Viele Leipzigerinnen und Leipziger werden sie gut kennen: Es geht um die keramischen Plastiken der „Vier Kontinente“, die bis zum Start des Bauvorhabens Feuerland einige Jahrzehnte vor dem Tierkindergarten im Leipziger Zoo standen. Ab sofort sind sie nach sieben Jahren Pause wieder im Zoo zu sehen ­– nun in der Arche und im Rosengarten. Das Kulturamt der Stadt Leipzig als Eigentümerin der Plastiken von Willy Münch-Khe hat die Zwischenzeit zur Restaurierung der Werke genutzt.

Die Kosten der Restaurierung in Höhe von 25.000 Euro wurden durch den Freistaat Sachsen mit 13.000 Euro aus Landesdenkmalsmitteln unterstützt. Zugleich sind Informationstafeln entstanden, die an beiden Standorten über die kritische Geschichte der Plastiken wie auch des Künstlers informieren.

Die Entstehungsgeschichte der „Vier Kontinente“ wurde nicht aufgezeichnet. Anzunehmen ist, dass sie eigens für den Zoo Leipzig von Willy Münch-Khe (1885–1960) geschaffen wurden. Die in der Arche stehenden Plastiken „Junge auf Fisch“ und „Junge auf Schnecke“ sind datiert mit 1931. Es lässt sich nachweisen, dass sie 1933 am damaligen Zierentenweiher aufgestellt wurden. Sie sind in Ton ausgeführt und farbig glasiert.

Künstlerische Idee und Gestaltung müssen zur damaligen Zeit gefallen haben. Nur so lässt sich erklären, dass 1934 zwei Plastiken in einer anderen technischen, beständigeren Ausführung, aber in identischer Form geschaffen wurden und dazu zwei weitere: „Junge auf Kröte“ und „Junge auf Schildkröte“.

Als Vierergruppe wurden sie 1935 am Schmuckplatz zwischen Raubtierhaus und Aquarium am Wasserbecken aufgestellt. Ab 1974 standen alle sechs Plastiken vor dem damaligen Tierkindergarten und waren ein beliebtes Fotomotiv bis zum Abbau im Jahr 2018.

Zoo Leipzig: Keramiken Vier Kontinente im Rosengarten. Foto: Stadt LeipzigZoo Leipzig: Keramiken Vier Kontinente im Rosengarten. Foto: Stadt Leipzig

In Abstimmung mit dem Migrantenbeirat der Stadt Leipzig vermitteln an den beiden neuen Standorten jetzt Tafeln Informationen zur Geschichte. Diese knüpft an ein problematisches Erbe an. Die vier Plastiken repräsentieren Afrika, Asien, Europa und Amerika. Eine solche Personifizierung der Kontinente geht auf eine lange Tradition zurück und beruht auf einer oft stereotypen Perspektive auf nicht-europäische Kulturen.

Willy Münch-Khe hat eine eigenwillige Interpretation geschaffen. Kinder reiten auf Tieren und musizieren. Weder die Musikinstrumente stehen für die Erdteile, noch sind die Tiere typisch. Eher scheinen sie den ursprünglichen Aufstellungsorten im Zoo angepasst, in dessen nass-feuchtem Ambiente sich Kröte, Schildkröte, Schnecke und Fisch wohlfühlen.

Mit diesem Konzept folgte der Künstler weniger den gängigen Mustern. Sein unkritischer Blick auf koloniale und rassistische Darstellungen wird heute aber keineswegs geteilt und ist ein Zeugnis der damaligen Zeit, so das Kulturamt.

Auch seine Biografie lasse Fragen offen. Die Einstufung als „Mitläufer“ im Zuge der Entnazifizierung bleibt zu hinterfragen. Willy Münch-Khe wurde 1912 an die Königliche Porzellanmanufaktur Meißen berufen und war später auch für die Manufakturen in Karlsruhe, Rosenthal und Villeroy & Boch tätig. 1931 trat er in die NSDAP ein. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er als „Mitläufer“ eingestuft. Von 1949 bis 1953 lebte er in Argentinien.

Zurück in Deutschland, ließ er sich in Karlsruhe nieder, wo er weiterhin Aufträge von den Manufakturen Meißen, Villeroy & Boch und Hutschenreuther erhielt. Die Plastiken sind als künstlerisches Erbe und Ausdruck ihrer Zeit zu bewahren, so das Kulturamt. Die Verantwortung zur Ablehnung kolonialistischer Diffamierung – so unauffällig sie daherkommt – sei der Stadt Leipzig dabei bewusst. Die „Vier Kontinente“ werden für die kritische Auseinandersetzung sichtbar erhalten.