Videoaufnahmen legen nahe, dass es sich um den am Freitag wegen einer Muskelverletzung im HFC-Kader fehlenden Fabrice Hartmann handelt, der nach dem Abpfiff Chemie-Spieler Tim Bunge im Innenraum des Stadions mit der Schulter zu Boden checkte.

„Vorsperre“ gegen Chemie-Spieler

Außerdem, so schreibt der NOFV, sei „ein Leipziger Spieler vom Sportgericht mit einer Vorsperre belegt worden. Hintergrund ist der dringende Tatverdacht eines möglichen Fehlverhaltens im Zusammenhang mit einem Zuschauer, der das Spielfeld betreten hat.“ Auch hier wurden keine Namen genannt, mit der Vorsperre ist der betroffene Spieler allerdings bis zum Abschluss eine Sportgerichtsverfahrens nicht spielberechtigt.

Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie Philipp Wendt und Valon Aliji eine Auseinandersetzung mit einem im Innenraum befindlichen HFC-Anhänger haben.

Chemie: „Hochgradig problematisch“

Chemie Leipzig reagierte wenig später und machte die Namen Wendt und Aliji in einer Pressemitteilung öffentlich. Gleichzeitig kritisierte der Verein das Urteil. Aliji sei demnach von der Vorsperre betroffen und dürfe auch am Dienstagabend im Heimspiel gegen Rot-Weiß Erfurt nicht spielen. „Diese Entscheidung verurteilen wir aufs Schärfste“, heißt es. „Wir sehen es als hochgradig problematisch an, dass durch den Verband eine Strafe ausgesprochen wird, ohne das sowohl gegenüber dem Verein als auch gegenüber dem betroffenen Spieler beschrieben wird, worin genau das mögliche Fehlverhalten bestehen soll.“

Zudem schreiben die Leipziger: „Dass überhaupt Verfahren gegen unsere Spieler eingeleitet werden, ist für uns weder nachvollziehbar noch hinnehmbar. Zur Erinnerung: Es waren Anhänger des Halleschen FC, die in großer Anzahl und teils vermummt das Spielfeld gestürmt haben.“

HFC: „Emotionalisierung der Heimfans“

Bereits am Montagabend hatte sich der Hallesche FC mit seiner Einordnung der Geschehnisse in einer Pressemitteilung zu Wort gemeldet. Die Auseinandersetzung von Aliji und Wendt mit einem HFC-Fan, der sich im Innenraum befand, wurde als „weiterer auslösender Vorfall“ eingestuft.

Weiter heißt es: „Ein HFC-Fan wurde von zwei Gästespielern mit Anlauf zu Boden gebracht und auch am Boden geschlagen. Nach den vorliegenden Videoaufnahmen und Zeugenaussagen ist derzeit nicht erkennbar, dass es sich um eine Notwehrreaktion handelte. Die weiteren Ermittlungen der Polizei werden diesen Sachverhalt klären müssen. Diese Situation führte zu einer deutlichen Emotionalisierung der Heimfans.“

HFC-Präsident Fox: „Gefühl der Hilflosigkeit“

Deutlich mildere Worte wählte HFC-Präsident Jürgen Fox, der vier Tage nach den Ausschreitungen am Dienstag im Interview mit SPORT IM OSTEN sagte: „Es macht sich das Gefühl der Hilflosigkeit spürbar. Wir alle wollen solche Bilder nicht sehen, wir alle sind tief betroffen. Wir müssen unsere Hilflosigkeit anerkennen.“

Als konkrete Maßnahmen gegen die von Chemie-Anhängern gezündete Pyrotechnik sowie gegen die Ausschreitungen kündigte Fox an: „Wir müssen die Kontrollen intensivieren. Auch auf die Gefahr hin, dass das als übergriffig empfunden wird.“ Zudem erhofft sich Fox aus den Videoaufzeichnungen konkrete Namen der am Platzsturm beteiligten HFC-Anhänger und kündigte Stadionverbote an: „Wir wollen an die Bilder kommen“.

Vielleicht kann dann nur die Konsequenz sein, dass das Spiel abgepfiffen wird.

Jürgen Fox
Präsident Hallescher FC

Zudem appellierte der HFC-Präsident daran, künftig bei Böllerwürfen oder ähnlichen Ausschreitungen Spiele abzubrechen. „Vielleicht kann dann nur die Konsequenz sein, dass das Spiel abgepfiffen wird oder dass das Spiel unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet.“

Chemie: „Ein Spieler hat ‚Hausbesuch‘ bekommen“

Unterdessen machte Chemie Leipzig konkrete Bedrohungen der eigenen Spieler vor dem Spiel öffentlich. „Nach Spielende haben wir Kenntnis davon erhalten, dass mindestens ein in Halle wohnender Spieler unserer Mannschaft in der Nacht von Freitag auf Samstag ‚Hausbesuch‘ von mehreren maskierten Personen erhielt. Zu jenem Zeitpunkt war der Spieler noch nicht zu Hause eingetroffen, seine Lebensgefährtin hingegen wurde in Angst und Schrecken versetzt. Die Polizei musste eingeschaltet werden. Auch in Leipzig wohnende Spieler konnten die Nacht aus Sicherheitsgründen nicht zu Hause verbringen.“

NOFV: „Verfahren gegen Vereine eingeleitet“

Die Ausschreitungen werden den NOFV und die Vereine jedenfalls noch weiter beschäftigen. Der Verband teilte ebenfalls mit, dass „das Sportgericht des NOFV auf Antrag der Spielleitung Verfahren gegen die beteiligten Vereine eingeleitet“ habe. Als Konsequenz drohen den Vereinen Strafen, die von einer Geldbuße bis zu Spielen unter Ausschloss der Öffentlichkeit oder Punktabzug reichen können.

Der HFC musste in der vergangenen Saison allein rund 100.000 Euro an Strafen zahlen. „Ich will die finanzielle Dimension nicht kleinreden, aber was es in den Emotionen von vielen gemacht hat, ist einstweilen noch gravierender“, sagte Halles Präsident Fox.