Stand: 15.09.2025 06:00 Uhr
In Peter Wawerzineks neuem Buch „Rom sehen und nicht sterben“, das auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis steht, geht es unter anderem um seine Krebserkrankung. Trotzdem ist das Buch lebensbejahend und optimistisch.
Nicht schon wieder so eine literarische Selbstbespiegelung bitte – ich gebe zu, dass mich diese Bücher langsam langweilen, in denen Schriftsteller ihr mehr oder weniger spannendes Leben literarisch aufbereiten. Jetzt also wieder Wawerzinek. Nach den Romanen „Rabenliebe“, „Schluckspecht“ und „Liebestölpel“ geht es jetzt um die ewige Stadt. Gleich zu Beginn bleibt er seinen geliebten Vögeln treu und beschreibt den Flug der Stare über dem Tiber-Fluss:
Wolken bilden sich aus unzähligen Leibern, die aufeinander zufliegen, sich berühren, durchdringen, verschlingen, auffressen, ausspeien, in kleinere Wedel zerstäuben, sich neuerlich zusammentun, voluminöse Blubber bilden, die implodieren und sich in Wohlgefallen auflösen. Könnten unser beider Gedanken, Wünsche, Sehnsüchte, Hoffnungen sein, in Bewegung geraten.
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Und da hat er mich wieder, dieser Wawerzinek, mit seiner stakkatohaft-kraftvollen Sprache und seiner Beobachtungskunst. Der Roman ist eigentlich ein langer Brief; Wawerzinek selbst sagt, es sei die ideale Form für dieses Buch. Und dieser Brief richtet sich vor allem an eine geliebte Person. Denn schließlich findet Wawerzinek in diesem Happy-End-Roman auch noch die ganz große Liebe.
Seiner Erkrankung kann der nun für den Deutschen Buchpreis nominierte Autor auch etwas Positives abgewinnen. Eine neue Liebe hat etwas damit zu tun.
Die Krebsdiagnose als Wendepunkt
Doch erst einmal beschreibt er seine Zeit als später Stipendiat der Villa Massimo, eines deutschen Kulturzentrums in Rom. Wohl fühlt er sich da erst einmal nicht. Auch literarisch herrscht Flaute. Bis die Corona-Pandemie Italien erreicht – eingesperrt in die römische Villa erwacht die Schreiblust wieder.
Es könnte sich also zum Besseren wenden, doch dann erhält er die Diagnose, die das ganze Leben umkrempelt: Krebs. Wie umgehen damit? Zunächst ist Wawrzinek entsetzt und gelähmt, zieht sich in eine Ein-Raum-Wohnung in Berlin zurück. Doch schnell ändert sich das:
Und also sage ich nicht weiter Krebs zum Krebs. Verbanne das Wort aus meinem Leben. Tilge es aus meinem Sprachgebrauch. Setzte den unerwünschten Begriff vor die Tür. Spreche ihm seine Allmacht ab. Breche ihm die Klauen. Lebe frohgemut damit.
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Mit Gesa Olkusz, Jehona Kicaj, Peter Wawerzinek und Feridun Zaimoglu haben es auch norddeutsche Autor*innen unter die Top 20 geschafft.
Wawerzineks Therapie: die Liebe und das Schreiben
„Rom sehen und nicht sterben“ ist ein Buch vom Überleben und von der eigenen Endlichkeit. Vom Suchen nach dem Sinn in seinem Schaffen. Und der Suche nach dem ganz persönlichen Happy End in seiner eigenen Geschichte.
Lege diesen Brief an Dich ad acta. Brauche keine andere Therapie. Schöpfe aus zwei Quellen. Der Liebe. Dem Wunsch, zu schreiben.
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Noch so ein autobiografischer Roman – nur gut, dass Wawerzinek ihn geschrieben hat.
Rom sehen und nicht sterben
von Peter Wawerzinek
- Seitenzahl:
- 224 Seiten
- Genre:
- Roman
- Verlag:
- Penguin
- ISBN:
- 978-3-328-60405-1
- Preis:
- 24 €
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