Bielefeld. Nach dem ersten Aufruhr rund um die privaten Parkgebühren und die undurchsichtigen Vertragsstrafen der Firma „Parkcontrol24“ im Herbst 2024 war es lange ruhig um die Kundenparkplätze von Wiva-Markt und Break-Even-Billardcafé an der Heeper Straße. Doch im Sommer verschickte die Firma reichlich neue Forderungen – viele davon nicht nachvollziehbar. Der Bielefelder Rechtsanwalt Mirko Roßkamp hat mehr als 100 solcher Fälle auf dem Tisch. Er erwägt nun sogar, Strafanzeige wegen Betruges zu erstatten.

Die Idee, den Kundenparkplatz an der Heeper Straße künftig durch einen Dienstleister kontrollieren und mit Parkgebühren für Langzeitparker gegenzufinanzieren, gefiel dem Besitzer der Immobilie eigentlich ganz gut. Zu oft hatte er sich über die dauerbelegten Parkplätze geärgert. Doch der Sturm der Empörung über die Vorgehensweise von „Parkcontrol24“ erreichte auch ihn schon kurz nach dem Start am 1. August 2024. Zu viele Autofahrer hatten die neuen Regeln nicht erkannt oder verstanden. Viele protestierten aber auch, weil sie sich zu Unrecht mit Bußgeldern verfolgt sahen.

Wie berichtet, zog der Vermieter daraufhin schnell einen Schlussstrich unter das Projekt private Parkplatz-Bewirtschaftung und kündigte der Firma wieder. Doch der Dienstleister blieb bis zum Ablauf des vereinbarten Dienstleistungsjahres – bis Ende Juli 2025 – weiter an der Heeper Straße aktiv. Betroffene werfen dem Vermieter vor, sich an den Kunden seiner Mieter bereichert zu haben. Dem Vernehmen nach erhielt der Auftraggeber 3.000 Euro pro Monat vom Parkplatzbewirtschafter.

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Zum Thema: Kamera-Parkplatzkontrolle soll Fremdparker vertreiben – verärgert jedoch Kunden


Genervt: Michael Holtmann vom Billard-Café "Break Even" (l.) und Sinan Turali vom Wiva-Markt sind stinkig. Das grüne Infoschild im Hintergrund erklärt die neuen Regeln im Kleingedruckten. - © Barbara Franke

Genervt: Michael Holtmann vom Billard-Café „Break Even“ (l.) und Sinan Turali vom Wiva-Markt sind stinkig. Das grüne Infoschild im Hintergrund erklärt die neuen Regeln im Kleingedruckten.
| © Barbara Franke

Besonders viele Forderungen im Juni und Juli

Offenbar forcierten die Parkplatzkontrolleure ihre Geldforderungen kurz vor Ablauf des Auftrags. Wie mehrere Leser in den vergangenen Wochen mitteilten, schickte die Firma mit Sitz in London (Großbritannien) insbesondere im Juni und Juli noch auffallend viele Briefe raus, teilweise mit Vorwürfen, die bereits Monate zurücklagen. Und selbst nach Ablauf der Zuständigkeit laden weiterhin neue Forderungen bei Supermarkt- oder Cafékunden.

„Für uns macht es den Eindruck, als würde die Firma kurz vor Schluss noch jedem registrierten Autofahrer ein Bußgeld abknöpfen wollen“, berichtet ein Leser, der sich mit anderen Betroffenen vernetzt hat. Dabei seien auch einige Fälle, bei denen gar kein Verstoß nachvollziehbar sei. Anwalt Roßkamp bestätigt: „Ein Großteil der Fälle sind Betroffene, die unter einer Stunde auf dem Parkplatz standen.“

Zum Thema: Unklare Park-Regeln? Ärger um Parkplatzfirmen in OWL

Die Regelung für Kurzparker sei eindeutig gewesen: Unter einer Stunde war das Parken dort kostenfrei. Streitpunkt: Die Vertragsbedingungen verlangen eine Parkscheibe in der Windschutzscheibe. Der Dienstleister behauptet, dass die Scheibe fehlte. Ihre Kamera registrierte lediglich die Parkdauer sekundengenau. Trotzdem gingen später auch an die Kurzparker Geldforderungen raus. Mehr als 100 Beschwerden und Widerspruchswünsche liegen bei ihm inzwischen auf dem Schreibtisch.

Auch der ADAC geht inzwischen gegen Parkcontrol24 vor – allerdings bei etwas anders gelagerten Fällen:

Geldforderungen trotz „kostenfrei“-Meldung

„Ich habe Mandanten, die haben sogar über die Webseite des Anbieters versucht zu bezahlen. Die bekamen dabei die Rückmeldung, dass ihr Parkvorgang ‚kostenfrei‘ sei.“ Trotzdem erhielten diese Parkplatznutzer in diesem Sommer noch Post mit Gebühren- und Vertragsstrafen-Forderungen. „Das ist doch offensichtlich Betrug“, schreibt ein Leser. „Sollte man die Post von ‚Parkcontrol24’ einfach ignorieren?“

Mirko Roßkamp rät seinen Mandanten nicht dazu, die Sache auszusitzen: „Man sollte auf die Schreiben stets reagieren.“ Das Problem: „Parkcontrol24“ lässt seine anwaltlichen Schreiben größtenteils unbeantwortet, schicke dafür „in einem sehr aggressiven Ton“ weitere Forderungen direkt an den Mandanten. „Auf meine Briefe reagieren die nicht.“

Vorwurf laut Anwalt kaum beweisbar

Der Fachanwalt für Strafrecht und Verkehrsrecht weist die von „Parkcontrol24“ aufgestellten Ansprüche zurück. Auch weil die Firma in der Regel nur den Halter ausfindig mache, aber nicht den eigentlichen Vertragspartner – also denjenigen, der den Wagen geparkt hat.

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Für die genauen Vertragsbedingungen lesen Sie bitte das Kleingedruckte. - © Jens Reichenbach

Für die genauen Vertragsbedingungen lesen Sie bitte das Kleingedruckte.
| © Jens Reichenbach

Roßkamp hält zudem den Vorwurf der Firma, der Kunde habe keine Parkscheibe ausgelegt, für kaum beweisbar. Im Fall der Ein-Stunden-Fälle „überlegen wir, sogar Strafanzeige wegen Betruges zu erstatten“, sagt Roßkamp. Was den erfahrenen Juristen in dem Fall irritiert: „Es gibt viele verschiedene Anbieter in diesem Bereich. Mit allen kann man vernünftig kommunizieren. Das habe ich hier nicht.“ Die hohe Summe der Beschwerden sei hier ebenfalls auffallend.

Viele Beschwerden bei Bielefelder Verbraucherzentrale

Das sagt auch die Bielefelder Verbraucherzentrale: „Wir haben besonders viele Beschwerden über ‚Parkcontrol24’. Bei anderen ist das Beschwerdeaufkommen deutlich kleiner“, sagt Ingrid Deutmeyer von der Bielefelder Verbraucherzentrale. Denn auch andere Supermärkte arbeiten längst mit Parkraum-Dienstleistern. Doch dort sind offenbar die Regeln klarer und die Zahlung der Gebühren einfacher.

Was ist der Auslöser der Betroffenen, sich einen Anwalt zu holen? „Die meisten melden sich, nachdem der erste von zwei Inkassobriefen eingetroffen ist“, berichtet Roßkamp. „Die Leute haben Angst vor negativen Schufa-Einträgen.“ Zum Schluss übernehme dann sogar ein Anwalt die postalische Kommunikation. Viele von ihnen zahlten deshalb sogar, weil die Summe der Forderungen offenbar bewusst kurz unterhalb der üblichen Anwaltsgebühren läge. Zu einem Klageverfahren sei es bisher nur in einem Fall gekommen, sagt Roßkamp. Der Bielefelder Jurist habe den Eindruck, dass der Streitgegner es nicht aufs Prozessieren anlegt.

„Parkcontrol24“ hat eine Anfrage der Redaktion zu ihren Geschäftspraktiken bisher unbeantwortet gelassen. An der Heeper Straße soll die Parkplatzkontrolle samt Gebührenordnung nun mit einer anderen Firma fortgesetzt werden.

Homepage der Verbraucherzentrale: Mehr Infos zu Knöllchen auf Supermarkt-Parkplätzen