Von Freitag an gastiert der Schauspieler Helmut Zierl im Alten Schauspielhaus. Vor der Premiere von „Blind“ spricht der „Tatort“-Star über Medien, Mikrofone und Legenden.

Viele kennen seinen Namen, noch mehr Leute kennen sein Gesicht: Helmut Zierl hat in einigen „Traumschiff“-Folgen und in noch mehr „Tatort“-Fernsehkrimis mitgespielt. Nach zwischenzeitlichem Fremdeln habe er seine Liebe fürs Theater wiederentdeckt, sagt der Schauspieler, der nun in Stuttgart gastiert.

Herr Zierl, was lesen Sie lieber: Wenn die „Bild“-Zeitung Sie und Ihre Frau als „wunderschönes Brautpaar“ bejubelt wie vor elf Monaten und zu Ihren Hochzeitsfotos schreibt: „Seit 12 Jahren funkelt es in ihren Herzen – jetzt auch an ihren Fingern“? Oder wenn eine Kollegin unserer Zeitung einen „Tatort“ mit Ihnen als „von plakativen Dialogen überfrachtetes Lehrstück“ verreißt, das „bar jeder kriminalistischen Spannung“ sei?

Ich würde beide Artikel nicht lesen – auf keinen Fall! Ich bin viele Jahre durch die Yellow Press gegangen – unfreiwillig, weil das hing immer mit meinen Beziehungen zusammen. Irgendwann stumpft man da ab, und ich habe überhaupt keinen Bock mehr drauf. Und was die „Tatort“-Kritik betrifft: So eine vernichtende Kritik macht etwas mit einem. Aber in dem „Tatort“ hatte ich nur eine winzige Rolle. Ich glaube, da hat man mich gar nicht erkannt.

Einer anderen Kollegin haben Sie vor Ihrem letzten Gastspiel am Alten Schauspielhaus im Jahr 2017 erzählt, dass Sie das Spielen am Theater für sich als Kunstform eigentlich schon verworfen hatten, weil Sie dabei – anders als im Fernsehen – weder Mikrofon noch Großaufnahme als Gestaltungsmittel nutzen können. Dennoch feiern Sie jetzt in Stuttgart Ihr 50-Jahre-Bühnenjubiläum. Warum?

Nach der Schauspielschule habe ich ja zunächst sieben Jahre lang ausschließlich Theater gespielt. Dann habe ich allerdings über 300 Fernsehproduktionen gemacht und mich unglaublich an das Mikrofon gewöhnt, dass man leise sein und flüstern kann, dass man mit der Sprache einfach ganz anders umgehen kann. Als es dann nach ein paar Jahren Theaterpause auch auf der Bühne wieder losging, musste ich mit der Stimme ganz anders modifizieren. Anfangs hat mir das etwas ausgemacht. Aber als oller Theaterhase hat man das auch ganz schnell wieder drauf, und ich habe meine Liebe und Leidenschaft fürs Theater wieder entdeckt.

Das Alte Schauspielhaus wirbt jetzt auf seiner Website mit der Empfehlung: „Sehen Sie Fernseh- und Theaterlegende Helmut Zierl“. Sehen Sie sich als Legende?

Um ehrlich zu sein: Das habe ich in der letzten Zeit öfter gehört. Auch Kollegen sind dann auf Instagram und sagen: „Ich habe mit Schauspiellegende Helmut Zierl gearbeitet.“ Ich glaube, da sprechen einfach die 50 Jahre dafür, und ich wehre mich nicht dagegen. Wenn ich es geschafft habe, den Menschen so ins Herz und in den Kopf zu wachsen, da scheine ich irgendwas richtig gemacht zu haben.

Von Freitag an spielen Sie am Alten Schauspielhaus in „Blind“ von Lot Vekemans. Worin liegt für Sie die Relevanz dieses Stückes?

Es werden Themen angesprochen, die sehr aktuell sind: Es geht eigentlich um den Kampf zwischen Sozialem und Kapitalismus. Ein älterer erfolgreicher Herr, der langsam blind wird, bittet seine Tochter, sich um ihn zu sorgen. Sie ist Rechtsanwältin für Leute in armen Verhältnissen und absolute Idealistin. Er ist aber Pragmatiker und schaut auch sehr auf die wirtschaftlichen Geschichten. Ich kann es deswegen empfehlen – nicht weil wir hier Werbung machen dafür – weil es ein Stück ist, das ganz besonders meine Generation betrifft und dann natürlich die Generation darunter.

Helmut Zierl an der Außenalster in Hamburg. Der 70-Jährige lebt unweit der Hansestadt. Foto: dpa/Marcus Brandt

Apropos Generation: Laut dem Hochzeits-Artikel der „Bild“-Zeitung haben Sie gesagt: „Ich habe zwei Tage vor meinem runden Geburtstag Ja gesagt, weil ich noch in meinen 60ern heiraten wollte.“ Warum lieber in den 60ern als mit 70?

Es ist ein Gag gewesen. Ich hätte gerne an meinem 70. Geburtstag geheiratet, aber das war ein Sonntag, und da hatte das Standesamt zu. Also mussten wir das vorziehen.

Info

Schauspieler
Helmut Zierl (70) hat in unzähligen Film- und Fernsehproduktionen mitgespielt. Nachdem er an den Schauspielbühnen Stuttgart zuletzt in „Tod eines Handlungsreisenden“ gastierte, kommt er jetzt mit dem Zwei-Personen-Stück „Blind“ zurück.

Vorstellung
Premiere von „Blind“ ist am Freitag, 19. September, um 19.30 Uhr. Bis zum 25. Oktober treten Helmut Zierl und Lisa Wildmann in weiteren Aufführungen des Stücks auf.