Sechs Kameras an vier Standorten rund um den Ziegenmarkt – das war das Konzept, das Vertreter des Innenressorts auf der Beiratssitzung Östliche Vorstadt im Mai vorgestellt haben. 300.000 Euro stehen nach Aussage des Ressorts in diesem Haushalt für die Umsetzung zur Verfügung. Laut Tracy El Haddad, Quartiersmanagerin der Interessengemeinschaft Viertel (IGV) ist die Videoüberwachung in diesem Haushaltsjahr nicht zwingend gesetzt.
Videoüberwachung im Beirat diskutiert
„Wir waren entsetzt als wir das beim runden Tisch der Industrie- und Handelskammer erfahren haben“, erklärt El Haddad. Innensenator Ulrich Mäurer dazu: „Ich habe mich am vergangenen Dienstag beim Runden Tisch der IHK für die Videoüberwachung ausgesprochen und halte dies für eine sinnvolle Maßnahme. Ob im Ergebnis die Videoüberwachung kommen wird, hängt von den Beratungen in der Koalition ab. Eine Verständigung über die Umsetzung der Maßnahmen steht noch aus.“
Im Beirat wurde die Videoüberwachung im Mai heiß diskutiert, dennoch nahm er die Maßnahme zur Kenntnis – trotz ideologischer Differenzen. „Dass die Stadtbremer Politik jetzt den Beirat in Frage stellt, verwirrt uns“, erklärt Martina Geffken, Filialleiterin der Bäckerei Weymann. Geffken berichtet, dass das Viertel zu einem Ort der Unsicherheit geworden sei. „Manchmal fahre ich morgens an meinem Laden vorbei und entscheide, ihn später zu öffnen“, so Geffken. Die Videoüberwachung würde, das ist sich Geffken bewusst, die Kriminalität im Viertel zwar nicht direkt bekämpfen, aber das Sicherheitsgefühl steigern.
Gastronomen schlagen Alarm
Ähnlich sieht das Andreas Hoetzel, der unter anderem das Engel Wein-Café betreibt: „Wenn selbst dieser kleine Schritt nicht kommt, dann haben wir ein Problem“, so Hoetzel. In seinen Gastronomiebetrieben spüre er, dass sich im Viertel etwas verändert habe. „Das sagen meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie unsere Gäste“, so Hoetzel. Auch für die Bewohner des Viertels habe sich einiges verändert, erklärt Gabi Süßmann: „Viele von uns meiden inzwischen den Ziegenmarkt, weil wir Angst haben – Angst vor Überfällen.“
Ute Kraft, Inhaberin von Kraft-Stoff, hat Überfälle und Einbrüche selbst erlebt: „Vor zwei Jahren wurde bei mir gleich dreimal binnen weniger Tage eingebrochen“, erklärt Kraft.
Videoüberwachung hätte dies zwar nicht verhindern, aber zumindest bei der Aufklärung helfen können. Von Videoüberwachung in einem Geschäft hat Kraft zudem im vergangenen Jahr direkt profitiert. Sie eilte einem Uhrmacher zu Hilfe, der am Tag überfallen wurde. Kraft vertrieb den Täter und wurde vom Innensenator für ihre Zivilcourage ausgezeichnet. Mit Hilfe der Kameraufnahmen konnte der Täter identifiziert und gefasst werden. „Wer weiß, was ohne die Kamera passiert wäre“, so Kraft.
Überwachung kein Selbstzweck
Neben der Videoüberwachung brauche das Viertel weitere Maßnahmen, um es nicht nur sicherer, sondern auch lebenswerter zu machen, betont El Haddad. „Dass das Awareness-Team jedes Jahr um die Finanzierung bangen muss, ist auch ein No-Go“, so El Haddad. Zentrale Aufgabe der Awareness-Teams ist es, Menschen, die von sexueller Belästigung, Diskriminierung oder anderen Notlagen betroffen sind, unmittelbar vor Ort zu unterstützen. Dies kann durch ein klärendes Gespräch, eine Begleitung oder durch die Vermittlung an Polizei, Beratungsstellen oder medizinische Hilfe geschehen.
Die IGV fordert eine Verstetigung des Angebots sowie eine bessere Beleuchtung in den Nebenstraßen. „Es hängt alles zusammen, aber die Videoüberwachung ist ein zentraler Baustein, der nun nicht kommen soll“, schließt El Haddad.