Warme Farben, mildes Licht, Möbel mit Wohnzimmer-Charme und Bücherwände bis in den Himmel: Ein Hauch von Harry Potter schwebt im Innersten der runderneuerten Landesbibliothek, und gleichzeitig die Nostalgie eines gediegenen Lesezimmers. Nach langem Vorlauf und zwei kurzen Jahren Bauzeit öffnet das Haus im Sartori-Berger-Speicher am Sonnabend, 20. September, nun mit einem Tag der offenen Tür wieder.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Mit dem barrierefreiem Eingang, den eine kleine Brücke vom Wall ermöglicht, einem Café und viel Aufenthaltsqualität will das Haus nun mehr sein als allein Verwahrungsort für die landesgeschichtliche Sammlung mit ihren 60.000 Bilddokumenten, die 200.000 Handschriften, 8000 Karten, rund 450.000 Druckwerke.

Landesbibliothek ist jetzt auch Kulturspeicher

„Wir wollen den Anspruch einer wissenschaftlichen Institution aufrechterhalten, aber gleichzeitig Raum für Austausch und Begegnung oder einfach zum Verweilen bieten“, sagt Bibliotheksdirektor Martin Lätzel mit Blick auf die Idee vom „dritten Ort“ zwischen heimischer Privatheit und Öffentlichkeit. Nicht umsonst heißt das Haus jetzt Kulturspeicher. „Wir haben auch nach einer neuen Marke gesucht“, so Lätzel.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Tag der offenen Tür mit vollem Programm

Am Sonnabend, 20. September lädt die Landesbibliothek von 11 bis 17 Uhr zum Tag der offenen Tür. Geplant sind Führungen (11.30, 14., 16 Uhr), mit Blick hinter die Kulissen, aber auch ein Transkriptionscafé (12, 15.30 Uhr), bei dem eine Fachkraft unleserliche Handschriften entziffert. Als Lesegäste werden außerdem der Kieler Lyriker Arne Rautenberg (15 Uhr) und Arne Suttkus, Preisträger Neue Prosa (13 Uhr) erwartet. Für Kinder öffnet um 12 und 15 Uhr das Bilder-Kino „Kamishibai“; ganztägig kann die Malinsel besucht werden.
Und weil die Landesbibliothek auch einen großen Bestand an Schachliteratur hat, lädt im neuen Co-Working-Space ein Riesenschachspiel zum Ausprobieren. Außerdem sind der Verein Historische Landeshalle und das Landesamt für Denkmalpflege mit Info-Ständen vertreten.

Dafür wurde der 1926 gebaute Speicher aufwändig saniert und umgebaut, mit neuen Lüftungs- und Lichtsystemen versehen – im Einklang mit den Eignern der Firma Sartori und Berger, die oben unter dem Dach residiert. Und nach den Plänen des niederländischen Architekten Aat Vos, der von Köln bis Oslo schon etliche Bibliotheken in eine Art ausgelagertes Wohnzimmer verwandelt hat.

Auch in Kiel ist die Verwandlung auf den ersten Blick geglückt. 750 Quadratmeter auf zwei Ebenen bieten hier ganz unterschiedliche Möglichkeiten – vom offenen Raum bis zum Rückzugsort.

Adelsbibliotheken in hohen Bücherwänden

Zentrum ist das Forum. Im ehemaligen Silo des Speichers untergebracht, ist es gleichzeitig Veranstaltungsort, mit Platz für bis zu 130 Gästen. Eingerahmt von Bücherregalen bis in den ersten Stock. „Hier spiegeln sich 125 Jahre Sammlungsaktivität“, sagt Maike Manske, Leiterin der Landesgeschichtlichen Sammlung, und weist auf die dicht gefüllten Bücherwände.

wir sind jetzt das Wohnzimmer von Schleswig-Holstein

Berit Johannsen, stellvertretende Direktorin der Landesbibliothek

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Hinter Glas stehen hier dicke Folianten, geheftete Broschüren, Bücher – die im 18. und 19. Jahrhundert gesammelten Bibliotheken der Adelshäuser des Landes, Zeichen der Weltgewandtheit und Neugie auf Noer oder Rantzau. Oder gleich im Hause des niederdeutschen Dichters Klaus Groth (1819-1899), der sein halbes Leben in Kiel verbrachte. „Wir wollen hier auch Storytelling betreiben und zeigen, was wir haben“, erklärt Maike Manske den Zugang zur Geschichte. Ein Angebot, Landesgeschichte und Kultur zu entdecken.

Zahlreiche gut ausgestattete Arbeitsplätze bietet die Landesbibliothek ihren Besucherinnen und Besuchern.

Hinter dem Forum gibt ein verglastes Magazin Einblick in die Arbeit von Archivaren und Bibliothekarinnen – und soll künftig alle 14 Tage auch für eine Fragestunde geöffnet sein. Es ist eine besondere Mischung aus Duchlässigkeit und Abgeschiedenheit, die sich hier herstellt. Und die sich in den ineinander fließenden Räumen fortsetzt. Oder mit den Bullaugen, die den Blick vom ersten Stock ins Forum lenken.

Wo früher Ausstellungen Platz fanden, zieht sich ein weitläufiger Co-Working-Space, der bald Virtual Reality-Zone sein soll. Und jetzt schon mal zum Abtauchen per VR-Brille in Schleswig-Holsteins „Literaturwelten“ einlädt. „Ein digitales Puzzle“, sagt Maike Manske. Ein Angebot, Schleswig-Holsteins Geschichte und Kultur zu entdecken, das auch zum Bestandteil von Schulführungen werden soll.

Neues Café für die neue Landesbibliothek

Im ehemaligen Depot auf der Seite zum Stena Terminal hat jetzt das Café von Loppo seinen Platz– mit Ausblick durch die ehemaligen Ladetore des Speichers auf die Förde. Von dort führt eine neu eingezogene Treppe in den ersten Stock und in die eigentliche Bibliothek, wo Tische, Stühle und Sessel ganz unterschiedlichen Bedürfnissen genügen – zum Lesen, Lümmeln oder Arbeiten.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Knallorange signalisiert der Info-Tresen Offenheit, während weiter hinten das gemütliche Kabinett zu „Stillarbeit“ und Versenkung einlädt – mit einem langen Tisch und darüber von der Decke baumelnden Steckdosen für den digitalen Teil. „Hier findet sich alles, was mit der Geschichte und Kultur Schleswig-Holstein zu tun hat“, sagt Martin Lätzel.

Sitzmuschel mit Ausblick: Durch die Bullaugen geht der Blick auf die Bücherwände im Erdgeschoss.

Die Verbindung von analog und digital soll in der Landesbibliothek beiläufig stattfinden, etwa, indem sich auf Tischen oder in Foldern QR-Codes finden, die den Online-Zugriff ermöglichen. Oder die Ausleihe digital funktioniert.

Wenn die Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek am Wochenende wieder öffnet, dann also nicht nur für die Wissenschaft und Spezialinteressen, sondern auch für neugierige Flaneure. „Wir sind jetzt das Wohnzimmer von Schleswig-Holstein“, sagt scherzhaft Berit Johannsen, stellvertretende Direktorin. Jetzt müssen es die Menschen nur noch entdecken.

KN