Maier: In Europa oder auch in Nordamerika geht man davon aus, dass man auf der Seite der Guten steht, weil die universelle Menschlichkeit durch Konventionen und den eigenen Anspruch verbrieft ist. Ich habe aber durch meine Arbeit vor Ort erlebt, dass wir genau diesen Ansprüchen nicht genügen können. Wenn man gesehen hat, unter welch elenden Bedingungen Menschen, denen gerade auf einem kleinen Schlauchboot unter schwierigsten Bedingungen die Flucht auf eine griechische Insel gelungen ist, in den Flüchtlingslagern dahin vegetieren müssen, weiß man, dass das mit Menschlichkeit absolut nichts mehr zu tun hat. Das gilt auch für Afghanistan, wo der Westen seine Partner vor Ort einfach im Stich gelassen hat. Dazu kommt, dass der Westen durch Waffenlieferungen und seine Interventionen durchaus direkt an den Kriegen beteiligt ist. Auch die vom Westen befeuerte Klimakatastrophe ist ein Grund für die Flucht von Menschen. Das sind Dinge, über die wir hier im Westen viel zu wenig sprechen. Flucht entsteht nicht im luftleeren Raum und kein Mensch verlässt einfach ohne einen triftigen Grund seine Heimat.