Als nach einem Warnton die kleine Rampe ausgefahren ist, zückt Ingrid Appel begeistert ihr Handy und macht Fotos. „So ein Angebot ist Gold wert“, sagt Appel, „gerade für Menschen mit Rollatoren.“ Die Rampe gehört zu einem barrierefreien Minibus des französischen Herstellers Lohr, den die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) seit Dienstag im Stadtbezirk Hadern testet. Ingrid Appel ist Mitglied des Seniorenbeirats der Stadt, sie kam zufällig vorbei und fuhr spontan mit, als der Bus zu einer ersten Testfahrt startete. Ihr Urteil: Menschen mit eingeschränkter Mobilität können sehr von dem neuen Angebot profitieren. Auch ein Rollstuhl passt in die Kabine des Kleinbusses.

Bis zum 24. Oktober testet die MVG die vollelektrischen Kleinbusse auf dem Abschnitt Waldfriedhof – Großhaderner Straße. Die einzelnen Busse fassen bis zu zehn Fahrgäste und verkehren zunächst als Dreiergespann mit einer Kapazität von bis zu 30 Passagieren. An der Haltestelle Großhaderner Straße wird das Gespann getrennt, von dort fährt ein Teil weiter zur Haltestelle Am Hedernfeld, der andere Teil fährt in die Blumenau. Auf dem Rückweg werden die Fahrzeuge an der Haderunstraße wieder aneinander gekuppelt und fahren als Dreiergespann Richtung Waldfriedhof.

Die neuen Fahrzeuge verkehren auf der Route der Buslinie 167 und kommen im Probebetrieb alle 60 Minuten. Der Fahrplan der Linie 167, auf der weiterhin ein normaler Kleinbus fährt, verändert sich dadurch nicht. Da es sich um einen Test handle, könne es aber jederzeit zu Fahrplanänderungen kommen, teilt die MVG mit. Wer mitfahren möchte, muss kein Ticket kaufen, die Fahrt ist kostenlos.

Mit solchen kuppelbaren und wendigen Bussen sollen künftig Stadtrandlagen und enge Quartiere, in denen große Busse nicht fahren können oder sich wegen zu geringer Auslastung nicht rentieren, besser erschlossen werden. So will die MVG von Anfang 2026 an etwa das Angebot zwischen Neuaubing und Freiham verbessern. Die Kleinbusse sollen auf der neuen Linie 152 in Freiham in den Regelbetrieb integriert werden.

Das läuft dann ähnlich ab wie nun im Testbetrieb in Hadern: Ein Gespann aus drei Fahrzeugen verbindet das neue Zentrum von Freiham mit Neuaubing. Am S-Bahnhof Neuaubing teilt sich das Gespann: Ein Teil soll dann in das Neubaugebiet westlich der Brunhamstraße fahren, der andere Teil in das östliche Neubaugebiet Clara-Schumann-Straße.  Auf dem Rückweg vereinigen sich die Fahrzeuge wieder am S-Bahnhof Neuaubing und fahren zusammen nach Freiham.

Als nächster Schritt sollen durch den Einsatz eines zweiten Fahrzeugverbands der Takt und das bediente Gebiet ausgeweitet werden. Von Mitte 2026 an könnten die Busse auf Abruf eingesetzt werden. Später soll dann auch noch der Bereich Harthof hinzukommen. Hier will die MVG ebenfalls kleine Elektrobusse nutzen, die nicht nach Fahrplan, sondern auf Abruf fahren und damit die Gegend bedarfsgerechter erschließen. Für dieses sogenannte On-Demand-System stellt die Stadt bis einschließlich 2029 insgesamt rund 15,5 Millionen Euro bereit.

Derzeit werden die Kleinbusse noch von Fahrpersonal gelenkt. In Frankreich hat sich deren Betrieb bereits bewährt, etwa in Saverne im Elsass, im korsischen Ajaccio oder in Avignon in der Provence, wo sie unter anderem in der engen Innenstadt eingesetzt werden. Für die MVG ist diese Art von Kleinbussen allerdings eine Übergangslösung, denn das Ziel ist ein späterer autonomer Fahrbetrieb.

Nach jüngsten Herstellerangaben sei davon auszugehen, dass erste fahrerlose Busse in Shuttle-Größe bereits 2027/2028 zugelassen und serienreif zur Verfügung stehen, heißt es bei der MVG. Autonome Busse sollen die Betriebskosten im ÖPNV senken, ein verbessertes Angebot zum gleichen Preis ermöglichen und mehr Einsatzflexibilität als heute bieten. Fahrerlose ÖPNV-Shuttles sollen zunächst eine vergleichbare Kapazität wie die Testfahrzeuge aufweisen. Wie sie eingesetzt werden könnten, darüber soll nun der – noch – von Fahrern gesteuerte Probebetrieb Aufschluss geben.

Was das derzeitige reguläre Bus-Angebot angeht, so hat die MVG nach zwei Jahren mit Einschränkungen eine gute Nachricht: Seit diesem Dienstag fahren alle Linien wieder nach dem normalen Fahrplan. Wegen Personalmangels hatte die MVG im Herbst 2023 auf 17 Linien die Fahrpläne ausgedünnt.