Frau Ortmann, rund 30.000 Beschäftigte werden die Berliner Verwaltung bis 2030 verlassen, gleichwertiger Ersatz ist nicht in Sicht. Wie lässt sich dieser Aderlass kompensieren?
Wir müssen bei der Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung endlich vorankommen – und dürfen dort trotz der Finanzkrise auf keinen Fall sparen. Die Sorge, dass wir die Boomerjahrgänge nicht ersetzen können, ist völlig berechtigt. Wenn jetzt daraus nichts Konkretes wird, kommen wir in ein paar Jahren in sehr große Probleme.
Was muss passieren?
Wenn in einigen Jahren deutlich weniger Beschäftigte die gleiche Arbeit machen sollen, führt an der Digitalisierung kein Weg vorbei. Dafür brauchen wir Standards bei der Beschaffung von Hard- und Software, sonst ist Berlin nicht regierbar. Die Koalition muss noch vor der Wahl ein Digitalgesetz verabschieden, das die Chief Digital Officer mit Durchgriffsrechten ausstattet, um landesweite Standards zu setzen. Doppelarbeit, wie sie aktuell viel zu häufig stattfindet, kann sich Berlin künftig nicht mehr leisten.
Zur Person
Daniela Ortmann trat am 1. Februar 1986 in den Staatsdienst ein. Seitdem war sie Finanzbeamtin des Finanzamtes Wilmersdorf in Berlin. Dort hat sie über 25 aktive Dienstjahre hinter sich gebracht. Im Jahr 2013 wurde sie freigestellt und ist seit 2016 Vorsitzende des Hauptpersonalrates Berlin.
Die Verabschiedung der Verwaltungsreform wurde viel gelobt, der Effekt ist bislang gleich Null. Droht der historische Erfolg zu verpuffen?
Ich erwarte, dass die vier Parteien, die die Reform auf den Weg gebracht haben, deren Umsetzung aus dem Wahlkampf ausklammern und vorantreiben. Wir haben überhaupt keine Zeit mehr zu verlieren und die Umsetzung muss konsequent erfolgen. Die Allianz der vier Parteien muss weiter funktionieren, und ich hoffe auf die Vernunft aller Beteiligten.
Eine Pflicht zum Homeoffice wird es mit uns nicht geben.
Daniela Ortmann, Vorsitzende des Hauptpersonalrats in Berlin
Berlin muss sparen – und will Beamte und Beschäftigte deshalb enger zusammenrücken lassen. Eine gute Idee?
Ich verstehe, dass bei der Raumauslastung Einsparpotenziale bestehen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die räumliche Umgestaltung gerade in Bestandsgebäuden schwer umsetzbar ist. Desk-Sharing und Home-Office setzen bestimmte technische Standards wie höhenverstellbare Tische, ergonomische Stühle oder Diensthandys voraus. Für das Arbeiten zuhause muss die entsprechende Hardware bereitgestellt werden. Eine Pflicht zum Homeoffice wird es mit uns nicht geben. Dies alles ist erst zu planen unter Einbeziehung der Beschäftigten und danach umzusetzen. Nicht andersherum.
Ein weiterer Vorschlag lautet, künftig mehrere Behörden in einem Gebäude unterzubringen. Ist das machbar?
Die gemeinsame Nutzung von Gebäuden sehen wir skeptisch. Bisher war bei Umfragen zur Arbeitszufriedenheit die Hauptstütze das Zusammengehörigkeitsgefühl im Kollegium. Wenn man das aufgibt, etwa durch anonyme Bürogebäude und ständig wechselnde Arbeitsplätze, verlieren wir dieses Pfund auch noch. Das halte ich für problematisch, auch wenn wir uns als Hauptpersonalrat einem Pilotbetrieb an ausgewählten Standorten vermutlich nicht verweigern würden. Bislang ist diesbezüglich niemand an uns herangetreten, obwohl wir bei dienststellenübergreifenden Arbeitsplätzen in der harten Beteiligung wären.
Finanzsenator Stefan Evers schwebt vor, dass es künftig eine zentrale Personalverantwortung im Land Berlin geben soll. Eine gute Idee?
Es ist notwendig, auch beim Personal Standards zu setzen und diese durchsetzen zu können. Darauf kommt es an! Dass wir eine Personalpolitik mehr aus einem Guss machen müssen, finde ich nach der Verwaltungsreform logisch. Dann muss die Zuständigkeit in der Hand einer Senatsverwaltung liegen. Sollte dies auch bei der nächsten Regierung die Senatsverwaltung für Finanzen sein, erwarten wir zwei Dinge – erstens: die Senatsverwaltung heißt dann endlich „Senatsverwaltung für Personal und Finanzen“ und zweitens: der/die zuständige Staatssekretär/in ist ausschließlich für diese Aufgabe zuständig!