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Frankreichs Gewerkschaften rufen zu landesweiten Demonstrationen auf. Der Widerstand gegen den Sparplan der Regierung Macron/Lecornu wächst.

Paris – Frankreich steht vor den größten Protesten seit dem Rentenstreit. Am Donnerstag, den 18. September 2025, werden landesweite Demonstrationen gegen die geplanten Sparmaßnahmen der Regierung erwartet. Premierminister Sébastien Lecornu (Les Républicains) gerät dabei unter enormen Druck. Doch auch Präsident Emmanuel Macron droht eine handfeste innenpolitische Krise.

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Die Gewerkschaften haben zu einem Streik aufgerufen, der alle Bereiche des öffentlichen Lebens betreffen wird. Mehr als 250 Demonstrationen sind bereits angemeldet, wie Le Monde berichtet. Die Organisationen kritisieren die Sparmaßnahmen als „brutal“ und werfen der Regierung vor, „wieder einmal die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Prekären, die Rentner und die Kranken zahlen zu lassen“.

Sozialisten wollen zwei Prozent Steuern auf Vermögen von mehr als 100 Millionen Euro durchsetzen

Auch der Verkehr wird von den Protesten in Frankreich erheblich beeinträchtigt. Es werden zahlreiche Zugausfälle im Regionalverkehr und stark eingeschränkter Metro-Verkehr in Paris erwartet. Zudem sind Lastwagen-Blockaden geplant, die den Güterverkehr zum Erliegen bringen könnten.

Die oppositionellen Sozialisten Frankreichs, die die Proteste unterstützen, wollen eine Steuer von zwei Prozent auf Vermögen von mehr als 100 Millionen Euro durchsetzen – die sogenannte Zucman-Steuer. Laut einer Umfrage, über die die französische Nachrichtenagentur AFP als erste berichtete, befürworten 86 Prozent der Befragten diese Maßnahme. Lecornu hatte diese Steuer bereits ausgeschlossen, räumte aber ein, „mehr Steuergerechtigkeit“ anzustreben.

Demonstrierende in Nantes kritisieren Frankreichs Präsidenten. Für den 18. September sind wieder landesweite Massenproteste geplant.Demonstrierende in Nantes kritisieren Frankreichs Präsidenten. Für den 18. September sind wieder landesweite Massenproteste geplant. © SEBASTIEN SALOM-GOMIS/afpFrankreich macht Schulden, während Bevölkerung auf die Barrikaden geht

Doch auch der erst seit kurzem im Amt befindliche Premierminister spürt offenbar den Druck, der von den Protesten auf Frankreichs Straßen auf seine Regierung ausgeht. Als erste Zugeständnisse kündigte Lecornu bereits mehrere symbolische Maßnahmen an. Die angekündigte Streichung von zwei Feiertagen, die großen Unmut in der Bevölkerung ausgelöst hatte, nahm er wieder zurück. Außerdem beschnitt Lecornu Privilegien ehemaliger Premierminister: Das lebenslange Recht auf Dienstwagen und Fahrer wird auf zehn Jahre begrenzt, wie AFP meldet.

Die Proteste finden vor dem Hintergrund einer angespannten Finanzlage statt. Frankreich gehört mit Schulden von 114 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu den Schlusslichtern Europas – nur Griechenland und Italien haben höhere Schuldenstände. Das Defizit betrug im vergangenen Jahr 5,8 Prozent des BIP. Die Rating-Agentur Fitch stufte Frankreichs Kreditwürdigkeit bereits auf A+ herab.

Macron beobachtet Staatskrise in Frankreich aus dem Hintergrund

Die bevorstehenden Demonstrationen drohen nun zum Lackmustest für Lecornus politische Zukunft und die Stabilität der französischen Regierung zu werden. Präsident Emmanuel Macron beobachtet die Krise aus dem Hintergrund, während sein Premierminister um das Überleben der Regierung kämpft.

Die Sozialisten unter Olivier Faure halten dabei den Schlüssel in der Hand: Sollten sie sich entscheiden, ein Misstrauensvotum der Links- und Rechtspopulisten zu unterstützen, wäre Lecornus Regierung Geschichte – genau wie bereits sein Vorgänger François Bayrou durch ein solches Votum gestürzt wurde. Nur wenn die PS auf ein Misstrauensvotum verzichtet, reichen die Stimmen der extremen Lager nicht aus, um die Regierung erneut zu Fall zu bringen. (AFP, Le Monde, dil)