Stand: 15.09.2025 10:19 Uhr
Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg hat unter dem neuen Generalmusikdirektor Omer Meir Wellber die Saison eröffnet. Beim ersten Konzert dirigierte er eine Uraufführung, bei der der Pianist Stephen Hough den zweiten Satz von Beethovens Klavierkonzert neu gestaltete.
Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg ist in der Elbphilharmonie in die neue Saison gestartet – inklusive einer Uraufführung: Für Beethovens Klavierkonzert hat Meir Wellber den Pianisten Stephen Hough den zweiten Satz überschreiben lassen. Mit solchen Neu-Kompositionen will Meir Wellber neue Akzente setzen – und daran erinnern, wie klassische Stücke früher gewirkt haben.
Omer Meir Wellber sucht die Extreme
Omer Meir Wellber ist ein anderer Typ als sein Vorgänger Kent Nagano, fast eine Art Gegenmodell. Er spricht nicht nur mindestens doppelt so schnell, wie man im kurzweiligen Talk mit Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda hören kann, er dirigiert auch anders.
Der neue Generalmusikdirektor sucht die Extreme
Während Nagano mir seinen sparsamen Gesten manchmal fast schon unbeteiligt wirkte, geht Meir Wellber mit vollem Körpereinsatz zur Sache. Schon in der Einleitung zum dritten Klavierkonzert von Beethoven. Der neue Generalmusikdirektor – ein drahtiger Mittvierziger – schickt mit beiden Armen Stromstöße ins Orchester, er boxt manche Akzente mit geballten Fäusten in die Luft oder geht auch mal in die Hocke, wenn er eine Stelle besonders leise haben möchte.
Meir Wellber sucht die Extreme. Was ihn besonders interessiert, sind „diese Momente, in denen man ein bisschen über die Grenze gehen kann, dann vielleicht ein bisschen bleiben, dann zurückkommen“, sagt.
Wie Beethoven funkeln kann
Der Dirigent investiert viel Energie und zündet damit das Orchester an. Die Philharmoniker spielen hellwach, im engen Kontakt mit dem Solisten Stephen Hough. Dieser Beethoven funkelt in Klavier und Orchester, inspiriert von Meir Wellber. Der Dirigent sprüht vor Gestaltungslust.
Beethovens Klavierkonzert mit spährischen Dimensionen
Das demonstriert er nicht nur in der mitreißenden Interpretation, sondern auch mit seinen Programmideen. Er will über die ganze Saison einen Dialog zwischen Gegenwart und Zukunft anregen, deshalb lässt er Teile von klassischen Werken neu komponieren. Für Beethovens Klavierkonzert hat der Pianist Stephen Hough den zweiten Satz überschrieben. Mit einer Musik, die manchmal in sphärische Dimensionen entschwebt. Wenn Hough weiche Streicherfarben mit zarten Klaviersounds betupft, scheint er den Blick ins All zu öffnen – als würde der Flügel die Lichtpunkte der Sterne setzen.
Dieser Blick auf Beethoven ist ungewohnt, aber er kommt gut an. „Erstmal musste ich kurz innehalten, und dachte: Aha, was hat er denn jetzt gemacht, und dann kommt der Dialog. Also, spannend, total spannend“, heißt es aus dem Publikum. Ebenso wie: „Ich fand es einen sehr guten ersten Versuch, diese alte Musik, die so oft erklungen ist und seinerzeit modern war, mit so einem kleinen Piekser in die Moderne zu führen.“
Überwältigendes Debüt beim Philharmonischen Staatsorchester
In der zweiten Hälfte steht Anton Bruckners siebte Sinfonie auf dem Programm. Hier dirigiert Omer Meir Wellber ohne Eingriffe in den Notentext, aber auch wieder mit voller Hingabe und Herzblut. Auffällig ist sein Gespür für den Fluss der Musik, die immer wieder kurz innehält, um dann weiter voranzugehen.
Hinreißend, wie der Dirigent oft ganz leise Pianissimo-Passagen einfordert und das Orchester dabei geheimnisvoll flüstern lässt. Beeindruckend aber auch, wie er Bruckners mächtige Steigerungsbögen formt. Bis zum Höhepunkt im langsamen Satz, in dieser Aufführung vom viel diskutierten Beckenschlag gekrönt.
Insgesamt ist das ein starkes, teilweise überwältigendes Debüt von Omer Meir Wellber am Pult des Philharmonischen Staatsorchesters. Es ist schwer, sich seinem Kraftfeld zu entziehen. Am Ende bedankt er sich bei einigen der Orchestersolistinnen und -solisten mit Umarmung. Auch das ist ein schönes Zeichen zum gemeinsamen Auftakt.
Das Eröffnungskonzert wird heute Abend wiederholt. Dieses Konzert wird live übertragen ab 20 Uhr auf NDR Kultur.
Wer ist eigentlich dieser Omer Meir Wellber, der in diesem Jahr so viele Konzerte beim SHMF gibt. Und was macht ihn so gut? Torsten Creutzburg stellt ihn vor.
Der israelische Dirigent ist neuer Generalmusikdirektor der Hamburger Staatsoper und hat am Sonntag sein Antrittskonzert gegeben.
Premiere mit dem Philharmonischen Staatsorchester: Omer Meir Wellber dirigiert „Così fan tutte“ mit viel Witz und Energie. Der Dirigent wird nächstes Jahr an der Staatsoper Hamburg neuer Generalmusikdirektor
Hamburgs Philharmonisches Staatsorchester hat einen neuen Dirigenten, er wird auch gleichzeitig Generalmusikdirektor der Staatsoper.