Während der Frankfurter Buchmesse wird das Messegelände wieder zur Bühne der internationalen Buchwelt. In Zeiten globaler Spannungen braucht es mehr denn je Räume für Austausch und fürs Zuhören, sagt Direktor Juergen Boos. Ob das klappt, bleibt spannend – denn ausgerechnet aus dem Gastland kommen Boykottaufrufe.
Die Frankfurter Buchmesse soll im Zeichen von Verbindung und Gesprächen stehen, heißt es bei der Programm-Vorstellung am Dienstag. Während sich weltweit zuspitzender Konflikte lade das Treffen des internationalen Verlagswesens zum Dialog ein: „Die Frankfurter Buchmesse ist der Ort, an dem sich die Welt begegnet“, sagte Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse.
In Zeiten globaler Spannungen brauche es mehr denn je Räume für Austausch, fürs Zuhören und für Zusammenarbeit, betonte Boos. „Unser Auftrag ist es, Menschen miteinander zu verbinden – ob als internationaler Handelsplatz für Lizenzen und Rechte, als Bühne für gesellschaftliche Debatten oder als Festival guter Geschichten. In Frankfurt feiern wir das Buch und die Kraft des Dialogs über alle Grenzen hinweg.“
Es werden täglich wieder zehntausende Besucher und Besucherinnen auf der Frankfurter Buchmesse erwartet, die vom 15. bis zum 19. Oktober stattfindet. Das Messegelände wird bei der 77. Ausgabe zur internationalen Bühne für Aussteller, Politiker, Prominente, Fach- und Privatbesucher.
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00:59 Min.|16.09.25|Jan Tussing
Bild © Frankfurter Buchmesse/Niklas Görke|
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Neu gestaltete Eröffnungsfeier
Der Start der diesjährigen Frankfurter Buchmesse soll mit einer neu gestalteten Eröffnungsfeier zelebriert werden. Angelehnt an das Motto „Fantasie beseelt die Luft“ des Ehrengasts, den Philippinen, werde die Feier mit Wort und Musik, Licht und Ton gestaltet.
Im Zentrum der Beiträge solle dabei das Verhältnis von Vorstellungskraft und Wirklichkeit stehen. Auftreten sollen zum Beispiel die Philippine Madrigal Singers, der Frankfurter Musiker und Künstler Jan Hennig alias Kabuki sowie philippinische Poetinnen.
Boykottaufrufe im Gastland
Im Gastland diskutierten in den vergangenen Monaten einige Autoren und Verlage allerdings über einen Boykott der Messe. Grund ist die vermeintlich zu starke Solidarität Deutschlands mit Israel nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023, dem Einsatz des israelischen Militärs im Gaza-Streifen und der katastrophalen humanitären Situation dort.
„Wir respektieren als Buchmesse die Entscheidung derjenigen Autorinnen und Autoren, die nicht kommen wollen“, sagte Torsten Casimir, Sprecher der Buchmesse, dem hr am Dienstag. „Wir freuen uns auf die rund 100 Autoren, die anreisen. Mit ihnen wollen wir den Austausch suchen, dafür sind wir da.“
Die Buchmesse wolle Menschen verbinden und zusammenbringen, und auch den Nahost-Konflikt setze sie „mit vielen Veranstaltungen ins Werk“, betonte Casimir. „Und wenn sich Menschen auf der Bühne fetzen, dann fetzen sie sich.“
Schwierig werde es allerdings, „wenn antizionistische und antisemitische Aspekte ins Spiel kommen“, sagte Casimir weiter. Antisemitismus, Hassrede, „wenn Grenzen überschritten werden, dann wird das rechtlich abgearbeitet“, betonte er.
Buchmesse will an Schriftsteller in Haft erinnern
Auf der Frankfurter Buchmesse solle derweil die internationale Bedrohung der Meinungsfreiheit sichtbar gemacht werden. 375 Schriftstellerinnen und Schriftsteller seien laut der Vereinigung PEN weltweit in Haft, sagte Geschäftsführer Juergen Boos.
Das kulturpolitische Programm der Buchmesse „Frankfurt Calling“ biete auf neun Bühnen mehr als 100 Veranstaltungen zu Themen wie Menschenrechte und Meinungsfreiheit, Literatur in Krisenregionen oder Demokratien unter Druck.
Dort werde zum Beispiel die philippinische Journalistin und Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa mit dem ehemaligen Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg auftreten, sagte die PR-Managerin Ines Bachor.
Eine Diskussion über Israel und Gaza sei zwischen der deutsch-palästinensischen Schriftstellerin Joana Osman und dem deutsch-israelischen Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, geplant.
Zudem spreche der Historiker und Friedenspreisträger Karl Schlögel mit dem ukrainischen Schriftsteller Juri Andruchowytsch über Literatur in Zeiten des Krieges.
Größerer Fan-Bereich für Signierstunden & Co.
Die Fläche zur Begegnung von Fans mit Autorinnen und Autoren werde ausgeweitet, sagte der Sprecher der Buchmesse, Torsten Casimir. In der Festhalle würden zwischen dem Buchmessen-Freitag und -Sonntag mehr als 20.000 Fans erwartet.
84 Autorinnen und Autoren signieren und lassen sich fotografieren, darunter die Bestseller-Autorin Caroline Wahl oder der Komiker Otto Waalkes.
Literaturgala am Freitag
Auf der Literaturgala am 17. Oktober steht die Gegenwartsliteratur im Fokus. Der Kritiker Denis Scheck und die Moderatorin Thea Dorn werden etwa die Jugendbuch-Bestsellerautorin Ursula Poznanski und den Schauspieler Christian Berkel mit ihren Werken präsentieren.
Breit aufgestelltes Programm des Ehrengastlandes
Unter ihrem Gastland-Motto „Fantasie beseelt die Luft“ haben die Philippinen allen Boykott-Aufrufen zum Trotz ein vielfältiges Kulturprogramm vorbereitet. Mit den mehr als 100 Autorinnen und Künstlern begegneten die Besucher der Messe „einer vielstimmigen und vielfältigen Literatur, geprägt von Kolonisationen, indigenen Kulturen, Diktatur und einer spannungsreichen Gegenwart“, sagte die Ehrengast-Referentin Simone Bühler.
Zu den Autorinnen und Autoren gehörten etwa die Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa, Patricia Evangelista, Jose Dalisay, Jessica Zafra und Jay Ignacio. Lesungen und Veranstaltungen des Ehrengastes spielten im eigenen Pavillon, an den Ständen philippinischer Verlage und in zahlreichen Kultureinrichtungen Frankfurts, so im Fotografie-Forum, der Kunsthalle Schirn, im Architekturmuseum, Deutschen Filmmuseum oder Weltkulturen-Museum.
92 Länder auf der Messe vertreten
Insgesamt zeigten Aussteller aus 92 Ländern ihre kreativen Produkte. Erwartet würden mehr als 1.000 Autorinnen und Autoren, daneben auch Prominente wie der ehemalige Tennisprofi Boris Becker.
Das gesamte Programm können Sie auf der Webseite der Frankfurter Buchmesse einsehen.
Redaktion:
Sonja Fouraté
Sendung:
hr INFO,
16.09.25, 16:05 Uhr
Quelle: hessenschau.de/Anne Heigel-Glöckner, epd
Veröffentlicht am 16.09.25 um 14:45 Uhr