Es glitzert und gleißt nach wie vor auf der Bühne des Deutschen Theaters München. Immerhin startet das Haus mit dem Musical „Ghost – Nachricht von Sam“ (ab 7. Oktober) und „Saturday Night Fever“ (ab 14. Oktober) in die neue Saison. Die Show nach dem berühmt gewordenen Film aus der Disco-Ära der 70er-Jahre mit der Musik der Bee Gees dürfte sämtliche Schlaghosen- und Paillettenhemd-Besitzer der Region mobilisieren.
Danach geht es ähnlich glamourös weiter. Mit „Kinky Boots“ steht ein Stück auf dem Spielplan, in dem sich alles um farbenfrohe Stöckelschuhe und die Musik von Cindy Lauper dreht. Ein Schuhfabrikant wird von einer selbstbewussten Drag Queen von seinen im doppelten Sinne „Absatzproblemen“ erlöst. Für „Pretty Woman“ nach der gleichnamigen Filmromanze muss Intendant Thomas Linsmayer sowieso keine Werbung mehr machen. Da ist der Andrang garantiert.
„Günstigere Preiskategorien sehr gefragt“
Allerdings wird auch im Unterhaltungsbereich gespart, kein Wunder bei Preisen zwischen 20 und 120 Euro: „Früher haben die Leute sich noch mehr getraut, sehr, sehr frühzeitig auch Karten zu kaufen. Das hat seit Corona einfach ein bisschen abgenommen“, so Linsmayer gegenüber dem BR: „Tatsächlich ist es so, dass die günstigeren Preiskategorien sehr gefragt sind. Auch unsere Previews, die etwas rabattiert sind, also der Tag vor der Premiere, die Generalprobe sozusagen, die sind meistens ausverkauft. Die ganz teuren Kategorien gehen dagegen ein bisschen langsamer weg, und das war früher genau umgekehrt. Also man sieht, die Leute schauen schon aufs Geld.“
Klassiker laufen im Deutschen Theater immer gut. Angefangen bei der „Rocky Horror Show“. Doch besonders neugierig scheint das bayerische Musicalpublikum nicht zu sein, mit Off-Broadway-Stoffen fremdelt es: „Die neueren Stücke, die eben noch nicht so bekannt sind, wie zum Beispiel ‚Come from Away‘, die tun sich immer ein bisschen schwer. Dadurch, dass das Deutsche Theater kein Abo-Publikum hat und die Stammkundschaft sich immer wieder neu erarbeiten muss, müssen wir für jede Produktion wirklich kämpfen.“
„Musical-Tourismus gibt es nicht“
Anders als Hamburg und Stuttgart gilt München deutschlandweit nicht gerade als Musical-Stadt, obwohl das Deutsche Theater eine große Auswahl anbietet und das Gärtnerplatztheater immer wieder gut besuchte Eigenproduktionen zeigt.
Doch die Ausstrahlung scheint begrenzt, so Thomas Linsmayer: „Was mich sehr bewegt: Dass wir, obwohl München ein Tourismus-Fixpunkt ist – und die Zahlen gehen ja steil nach oben bei den Touristen –, dass nicht nur wir, sondern überhaupt alle Theater in München es nicht wirklich schaffen, viele Gäste von weiter her und nur aufgrund dessen, dass wir was Schönes zeigen, hier nach München zu holen, in unsere Theater. Das gelingt immer noch sehr zögerlich. Einen richtigen Musical-Tourismus gibt es bei uns eigentlich noch gar nicht.“
„Dorian Gray wird sensationell“
Ein besonderes Anliegen ist Linsmayer das Tanztheater, an der Kasse auch nicht gerade ein Selbstläufer. Dennoch bietet das Deutsche Theater gleich vier Produktionen an, die erstmals auch im Abo zu haben sind.
„Wir haben insbesondere eine ganz neue Produktion, ‚Dorian Gray‘, die sensationell toll ist, wieder mit Live-Musikerinnen und -Musikern auf der Bühne“, schwärmt Linsmayer: „Im Sommer, im August, gehen wir auch wieder etwas ins Risiko, was wir, glaube ich, ganz gut hinbekommen werden, da zeigen wir ‚Carmen‘ als Tanztheater, natürlich mit den wesentlichen Hits aus der Bizet-Oper, aber insgesamt in einem anderen Format und auch noch mit anderer Musik.“
Warten auf den „Super-Renner“
Auch populäre Musicals laufen im deutschen Theater höchstens drei bis vier Wochen. Fans müssen sich also jeweils beeilen, wenn sie Karten bekommen wollen. Längere Laufzeiten sind die absolute Ausnahme, so Linsmayer: „Erst mal möchte ich das deutsche Theater nicht als Long-Run-Stage, also auf Deutsch gesagt, als Bühne für Dauergastspiele. Das wird in Stuttgart gemacht oder in Hamburg. Das Deutsche Theater hat einfach ein sehr vielseitiges Programm mit verschiedensten Genres.“
Drei bis vier Wochen Laufzeit seien das Maximum, so der Intendant: „Dann brauchen wir einfach die Abwechslung. Wenn wir natürlich mal wieder einen absoluten Super-Renner von einer unserer Gastspiel-Produktionsfirmen bekommen können, würde ich auch mal wieder drei Monate was machen.“
Im Vergleich zu den Staatstheatern ist das Publikum übrigens deutlich gemischter und je nach Musical, etwa bei der Power-Girl-Group „Six“, manchmal erfreulich jugendlich. Was nicht heißt, dass das junge Publikum unbedingt experimentierfreudiger ist als das ältere.