Kiel. Die Entscheidung des NDR, die Moderatorin Julia Ruhs von ihrem TV-Format „Klar“ abzuziehen, hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) auf den Plan gerufen. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk erweist sich mit solchen Entscheidungen einen Bärendienst“, sagte Günther bei einer Veranstaltung in der Hermann-Ehlers-Akademie am Mittwochabend in Kiel, bei der Ruhs zu Gast war.
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Menschen, die den demokratischen Parteien ein bisschen entglitten, fühlten sich durch solche Entscheidungen wie der des NDR bestätigt, so Günther. Eine Demokratie lebe davon, dass man unterschiedliche Meinungen respektiere.
Pikant: Günther wurde am Mittwochabend eigentlich in Hamburg erwartet, wo der neue NDR-Intendant Hendrik Lünenborg als Nachfolger von Joachim Knuth in sein Amt eingeführt worden ist. Stattdessen blieb Günther in Kiel und zeigte sich demonstrativ an der Seite von Ruhs. In Hamburg sprachen unter anderen Günthers Amtskollegin Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern) und Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (beide SPD).
„Es ist wichtig, dass wir einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben, der diese Meinungsvielfalt auch darstellt und garantiert“, sagte Günther. Deswegen habe er den Start des Formats „Klar“ sehr begrüßt. Dass die Sendung nun nicht mehr mit Ruhs im NDR gezeigt werde, sei ein „schlechtes Signal“. Er wünsche Ruhs weiter viel Erfolg.
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„Klar“ im NDR künftig ohne Ruhs
Der NDR hatte am Mittwochmittag bekannt gegeben, Ruhs nicht mehr in seinem Format „Klar“ einzusetzen. Einen Grund für die Entscheidung nannte der Sender zunächst nicht. Laut der Zeitung „Die Welt“ soll es innerhalb des Hauses deutliche Kritik am Format und an der Journalistin gegeben haben. Dem Bericht zufolge unterzeichneten 250 Mitarbeitende des NDR einen Brief, in dem sie sich von „Klar“ distanzieren.
Wer die Ausgaben des NDR präsentieren soll, stehe noch nicht fest. Ruhs bleibt dagegen Teil des Moderationsteams für die Folgen, die der Bayerische Rundfunk (BR) produziert. Das teilten NDR und BR gemeinsam mit.
Lukas Kilian spricht von „Cancel Culture“ durch NDR
Neben Günther hatte auch Lukas Kilian, Generalsekretär der CDU Schleswig-Holstein, am Mittwochnachmittag den NDR kritisiert. „Ich bin entsetzt über die offenkundig politisch motivierte Personalentscheidung des NDR“, sagte Kilian.
„Statt sich gegen Mobbing zu stellen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor externen Angriffen zu schützen, wurde eine kritische Journalistin kaltgestellt.“ Das sei „Cancel Culture in reinster Form“. Die Entscheidung müsse „rückgängig gemacht werden“.
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Ruhs selbst sagte am Abend in Kiel, dass sich der NDR „nicht gerade mit Ruhm bekleckert“ habe. Die Idee des Formats sei es gewesen, Menschen, die zu alternativen Medien abgewandert seien, wieder zurückzugewinnen. Ein Format, wie sie es gemacht habe, sei „wichtig für die Demokratie“.
Ruhs: NDR-Entscheidung „ein bisschen lächerlich“
Ihre Sendung sei von Zuschauern sehr gut bewertet worden. Bei einer Auswertung durch eine Agentur sei auch sie als Moderatorin als essenzieller Teil der Sendung von vielen Befragten genannt worden. Die Entscheidung des NDR sei vor diesem Hintergrund „ein bisschen lächerlich“.
„Klar“ stieß in der Vergangenheit mehrfach auf Kritik. So äußerten sich etwa der ZDF-Moderator Jan Böhmermann und die Journalistin Anja Reschke öffentlich zu einzelnen Inhalten. Besonders die Auftaktsendung zur Migration sorgte für Aufsehen, Ruhs hatte dort unter anderem über Gewalt im Zusammenhang mit Einwanderung berichtet.
Die drei Pilotfolgen von „Klar“ liefen im April, Juni und Juli in Kooperation von NDR und BR. Für 2026 sind weitere Ausgaben geplant. Die Sendung, die unregelmäßig ausgestrahlt wird, soll Streitfragen aufgreifen, die in der Mitte der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden, und verschiedene Perspektiven dazu zeigen.
KN