Die deutsche Konjunktur tritt weiterhin auf der Stelle: In seiner neuen, noch unveröffentlichten Herbstprognose erwartet das industrienahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) nur eine Stagnation oder ein Nullwachstum gegenüber dem vergangenen Jahr. Es senkt damit seine Frühjahrsprognose um 0,2 Prozentpunkte. Im kommenden Jahr soll die Konjunktur nach drei Jahren der Rezession und Stagnation endlich anspringen: Das Kölner IW sieht ein Wirtschaftswachstum von einem Prozent gegenüber dem Vorjahr voraus.

Die Unternehmen würden 2026 endlich mehr investieren, so IW-Konjunkturchef Michael Grömling, weil die stimulierenden Maßnahmen der Bundesregierung greifen würden – und weil man sich auf die schwierige geopolitische Lage im Außenhandel langsam eingestellt habe.

Das Institut ist damit pessimistischer als andere Wirtschaftsforschungsinstitute. So hatte das Münchner Ifo-Institut unlängst immerhin noch 0,2 Prozent Wachstum in diesem und 1,3 Prozent im kommenden Jahr vorausgesagt. Die Bundesregierung war in ihrer Frühjahrsprojektion allerdings schon ähnlich zurückhaltend wie das IW jetzt: Auch sie geht nur von einem Nullwachstum in diesem Jahr und von 1,0 Prozent 2026 aus.

„Nach zwei Jahren Rezession tritt die deutsche Wirtschaft im Jahr 2025 nur auf der Stelle. Das reale Bruttoinlandsprodukt und die Anzahl der Erwerbstätigen stagnieren auf dem Vorjahresniveau“, heißt es in der neuen IW-Prognose, die unserer Redaktion vorliegt. „Der deutsche Außenhandel bleibt im Desorientierungsstress, weil geopolitische De-Normalisierung und konfrontative US-Außenwirtschaftspolitik den Welthandel belasten.“ Der Konsum bleibe trotz normaler Inflation, aber wegen gedämpfter Beschäftigungsperspektiven unter seinem Potenzial. Die Investitionen würden wegen „vielfältiger Verunsicherungen im Vorsichtsmodus“ verharren. „Für 2026 wird eine anhaltende Besserung erwartet – mit gut ein Prozent wird aber keine wirkliche Aufschwungsqualität erreicht“, so das Kölner Institut.

Die Erwartung einer Konjunkturwende hatten Ökonomen in den vergangenen Jahren immer wieder auf das nächste Jahr verschoben. So ist es jetzt auch wieder mit Blick auf das kommende Jahr. 2026 soll es aufwärtsgehen, weil die Unternehmen schlicht investieren müssten. Die anhaltende Investitionszurückhaltung habe viele überrascht, so Grömling. Die schwarz-rote Bundesregierung hatte unlängst aber einen „Wachstumsbooster“ mit besseren Abschreibungsbedingungen für Unternehmen auf den Weg gebracht. Zudem soll das kreditfinanzierte Sondervermögen Infrastruktur für mehr öffentliche Bau-Aufträge sorgen.

Der private Konsum soll laut der Prognose weiterhin kaum zur Belebung beitragen. Die Sorgen der Menschen vor Jobverlusten verhindern ein Anspringen des Konsums. „Das durch die Normalisierung der Inflation und die Einkommenszuwächse verfügbare Potenzial wird weiterhin nicht ausgeschöpft. Besorgnis über die wirtschaftliche Zukunft und die Arbeitsplätze stehen einer nennenswerten Konsumerholung im Weg“, schreibt das IW.

Dabei bleibe der Beschäftigungsstand erstaunlich stabil auf hohem Niveau. Im Jahresdurchschnitt 2025 erwarten die Ökonomen wie im Vorjahr knapp 46 Millionen Erwerbstätige. „Dieses Niveau dürfte auch im kommenden Jahr gehalten werden.“ Allerdings gebe es Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt: Während im Verarbeitenden Gewerbe und in der Zeitarbeit schon 96.000 sozialversicherungspflichtige Jobs im ersten Halbjahr 2025 verloren gingen, nahmen sie in den öffentlichen und sozialen Dienstleistungsbereichen um 103.000 zu. „Die registrierte Arbeitslosigkeit wird sich 2025 wie erwartet auf durchschnittlich 2,955 Millionen Personen erhöhen, was einer Arbeitslosenquote von 6,3 Prozent entspricht“, so die Prognose. „Reformen beim Bürgergeld dürften frühestens ab 2026 erste positive Effekte auf dem Arbeitsmarkt entfalten, die Arbeitslosigkeit vorerst aber nur wenig vermindern.“