
Stand: 18.09.2025 17:30 Uhr
„Juden haben hier Hausverbot!“ – dieser Plakattext in einem Schaufenster verdeutlicht nach Aussage der landesweiten Dokumentationsstelle: Antisemitismus wird in Schleswig-Holstein „sprechbarer“.

Auf Anweisung der Polizei habe er das Schild wieder aus dem Schaufenster entfernt, sagt der Ladenbesitzer NDR Schleswig-Holstein.
In Flensburg sorgt ein antisemitisches Plakat für Entsetzen. Das Schild mit der Aufschrift „Juden haben hier Hausverbot! Nichts Persönliches, auch kein Antisemitismus, kann euch nur nicht ausstehen“, hing im Schaufenster eines Geschäfts in der Duburger Straße in der Neustadt. Es wurde mittlerweile entfernt. Mehrere Medien, unter anderem der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (SHZ), hatten darüber berichtet. Mittlerweile hat der Fall bundesweit für Entsetzen gesorgt.
Ladenbesitzer: „Habe mit dem öffentlichen Sturm nicht gerechnet“
Der Ladenbesitzer hatte sich nach der öffentlichen Empörung geäußert, es habe sich bei dem Zettel um eine Privatäußerung gehandelt, ausgelöst durch seinen Frust über die Vorgänge im Gazastreifen. Auf Anweisung der Polizei habe er das Schild bereits gestern Abend wieder entfernt, so der Mann. Heute sagt er, er würde die Aktion in dieser Form nicht noch einmal wiederholen, allerdings lehne er den Antisemitismusvorwurf ab.
Dokumentationstelle Antisemitismus: „Israel-bezogener Hass wird sprechbarer“

Vor Ort reagierten Bürger inzwischen mit Gegenbotschaften auf das antisemitische Plakat.
Die Informations- und Dokumentationsstelle Antisemitismus in Schleswig-Holstein (LIDA-SH) hat im vergangenen Jahr mit 588 Vorfällen einen neuen Höchststand seit der Gründung festgestellt. 2023 waren es im Vergleich dazu noch 120 Fälle. Besonders der Israel-bezogene Antisemitismus werde „sprechbarer“, so der Leiter der Dokumentationsstelle Joshua Vogel. Für das Jahr 2025 liegen dazu noch keine Zahlen vor, aber: der Negativ-Trend – das sei bereits klar – setze sich in diesem Jahr fort. Das Plakat in Flensburg zeige einen „unverhohlenen Hass auf Jüdinnen und Juden, der sich sehr stark an nationalsozialistische Praktiken anschließe“, so Vogel.
Der Palästinensische Verein Flensburg distanzierte sich in einer Stellungnahme auf Instagram von dem Plakat und betonte, dass Antisemitismus niemals zu rechtfertigen sei.
Beauftragter für Jüdisches Leben: Antisemitische Hetze verletzt nicht nur die Betroffenen
Nach Angaben der Polizei gingen bereits am Mittwochabend (17.9.) mehrere Strafanzeigen ein. Auch der Landesbeauftragte für Jüdisches Leben in Schleswig-Holstein, Gerhard Ulrich, hat Anzeige gegen den Ladenbesitzer erstattet. Das Schild erinnere an die Rhetorik des Nationalsozialismus. „Das ist für mich dermaßen entsetzlich, was die Entwicklung in unserer Gesellschaft angeht“, so Ulrich. Hetze wie diese verletze nicht nur die Betroffenen, sondern sei ein Angriff auf unsere demokratische Grundordnung insgesamt.
Kulturministerin Stenke: „erschreckendes Signal“
Auch Kulturministerin Dorit Stenke bezeichnete das Plakat als Angriff auf die Menschenwürde und ein „erschreckendes Signal“. Antisemitismus dürfe in keiner Form toleriert werden, betonte sie in einer Pressemitteilung. An den Schulen setze man sich daher aktiv mit dem Thema auseinander. Zudem arbeite die Landesregierung an einem Aktionsplan gegen Antisemitismus, der 2026 in Kraft treten soll.
Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungen ein
Die Staatsanwaltschaft Flensburg hat am Donnerstagnachmittag (18.9.) ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Volksverhetzung eingeleitet. Das Verfahren richtet sich gegen den Inhaber des Geschäfts. Das Plakat wurde als Beweismittel sichergestellt, die Ermittlungen dauern an.