Nach dem Acht-Tore-Spektakel bei Juventus Turin und dem Ausgleich in letzter Sekunde ist man bei Borussia Dortmund in Erklärungsnot. Nico Kovac wirkt dabei überraschend zufrieden.
Borussia Dortmund hat eine denkwürdige Champions-League-Nacht in Turin erlebt. Beim 4:4 (0:0) gab der BVB den schon sicher geglaubten Sieg in den letzten zweieinhalb Minuten noch aus der Hand.
Kovac zeigt sich grundsätzlich zufrieden
Die Gemütslage war nach den spektakulären 96 Minuten durchaus gemischt. Schaute man in die Gesichter von Spielern und Staff, schien sich das Unentschieden in Turin wie eine Niederlage anzufühlen. Mit einem Doppelschlag in den letzten beiden Minuten hatte Juventus den Dortmunder Traumstart in die neue Saison in der Königsklasse noch verhindert.
„Die bittere Erkenntnis“ nach einem Spiel sei, dass sich Dortmund „ein wenig naiv“ angestellt habe, analysierte Sportdirektor Kehl. BVB-Trainer Nico Kovac machte auf der anschließenden Pressekonferenz jedoch alles andere als einen enttäuschten Eindruck und ließ sich nicht davon abhalten, seine Mannschaft für den Auftritt bei der „alten Dame“ zu loben.
„Ich bin mit der Leistung wirklich äußerst zufrieden. Denn das, was die Jungs über 94 Minuten geleistet haben war schon Spitze und dafür möchte ich sie auch loben und ihnen gratulieren.“
Turin nimmt Einladung dankend an
Nach den 94 Minuten war das Spiel aber eben noch nicht vorbei und es folgten zwei ganz entscheidende Minuten. Anstatt über eigenen kontrollierten Ballbesitz den Gegner nicht mehr an den Ball zu lassen oder die Kugel aus der Gefahrezone zu jagen, lud der BVB Juventus Turin vor deren eigenen Fans zum Comeback in letzter Minute ein. Und das mit leichten Ballverlusten und allzu lässigem Auftreten.
Zunächst patzte Ramy Bensebaini, der sich zuvor auch noch mit Serhou Guirassy um die Ausführung des Elfmeters zum 4:2 für den BVB gestritten hatte. Er schenkte den Ball her, die anschließende Flanke wuchtete Dusan Vlahovic (90.+4) ins Tor. Aber zu diesem Zeitpunkt lag der BVB ja noch immer vorne, was aber nicht genügte: Lloyd Kelly (90.+6) traf den BVB ins Mark – und ein toller Champions-League-Auftakt verkam zu einem mäßigen.
Kobel: „Auch mal ein bisschen dreckig spielen“
„Abgeklärter“, „abgewichster“, ein „bisschen cleverer“, ein „bisschen dreckiger“ hätten sie sein müssen, haderte Torhüter Gregor Kobel: „Es geht darum, dass du dir einfach der Gefahr bewusst bist, was passieren kann, weil die haben Qualität, es geht schnell dann“, sagte der BVB-Schlussmann mit deutlichen Worten.
Kovac: „Das lasse ich mir nicht nehmen“
„Dass wir den Ball rausschlagen müssen, wissen wir selbst, dass wir den Ball an der gegnerischen Eckfahne halten müssen, wissen wir selbst“, sagte Kovac, der seiner Mannschaft aber dennoch keine Vorwürfe machen wollte: „Das passiert. Aber ich habe viele gute Sachen gesehen. Die nehme ich mit, die nehmen wir mit“, sagte er und ergänzte: „Und das lasse ich mir auch nicht nehmen.“
Vier Gegentore in gut einer halben Stunde
In der zweiten Hälfte einer völlig verrückten Partie, bei der alle acht Tore nach der Halbzeit fielen, überzeugte der BVB zunächst mit Zielstrebigkeit und Konsequenz im Spiel nach vorn. Den Toren von Karim Adeyemi (52.), Felix Nmecha (65.) und Yan Couto (74.) gingen schöne Spielzüge voraus.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Gegen den ersten wirklichen Top-Gegner in dieser Saison stieß die Defensive von Borussia Dortmund mehr als nur an ihre Grenzen. Schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen verspielte der BVB eine sichere Führung. Bereits beim Bundesliga-Auftakt auf St. Pauli hatten zwei späte Gegentreffer zum Punktverlust geführt (3:3 nach 3:1).
„Fehler werden bestraft, auf dem Level noch mehr wie sonst. Das müssen wir wissen“, sagte Kobel. Sollte der BVB die K.o.-Phase der Champions League erreichen, gelte diese Warnung noch mehr. „Das ist einfach etwas, was man dazulernen muss“, forderte der Schweizer: „Ich hoffe, dieses Spiel war eine schöne Möglichkeit, sich das zu Herzen zu nehmen für die Zukunft.“
Unsere Quellen:
- Spiel Juventus Turin – Borussia Dortmund
- Pressekonferenz nach dem Spiel mit Nico Kovac
- Nachrichtenagenturen sid und dpa