Stand: 15.09.2025 19:27 Uhr

In einem Positionspapier drängt Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) auf realistische Schritte zur E-Mobilität. Er fordert eine Abkehr vom starren Verbrenner-Aus ab 2035.

„Das Ziel, 2035 ausschließlich reine E-Autos zu verkaufen, ist leider unrealistisch“, steht in dem Positionspapier von Lies, das dem NDR vorliegt. In dem Schreiben plädiert Niedersachsens Landesvater für einen offeneren Kurs zur E-Mobilität und fordert einen „Pakt der Mitte“ mit mehr Spielraum für den „Automobil-und Zulieferstandort Deutschland.“ Am starren Verbrenner-Aus festzuhalten, entspreche nicht der Realität. Deshalb fordert Lies eine Kurskorrektur im Mobilitätswandel.

Mehr Tempo beim Ausbau der Ladeinfrastruktur nötig

Damit bekennt sich der Ministerpräsident zwar zu den europäischen Klimazielen, fordert jedoch deutlich mehr Flexibilität bei der Umsetzung als bislang von der EU-Kommission vorgesehen. So sollten Lies zufolge beispielsweise „Plug-In-Hybride und Fahrzeuge mit Range-Extender auch über 2035 hinaus neu zugelassen werden dürfen“ – obwohl darin nach wie vor Verbrennungsmotoren verbaut sind. Auch beim Ausbau der Ladeinfrastuktur und bei der Batteriezellfertigung an deutschen Standorten fordert Lies mehr Tempo.

Grüne: Hauptziel bleibt E-Mobilität

Letztgenannte Punkte haben auch für die Grünen Vorrang. In Sachen Verbrenner betont Fraktionschefin Anne Kura dagegen, dass nur ein klares Aus ab 2035 den Herstellern und Käufern die nötige Planungssicherheit gebe. „Alte Technologien und klimaneutrale Kraftstoffe“ könnten höchstens in der Luftfahrt eine Rolle spielen, nicht aber den Pkw-Markt prägen, so Kura. Niedersachsen habe beste Chancen, Vorreiter bei Elektromobilität und erneuerbaren Energien zu sein.

Lob von Opposition und Industrie

Die Opposition lobt dagegen den Vorstoß des Ministerpräsidenten. Er begrüße, dass die Landesregierung neue Töne anschlage, sagte CDU-Chef Sebastian Lechner am Montag. Allerdings sei das vorgeschlagene Konzept „nur ein kleiner Schritt, der mit sehr viel mehr Bürokratie und ständig anzupassender Flottengrenzwerte verbunden ist“. Der Arbeitgeberverband Niedersachsenmetall spricht von einem wichtigen Schritt angesichts der aktuellen Lage. „Wir sehen, dass die Elektromobilität nicht so läuft wie von allen erhofft“, erklärt Hauptgeschäftsführer Volker Schmidt. Deshalb müsse nun pragmatisch gehandelt werden.

Volkswagen fordert „mehr Zeit“ für den Wandel

Bereits in der vergangenen Woche hatte sich Volkswagen zu der Debatte geäußert und sich klar zur Elekromobilität bekannt. Der Konzern arbeite darauf hin, dass ab 2035 der größte Teil der neu zugelassen Fahrzeuge in Europa vollelektrisch angetrieben werde. Für die Erreichung des CO2-Ziels werde jedoch mehr Zeit und Flexibilität benötigt. „Übergangsregelungen, Sonderlösungen für Kleinserien sowie die Rolle CO2-freier Kraftstoffe gehören in die anstehende EU-Überprüfung“, heißt es in einem offiziellen Statement.

EU hält an Verbrenner-Aus fest

Die EU-Kommission hat trotz der Kritik bisher keine derartigen Lockerungen angekündigt. „Die gesetzlich vorgesehene Überprüfung wird so bald wie möglich durchgeführt“, hatte ein Sprecher nach einem Treffen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Vertretern der Autoindustrie in Brüssel gesagt. Von der Leyen selbst erklärte nach dem Treffen im Onlinedienst X, sie habe „die Bedenken der Industrie gehört“. Angesichts des „technologischen Wandels im Mobilitätsbereich und der geopolitischen Umwälzungen“, könne es aber kein „Weiter so“ geben.

Norddeutscher Rundfunk