Michael Schumacher hat im Laufe seines langen Lebens als Filmemacher schon einige Reportagen über Schweden gedreht. Trotzdem hat er für den Kultursender Arte die Kamera noch mal ausgiebig von Norden nach Süden schweifen lassen.

„Anlass war ein Artikel in einer Zeitschrift über die schwedische Künstlerin Linda Vagnelind“, erzählt der gebürtige Remscheider, der für die Dreharbeiten mit seinem Sohn Robin, der ein Talent für spektakuläre Drohnenaufnahmen hat, im ersten Quartal dieses Jahres mehrmals nach Schweden gereist ist. Denn Schumacher wollte die überwiegend frostigen Abenteuer von Lappland bis Gotland auch aus der Luft zeigen.

„Für Linda Vagnelind ging es jedoch erst mal hinab ins arktische Wasser“, sagt Schumacher und erklärt, dass die in ihrem Land auch als „Icewoman“ bekannte Malerin und Schöpferin von Eisskulpturen regelmäßig in Eiswasser badet. Schumacher filmte sie daher nicht nur bei ihrer Arbeit als Bildhauerin in Lappland, wo sie in einem Eishotel Skulpturen gestaltet, sondern auch beim minutenlangen Eisbaden.

Später im Film sieht man auch Szenen, die Vagnelind bei der Fütterung von Rentieren zeigen. „Der Grund sind klimatische Veränderungen, die den wilden Rentieren in einigen Regionen Schwedens zu schaffen machen“, erklärt Schumacher, der in seinen Reportagen des Öfteren auf die Folgen des Klimawandels für die Tierwelt hinweist. Genau das passiere jetzt auch in Lappland: „Die wärmeren Temperaturen führen im Winter dazu, dass die Böden auftauen und über Nacht wieder gefrieren. Dabei bilden sich immer neue Eisschichten, die den Tieren die Futtersuche erschweren.“

Um Rentiere, die zwar keinen Hunger leiden müssen, aber ansonsten aufs Äußerste gefordert sind, ging es bei den Dreharbeiten in dem Ort Jokkmokk, gleichfalls in Lappland. Hier finden jedes Jahr Anfang Februar Rentierschlittenrennen als Highlight eines Wintermarktes statt. Schumacher filmte dort den Einheimischen Rickard Länta, der mehrere Tausend Rentiere besitzt und einen Teil davon für den kreisrunden Parcours ausbildet.

Rasant, aber vor allem auch spiegelglatt ging es beim Dreh auf dem Arjeplog-Gelände in der geografischen Mitte von Lappland zu, wo Testfahrer auf Schnee und Eis die Tauglichkeit von ABS-Systemen für große Autokonzerne unter extremen Bedingungen erproben und Sicherheitssysteme entwickeln.

Doch Schumacher zeigt in dem weltweit größten Areal für Winter-Fahrtrainings nicht nur das arktische Präzisionstraining, mit vielen Driftings auf dem Eis, sondern präsentiert den Zuschauern auch Eric Gallardo, einen früheren Testfahrer von General Motors. Der gebürtige Franzose und GT4-Vizemeister von 1999 ist der Gründer des Unternehmens „Lapland Ice Driving“. Er hatte auch die Idee, 13 Rennstrecken (inklusive fünf Formel-1-Strecken) auf dem Eis nachzubilden.

Eher im Slow-Motion-Tempo geht es in der Doku weiter südlich zu, wo Schumacher zeigt, wie Szenen der beliebten TV-Sendung „Die große Elchwanderung“ live übertragen werden. Schumacher konzentriert sich dabei auf die Momente, in denen Hunderte Elche den Fluss Ångermanälven überqueren, um am Ende eines langen Winters ins Landesinnere zu grünen Weiden zu ziehen. Er zeigt auch die schwedischen Kameraleute, die diesen Höhepunkt der großen Elchwanderung für ein Millionenpublikum vor den Bildschirmen einfangen.

Weiter geht es im Film mit einem Ranger, der in der Nähe vom „Wildlife Sweden Camp Ängra“ auf eine Begegnung mit wilden Bären und Vielfraßen hofft. Schumacher gelingt es tatsächlich, ihn bei diesem glücklichen Moment der Erstbegegnung zu filmen. Außerdem zeigt er einen Orchideen-Liebhaber und Hobby-Experten, der auf Schwedens größter Insel Gotland nach seltenen Orchideengewächsen forscht.

Darüber hinaus stellt der preisgekrönte Dokumentarfilmer ein niederländisches Pärchen vor, das nach Schweden ausgewandert ist und sich mit Hundeschlittenfahrten den Lebensunterhalt verdient. Und er zeigt einmal mehr, dass es immer wieder die intakte Tierwelt ist, die seine Blicke auf sich zieht. So filmte er auf einer kleinen Insel vor Gotland die US-amerikanische Zoologin Sarah Morrow, die ihrem Land in der zweiten Amtszeit von Donald Trump dauerhaft den Rücken zugekehrt hat. Stattdessen erforscht sie jetzt auf der kleinen Insel vor Gotland Vogelkolonien und studiert sie von einem Beobachtungsstand aus, den Forscher von der Universität Stockholm mitten in die Natur gebaut haben.

Ganz zuletzt zeigt Schumacher noch mal Künstlerin Vagnelind, wie sie mit ihrer Schwester Ida auf einem selbst gebauten Floß den Fluss Klarälven hinunterschippert, was Schumacher – nebenher gleitend – von einem Kanu aus filmte. „Es war ein Kraftakt“, sagt Schumacher, „all diese wunderbaren Erlebnisse in zwei Mal 45 Minuten zu packen“. Doch der Aufwand habe sich aus seiner Sicht voll gelohnt. Er könne es kaum erwarten, den Zweiteiler unter dem Titel „Abenteuer Schweden“ hoffentlich schon Anfang kommenden Jahres auf dem Sendeplatz „Arte Entdeckung“ zu sehen.