Werder Bremen hat den schlechten Saisonstart von Borussia Mönchengladbach mit 4:0 besiegelt und den Redebedarf am Niederrhein massiv erhöht. Am Tag danach laufen Krisengespräche.
Das war ernüchternd. Mit 0:4 sind die Gladbacher am Sonntag in der Fußball-Bundesliga von kaltschnäuzigen Bremern im eigenen Stadion gedemütigt worden. In der Abwehr zu schläfrig und in der Offensive ohne den verletzten Torjäger Tim Kleindienst zu harmlos. Insgesamt ein Auftritt, der der Elf vom Niederrhein unter den 52.653 Zuschauern keine neuen Fans fürs Leben beschert haben dürfte. Das Pfeifkonzert nach dem Schlusspfiff ließ eher vermuten, dass der eine oder andere noch am selben Abend die Bettwäsche wechselt, so ein Fohlen drauf zu sehen sein sollte.
Borussia – von Europa-Träumen zur Sieglos-Serie
Die Gladbacher Spieler, aber auch alle Verantwortlichen stehen vor einer unbequemen Woche. Am Montag leitete Trainer Gerardo Seoane das Spiel-Ersatztraining, während die Oberen rund um Sportdirektor Roland Virkus drinnen Krisengespräche führten. Dabei geht es sicherlich auch um Seoanes Zukunft.
Immerhin hat der blasse Auftritt gegen Werder eine Vorgeschichte, was Enttäuschungen betrifft. In der vergangenen Saison standen die Borussen am 28. Spieltag nach dem 1:1 bei St. Pauli noch auf Rang sechs, und einige Fans träumten von Europa, ehe sie von den letzten sechs Saisonspielen fünf verloren und sich lediglich beim 4:4 gegen Hoffenheim in der Nachspielzeit noch einen Punkt sicherten – das später Tor erzielte damals der mittlerweile schmerzlich vermisste Kleindienst.
Nachlässigkeiten in Gladbacher Abwehr bei Gegentoren
Nach der Sommerpause ist der Motor bis dato auch nicht wieder so richtig angesprungen. Einem Pokal-Zittersieg bei Fünftligist Atlas Delmenhorst folgen in der Bundesliga ein torloses Remis gegen Aufsteiger Hamburger SV, eine 0:1-Schlappe beim VfB Stuttgart (da schon ohne Nick Woltemade) und jetzt eben die 0:4-Abfuhr gegen Bremen.
Entsprechend kurz scheint die Zündschnur bei den Fans auf den Tribünen geworden zu sein. Gellende Pfiffe und an Seoane adressierte „Trainer raus“-Rufe, die ihre Wirkung nicht verfehlten. Seoane verschwand mit versteinerter Mine in den Katakomben, und die Spieler zeigten nach dem zehnten Liga-Spiel ohne Sieg Verständnis für die Fans, aber keins für die eigene Leistung: „Eine große Scheiße“ habe man sich zusammengespielt, ärgerte sich Robin Hack und Rocco Reitz ergänzte am DAZN-Mikrofon, dass die Fans „natürlich angepisst“ seien.
Das ist zu wenig. Es reicht nicht, wenn wir jeden Zweikampf nur halbherzig führen.
Rocco Reitz, Mitteldspieler der Borussia
Dabei hatten die Fans zu Beginn kaum Grund zur Klage. Seoanes Team begann lauffreudig und setzte Werder früh unter Druck. Genau diesem Druck ließen die Borussen in entscheidenden Momenten in der Abwehr allerdings vermissen. So in der 15. Minute, als sie Samuel Mbangula im Strafraum einfach mal machen ließen und der den Ball wuchtig unter die Latte hämmerte. Ähnlich widerstandslos agierten sie beim 0:2, als Jens Stage zwar im Strafraum begleitet, aber eben nicht ordentlich verteidigt wurde (26. Minute).
Sportchef Virkus will die Niederlage sachlich besprechen
Allen voran durch Robin Hack setzten die Gladbacher durchaus offensive Akzente, scheiterten dabei aber entweder an griffigeren Verteidigern oder am zuweilen nötigen Abschluss-Glück. In Durchgang zwei warteten die Fans lange vergeblich auf die offensive Reaktion, die sie vermutlich nach einem 0:2-Rückstand erwartet haben. Nach einem auf der Linie geklärten Reitz-Kopfball (69. Minute), sorgte Romano Schmid per Elfmeter für die Vorentscheidung (74.), ehe beide Teams die Partie nach dem 0:4 durch Justin Njinmah (81.) ausklingen ließen.
Schlechter als mit einem Punkt und 0:5 Toren stand die Borussia in 58 Jahren Bundesliga nur in der Saison 2015/16 (0 Punkte, 2:8 Tore) nach drei Spieltagen da. Virkus wirkt deswegen aber nicht wie der Mann, von dem Schnellschüsse zu erwarten sind. Er hat für den Wochenstart erstmal Gespräche angekündigt: „Du musst gucken: Wo liegt das Hauptproblem? Das musst du zusammen mit der Mannschaft, zusammen mit dem Trainer aufarbeiten und so schnell wie möglich abstellen. Das ist die Forderung, die ich habe. Und da geht es um den Club.“
Gladbach mit schweren Gegnern
Die Enttäuschung sitzt bei allen tief. „Der Schlag fühlt sich für alle gleich an – für Fans, Spieler und Mitarbeiter. Diesen Rückschlag gilt es zu verarbeiten“, sagte der Schweizer Trainer Seoane. Welche Schlussfolgerungen aus den geführten Gesprächen gezogen werden, dürfte sich in Kürze zeigen.
Den Gladbachern stehen gegen Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt in den kommenden zwei Wochen schwere Spiele bevor. Nach der Leistung gegen Bremen ist klar: Allein damit, dass irgendjemand die Bettwäsche wechselt, dürfte gegen diese Clubs kaum mehr zu holen sein als gegen Werder.
Unsere Quellen:
- Bundesliga-Spiel des 3. Spieltags Borussia Mönchengladbach – Werder Bremen
- Nachrichten-Agenturen DPA und SID