Der geplante Milliardentunnel für Hamburgs S-Bahnen steht auf der Kippe. In der Prioritätenliste des Bundes ist der sogenannte Verbindungsbahn-Entlastungstunnel (VET) zwischen Hauptbahnhof und Altona weit nach hinten gerückt. Das geht aus einem Gutachten zum Strategischen Umsetzungsplan Deutschlandtakt für das Bundesverkehrsministerium hervor.
Demnach zählt der VET nicht zu den vordringlichen Vorhaben, die Minister Patrick Schnieder (CDU) bis 2035 realisieren will. Wann es stattdessen soweit sein könnte, lässt das Gutachten offen.
Nadelöhr im deutschen Schienennetz
Es geht um eine rund sechs Kilometer lange unterirdische Trasse mit zwei Gleisen zwischen Hauptbahnhof und dem neuen Bahnhof Altona in Diebsteich, um die Situation auf der Verbindungsbahnstrecke über Dammtor und Sternschanze deutlich zu entspannen.
Diese ist laut Deutscher Bahn (DB) zu 140 Prozent ausgelastet und damit eine kritische Engstelle für den angekündigten bundesweiten Deutschlandtakt. Auf den vier Gleisen zwischen Hamburgs beiden großen Bahnhöfen sind täglich etwa 900 Züge unterwegs, darunter 600 S-Bahnen. Auch der ebenfalls überforderte Hauptbahnhof würde vom VET profitieren.
Der Verbindungsbahn-Entlastungstunnel für S-Bahnen soll den Hauptbahnhof mit dem Bahnhof Altona verbinden: entweder auf einer nördlichen Route über Sternschanze, oder südlich über Feldstraße.
Foto: DB AG
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Die Idee: Die S-Bahn fährt künftig unterirdisch und macht oben Platz für zusätzliche etwa 150 Regio- und Fernzüge pro Tag. Allerdings gilt der Bau des Tunnels unterhalb der Innenstadt als große technische Herausforderung. So müssten für die nötigen zwei Bahnsteige unter dem Hauptbahnhof das Ohnsorg Theater sowie das Museum für Kunst und Gewerbe über mehrere Jahre den Betrieb einstellen. Beobachter schätzen die Gesamtkosten für den VET auf rund zehn Milliarden Euro.
Die Verbindungsbahnstrecke in Höhe Fernsehturm.
Foto: Markus Lorenz
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Mit der Verschiebung durch den Bund steht nun das gesamte Vorhaben infrage. Als wahrscheinlich gilt, dass Hamburg notgedrungen nach Alternativen suchen wird, um die Verkehrsprobleme auf der Verbindungsbahn zeitnah anzugehen.
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) im August bei einem Besuch in Hamburg.
Foto: Marcus Brandt/dpa
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Ganz abschreiben will die Verkehrsbehörde von Senator Anjes Tjarks (Grüne) den Megatunnel derzeit aber nicht. Zunächst sei der Bund am Zug. Die Behörde verweist auf die Ankündigung Berlins, die komplexen Probleme im Bahnverkehr der Metropolregion grundlegend zu analysieren. Dazu wolle der Bund noch in diesem Jahr eine sogenannte Knotenstudie in Auftrag geben.
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Die Ergebnisse der Bestandsaufnahme samt Verbesserungsvorschlägen werde Hamburg abwarten, so Tjarks. Eine spätere Umsetzung des VET sei weiterhin möglich.
Sollte der S-Bahntunnel scheitern, wäre das auch eine Enttäuschung für Bahnreisende aus Schleswig-Holstein. Denn: Mit einer größeren Kapazität auf der Verbindungsbahn ergäbe sich Spielraum für zusätzliche Regionalzüge aus Richtung Kiel/Elmshorn/Pinneberg, so die Erwartung.
Kritiker lehnen das Milliardenvorhaben schon länger ab
Vor gut zwei Jahren hatte der Verkehrssenator den VET noch als „Jahrhundertfrage für Hamburg, aber auch für das Umland“ bezeichnet. Gelinge der Befreiungsschlag auf der Verbindungsbahn, so der Grünen-Politiker seinerzeit, ermögliche dies „eine erhebliche Ausweitung und Verdichtung von Regionalverkehren, vor allem zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg“.
Kritiker lehnen das Milliardenvorhaben dagegen schon länger als zu teuer und zu langwierig ab. Nach Überzeugung des Umweltverbandes Prellbock Altona ließe sich die Trasse deutlich schneller und mit einfachen Mitteln leistungsfähiger machen. Prellbock schlägt vor, am Bahnhof Dammtor einen weiteren Bahnsteig zu bauen und jeweils ein zusätzliches Zufahrgleis in den Dammtorbahnhof sowie in den Hauptbahnhof zu schaffen.
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