Das Reportage-Format „Klar“ soll fortgesetzt werden. Allerdings wird die bisherige Moderatorin Julia Ruhs nur noch in jenen Ausgaben zu sehen sein, die der Bayerische Rundfunk verantwortet. Beim NDR wird sie nicht länger zu sehen sein. Ein „Armutszeugnis“, wie die Journalistin betont.

Die vom Bayerischen Rundfunk (BR) und dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) im Wechsel produzierte Diskussionssendung „Klar“ soll im nächsten Jahr weiterlaufen. Es seien weitere Ausgaben geplant, die Sendung solle auch in Zukunft Streitfragen aufgreifen, „die in der Mitte der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden“, teilten NDR und BR am Mittwoch gemeinsam mit.

Wie zuvor bereits eine WELT-Recherche offenbarte, hält der BR an der Moderatorin Julia Ruhs fest, der NDR hingegen sucht für die von ihm produzierten Ausgaben nach einer neuen Moderation.

Die Auswertung der drei Pilotfolgen habe ermutigende Werte der Medienforschung zu Inhalten und Präsentation ergeben, sagte BR-Programmdirektor Thomas Hinrichs in München. „Lob und Kritik nehmen wir gewissenhaft zur Kenntnis und entwickeln weiter, wo wir noch besser werden können“, sagte er. NDR-Programmdirektor Frank Beckmann unterstrich, Ziel sei es, die Vielfalt der Perspektiven abzubilden.

Den Sendern zufolge zeige die Bandbreite der Reaktionen auf die Pilotausgaben, dass „Klar“ einen Nerv getroffen und Räume für kontroverse Debatten eröffnet habe.

„Klar“ war im April gestartet, die Moderation übernahm die BR-Journalistin Ruhs. Bereits die Auftaktsendung zu „Migration: Was falsch läuft“ war von Kritik begleitet. Für den Verein Neue deutsche Medienmacher:innen war die erste „Klar“-Ausgabe ein „Tiefpunkt in der Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“.

Laut WELT distanzierten sich zudem 250 NDR-Beschäftigte in einem offenen Brief von der Sendung. In einem Bericht zur Programmausschuss-Sitzung am 6. Mai hieß es außerdem: „Kritisiert wurde von einzelnen Ausschussmitgliedern u. a. eine mangelnde Ausgewogenheit der Sendung, eine Überfrachtung mit Einzelthemen sowie eine zu starke Emotionalisierung.“

Der Umgang mit der Moderatorin stieß in Teilen der Politik auf Kritik. Christoph de Vries, Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium, forderte „weniger Haltungsjournalismus und weniger Cancel Culture und stattdessen mehr Meinungspluralismus und mehr mutige Journalistinnen“ im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Ruhs‘ Ablösung sei „skandalös und unanständig“.

Ruhs selbst zeigte sich Mittwochvormittag „zutiefst enttäuscht, ja fassungslos über die Entscheidung des NDR“. Es sei ein „Armutszeugnis“, dass ihr die Moderation entzogen worden sei.

„Cancel Culture wird nur dadurch möglich, weil genau diesen Chefs der Mut fehlt, sich auch mal querzustellen“, führte sie auf der Plattform X aus.

„Ihr dürft jedoch noch Hoffnung in den Bayerischen Rundfunk haben. Wir werden weiterhin das machen, was beim NDR offenbar unmöglich ist.“

dol mit epd