„Schockierend“, „kritisch“. Stimmen zur Kommunalwahl in Mengede. Die AfD holte 25 Prozent. Weil die Wähler sich nicht umstimmen lassen? Eine Analyse.
Es war die Überraschung nach der Kommunalwahl 2020: Mengede hatte mit Axel Kunstmann erstmals einen grünen Bezirksbürgermeister. Von 13,6 Prozent Stimmenanteil bei der Wahl 2014 hatten sie auf 23,5 Prozent zugelegt – und wurden zweitstärkste Kraft in der Bezirksvertretung. Bei der aktuellen Wahl am 14. September 2025 erzielten sie 13,3 Prozent – ein Level wie vor elf Jahren.
Trotz des Erfolgs: Mengede war mit dem Ergebnis von 2020 beileibe keine Grünen-Hochburg. Die Sitzverteilung in der BV zeichnete ein realistischeres Bild als die Stimmenanteile. Vier Sitze haben die Grünen in der nun endenden Wahlperiode. Zuvor waren es drei – so viele wie in der neuen Wahlperiode auch. „Es hätte schlimmer kommen können“, erklärt Kunstmann am Rande der letzten Sitzung der BV in der laufenden Wahlperiode am Mittwoch (17.9.2025).
Der Blick auf die künftige Sitzverteilung im Mengeder Amtshaus zeigt: Die Kräfteverhältnisse werden sich kaum spürbar ändern. Die SPD bleibt bei sechs Sitzen, die CDU bei vier, die Linke bei einem Sitz. Dennoch: „Wir beurteilen das Ergebnis als kritisch“, sagt Holger Martens, bislang stellvertretender Bezirksbürgermeister und Spitzenkandidat der CDU.
„Kritisch für den Stadtbezirk“
Die AfD wird drei Bezirksvertreter in der BV stellen. Da sie nicht mehr Kandidaten aufgestellt hat, bleiben zwei der fünf ihr rechnerisch errungenen Mandate frei. Die fünf errungenen Sitze seien „kritisch für den ganzen Stadtbezirk, dass wir so tief die demokratische Linie verlieren“, sagt Martens.
Sylvia Dettke ist in der laufenden Wahlperiode Fraktionsvorsitzende der SPD. „Ich weiß, jeder, der die AfD wählt, kann man nicht vom Gegenteil überzeugen“, sagt sie. „In der Politik müssen wir daran arbeiten, dass sich das ändert.“ Die fünf errungenen Sitze der AfD seien „schockierend“, erklärt Axel Kunstmann. Nach den Ergebnissen der Europawahl und der Bundestagswahl habe er damit aber gerechnet.
Klar ist: Welche Partei auch immer den künftigen Bezirksbürgermeister stellen wird, ist auf Unterstützung einer anderen Fraktion angewiesen. Die Wahl erfolgt bei der konstituierenden Sitzung am 3. November. Dabei sind Zweierbündnisse in verschiedenen Kombinationen rechnerisch denkbar: schwarz-rot, rot-grün, schwarz-grün.
Spitzenkandidaten 2020 und 2025: Vor fünf Jahren gewann Axel Kunstmann (M.) die Wahl zum Bezirksbürgermeister. Bruno Wisbar (l.) und Holger Martens wurden damals seine Stellvertreter.© Stephan Schütze (Archiv)
„Wir haben drei Kandidaten, die Bezirksbürgermeister werden könnten“, sagt Axel Kunstmann. „Die SPD hat sechs Sitze, deswegen hat deren Kandidat auch gute Chancen, dass er es letztendlich wird.“
Auf Listenplatz 1 der SPD stand Bruno Wisbar. Der hält sich im Gespräch mit unserer Redaktion erst einmal zurück und verweist auf 2020, als er in der konstituierenden Sitzung bei der Abstimmung unterlag. „Der Stadtbezirksvorstand muss sich mit den anderen Parteien zusammensetzen, um das Beste für den Stadtbezirk zu eruieren“, sagt Wisbar. Spekulationen wolle er dazu nicht abgeben.
Eine Koalition im engeren Sinne wurde 2020 nicht gebildet. Bei den „großen“ politischen Themen gab es in den letzten fünf Jahren meistens über alle Parteien hinweg einen Grundkonsens. Eine „Politik ohne Farbe für die Mengeder Bürger“, nennt es CDU-Fraktionschef Andreas Flur. Dazu zählen etwa der Verkehr mit Blick auf Gewerbe- und Industriegebiete, Leerstände und Attraktivität im Handel, Lebensqualität im Wohnumfeld oder die Sanierung von Schulen.
Unter dem sublokalen Brennglas überraschen deswegen die Stimmanteile der AfD, die in Mengede als zweitstärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen ist und ihr Ergebnis – bei einer höheren Wahlbeteiligung – im Vergleich zu 2020 mehr als verdreifachen konnte.
„Die AfD hatte in der Stadt und hier im Bezirk überhaupt kein Wahlprogramm für Kommunalpolitik“, sagt Andreas Flur. An der Politik der BV könne es nicht gelegen haben. Auch AfD-Bezirksvertreter Peter Bohnhof stimmte bei den meisten Abstimmungen mit dem Konsens der anderen Fraktionen.
Mit künftig drei Bezirksvertretern hat die AfD Fraktionsstatus. Damit kann sie Anträge stellen. Spannend wird sein, wie sich die anderen Parteien dann positionieren. Das Nicht-Besetzen(-Können) von zwei der fünf errungenen Mandate allerdings schwächt letztlich die Demokratie oder höhlt sie zumindest aus – übrigens nicht nur im Dortmunder Nordwesten, sondern in vielen Stadtbezirken.
Bei der Kommunalwahl 2025 setzt sich im Stadtbezirk eine Entwicklung fort, die schon bei der Europa- und der Bundestagswahl erkennbar war: Einzelne ausgewiesene Hochburgen der AfD unter den Stimmbezirken gibt es nicht mehr in der auffälligen Form vergangener Jahre.
Bei der letzten Sitzung der Bezirksvertretung Mengede der laufenden Wahlperiode verabschiedete Bezirksbürgermeister Axel Kunstmann (vorne, 2.v.l.) die BV-Mitglieder, die der künftigen Bezirksvertretung nicht mehr angehören (v.l.): Tim Kock (SPD), Kevin Götz (Die Linke), Jenny Pätsch (Die Partei), Isabella Knappmann (Grüne) und Richard Utech (SPD).© Uwe von Schirp
Natürlich stechen fast 50 Prozent AfD-Stimmen bei Urnen- und Briefwahl Bezirk des Wahllokals am Wattenscheidskamp in Bodelschwingh ins Auge, auch die mehr als 30 Prozent im Wahlbezirk der „Buriad“-Großwohnsiedlung in Nette mit dem Wahllokal in der Albert-Schweitzer-Realschule. Mehrheitlich gingen die Stimmbezirke im Stadtbezirk Mengede im Gesamtergebnis von Urnen- und Briefwahl an die SPD, zwei in Bodelschwingh an die CDU.
Interessant, aber aufgrund der Bevölkerungsstruktur wenig überraschend sind die Stimmanteile in den drei Wahlbezirken Bodelschwingh/Westerfilde, Nette und Mengede/Oestrich. Die SPD holt in allen drei Bezirken zwischen 26 und 27 Prozent. Unterschiede gibt es bei den Ergebnissen von CDU und Grünen.
Die CDU ist in Bodelschwingh/Westerfilde (20,3 %) und Mengede/Oestrich/Groppenbruch (19,4 %) deutlich stärker als in Nette (16 Prozent). Die Grünen sind in Mengede/Oestrich/Groppenbruch (16,1 %) am stärksten. In Bodelschwingh/Westerfilde holen sie 11 Prozent, in Nette 12,2 Prozent.




