhof.
Aber kurz vorher – auf dem Altewiekring – musste er etwas miterleben, was ihn auch Tage später sehr beschäftigt. Einen schweren Unfall, der leider am Ende tödlich ausging.
Braunschweig: Bremsung mit fatalen Folgen
Passiert ist das Ganze am Montagvormittag (1. September). Weil der Busfahrer abrupt bremsen musste, stürzte eine 66-jährige Frau in dem Bus so schlimm, dass sie wenige Tage später im Krankenhaus starb. (News38 berichtete.) Chris bekam alles hautnah mit, wurde zum Ersthelfer. Mit News38 spricht er über den Moment des Unfalls, aber auch und vor allem über das wichtige Thema Erste Hilfe.
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Zwölf Jahre lang sei er bei der Freiwilligen Feuerwehr gewesen und habe schon mehrfach Erste Hilfe geleistet. Aber die Situation im Bus sei eine völlig andere gewesen – nicht nur, weil er inzwischen wegen einer Augen-Erkrankung kaum noch etwas sehen kann und es dadurch schwieriger geworden ist, schnell zu helfen. „Es ging alles so schnell. Und es war auch schnell klar, dass es dramatisch ist. Es ging um Leben und Tod.“ Außerdem sei eine Angehörige der Frau mit dabei gewesen. „Das war also noch emotionaler.“
Zum Unfall kam es auf dem Altewiekring in Richtung Braunschweig Hbf. (Symbolbild) Foto: News38
Dem Busfahrer gibt er in diesem Fall übrigens keine Schuld. „Er ist absolut vernünftig gefahren.“ Und er habe direkt nach dem Unfall auch genau richtig reagiert und einen Notruf abgesetzt. Unglücklich sei gewesen, dass die Leitstelle ihm gesagt habe, dass er den Notruf selbst absetzen solle. Das Rettungsteam sei auch schnell da gewesen. Wie schnell, könne er nicht einordnen.
Schockstarre in Braunschweig-Bus
Er selbst habe der bewusstlosen Frau sofort helfen wollen, aber durch seine Blindheit eine gewisse Hürde gespürt, sagt der 46-Jährige. Dennoch habe er alles gegeben. „Leider saß niemand im Bus, der sich so richtig fit in Sachen Erste Hilfe fühlte. Ich glaube, dass die Angst, etwas falsch zu machen, bei allen einfach sehr groß war. Da gab es eine Hemmschwelle.“ Aber ein Mann habe dann doch sehr schnell geholfen und Erste Hilfe geleistet. Ein weiterer Mann habe später auch noch unterstützt. „Ich glaube, dass es den beiden auch nicht leicht fiel, aber sie haben geholfen und das verdient Respekt. Ich habe versucht, durch meine Erfahrung und im Rahmen meiner Möglichkeiten zumindest kommunikativ zu helfen“, sagt Chris.
„Das Schlimmste ist, einfach gar nichts zu tun“
Früher habe er auch regelmäßig an Erste-Hilfe-Kursen teilgenommen – aber jetzt auch coronabedingt schon seit sechs Jahren nicht mehr. „Ich habe nach dem Unfall für mich selbst reflektiert, dass ich jetzt ganz dringend wieder so einen Kurs machen muss. Weil ich gemerkt habe, dass einem diese Regelmäßigkeit sehr viel Routine gibt. Das ist schon sinnvoll, sein Wissen da alle zwei Jahre wieder aufzufrischen.“ Zumal sich auch immer mal wieder Dinge änderten. „Ich kann nur jedem raten, das regelmäßig zu machen. Dadurch baut man dann auch diese Hemmschwelle ab.“ Seine Botschaft: „Das Schlimmste ist, einfach gar nichts zu tun.“
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Zwar sei er letztlich zum Schluss gekommen, dass er in der Situation alles getan habe, was in seiner Macht stehe. Und dennoch beschäftige ihn der tragische Unfall schon. Chris will sich vielleicht auch noch mal professionelle psychologische Hilfe holen, um das Erlebte zu verarbeiten. Er denke aber auch sehr häufig an die Angehörigen der 66-Jährigen. „Es ist einfach schrecklich, wie in einer Sekunde plötzlich alles anders sein kann.“ Daher seien seine Gedanken bei der Familie und den Freunden der Verstorbenen. „Ich wünsche ihnen sehr, sehr viel Kraft“, sagt er zu News38.