Stand: 18.09.2025 21:47 Uhr

Trump bei Laune halten – koste es, was es wolle. Das war offenbar der Plan der britischen Regierung für den Staatsbesuch des US-Präsidenten. Das Vorhaben scheint geglückt zu sein.


Franziska Hoppen

Der US-Präsident ist wieder in der Luft. Es ist geschafft. Jetzt wäre vielleicht der richtige Moment für einen Scotch, oder besser: einen „transatlantischen Whiskey Sour“. Den hat beim Staatsbankett gestern Abend König Charles III. servieren lassen. Im Zeichen britisch-amerikanischer Freundschaft.

Zwei Tage lang haben sich Labour-Kabinett und Royals überschlagen, um dem US-Präsidenten einen historischen zweiten Staatsbesuch zu bescheren. Von Salutschüssen und goldenen Kutschen, die von Schimmeln gezogen wurden, über Flugschau bis zur besonders großen Militärzeremonie. „Alles wurde getan, um sicherzustellen, dass Präsident Trump wirklich das Gefühl hatte, dies sei ein besonderer Moment für ihn“, sagt Königshausexpertin Emily Nash.

„Truman-Show“ für Donald Trump?

Mit der „Truman-Show“ verglichen britische Journalisten das Unterfangen – weil Hunderte Menschen enorme Anstrengungen unternahmen, um Trump das Gefühl zu geben, die Welt drehe sich um ihn. Wie Truman sollte auch Trump nicht mit der Realität des Lebens außerhalb der Burgmauern und Stahlzäune von Windsor konfrontiert werden. Protestiert wurde weit weg in London.

Und sogar König Charles biss sich bei beim Staatsbankett auf die Zunge und sprach in seiner Rede nicht, wie sonst üblich, über den Klimawandel, sondern stattdessen über „die Schönheit der Natur“. Mit Erfolg: Trump wirkte selig, die First Lady interessiert. Dies sei eine der größten Ehren seines Lebens, so Trump.

„Wir werden für immer Freunde sein“

Das Ziel, den US-Präsidenten mit möglichst guter Laune in den politischen Teil des Staatsbesuchs am Donnerstag zu schicken, schien also aufgegangen zu sein. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem britischen Premier Keir Starmer am Nachmittag: keine Seitenhiebe, keine Belehrungen, kein Fauxpas. Stattdessen betonte Trump: „Die Verbindung zwischen unseren beiden Ländern ist wie keine andere“, sie sei unzerbrechlich. „Wir werden für immer Freunde sein.“

Bei ihren politischen Überzeugungen mögen die beiden Regierungschefs sonst weit auseinanderliegen, doch am Donnerstag wirkte die Stimmung regelrecht freundschaftlich, der sonst so unvorhersehbare US-Präsident gezähmt.

Investitionsabkommen geschlossen

Ein Erfolg, der sich in Zahlen übersetzen lässt: 250 Milliarden Pfund an Investitionen werden demnächst über den Atlantik fließen, verkündeten Trump und Starmer bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz – davon umgerechnet etwa 170 Milliarden Euro von Unternehmen wie Google, Microsoft, Nvidia, Palantir und Boeing nach Großbritannien.

Starmer nannte es „die größten Investitionen dieser Art in der Geschichte des Landes“. Vor allem im Bereich Künstliche Intelligenz, Quantencomputing und Atomenergie wollen die beiden Länder nun enger zusammenarbeiten. Das besiegelt eine frisch unterzeichnete Technologie-Partnerschaft. 

„Wir sind eine Art Vasallenstaat“

Kritiker, wie etwa Nick Clegg, ehemaliger Politiker und Ex-Kommunikationschef von Meta, warnen, dass Großbritannien zu abhängig von den USA würde und besser seine eigene Tech-Infrastruktur ausbauen sollte: „Wir sind technologisch gesehen eine Art Vasallenstaat“, erklärte Clegg. „Sobald unsere Technologieunternehmen beginnen, eine gewisse Größe oder Ambitionen zu entwickeln, müssen sie nach Kalifornien gehen, weil wir hier kein Wachstumskapital haben.“

Doch für Starmer zählte am Donnerstag vor allem, dass die Partnerschaft nach seinen Angaben 7.600 neue Jobs schaffen und für Wirtschaftswachstum sorgen wird.

Politische Differenzen spielten Nebenrolle

Selbst bei den Themen mit mehr Zündstoff schienen die Staatschefs sich schlicht geeinigt zu haben, unterschiedlicher Meinung zu sein. Was der US-Präsident davon halte, dass Großbritannien demnächst einen palästinensischen Staat anerkennen wolle, wollte etwa ein Journalist wissen. „In diesem Punkt bin ich mit dem Premierminister nicht einer Meinung. Das ist tatsächlich einer der wenigen Punkte, in denen wir unterschiedlicher Meinung sind“, sagt Trump ruhig – und beide nickten.

Ungewohnt klare Worte folgten vom US-Präsidenten auf die Frage eines Journalisten zum russischen Präsidenten Wladimir Putin: „Ja, er hat mich im Stich gelassen“. Dass Trump an dieser Stelle von Putin abzurücken scheint, könnte Starmer als kleinen Erfolg verbuchen. Doch welche konkrete Verantwortung für die USA daraus folgt, ob diese Aussage mehr als eine Momentaufnahme ist, das wollte Trump gleichzeitig nicht sagen. 

Keine Einmischung in Innenpolitik

Die befürchtete Einmischung in britische Innenpolitik durch Trump blieb in den zwei Tagen Staatsbesuch aus. Seinen Vize JD Vance hatten die Briten noch zu deutlich in den Ohren, der sich bei seinem letzten Großbritannien-Besuch um die Meinungsfreiheit im Land sorgte – eine beliebte Kulturkampf-Keule auch der rechtspopulistischen Partei Reform UK und ihres Chefs Nigel Farage, die seit Monaten in den Umfragen vorn liegen und die Regierungspartei Labour in die Mangel nehmen. Doch selbst auf Steilvorlagen durch Fragen von Journalisten ging der US-Präsident nicht ein.

Enttäuscht dürfte die Stahlindustrie sein. Die Pläne zur Abschaffung der US-Zölle auf Stahlimporte sind vorerst auf Eis gelegt worden – dabei kämpft die Branche schon seit einigen Jahren mit finanziellen Schwierigkeiten.

Was die Briten schlussendlich von dem zweitägigen Spektakel halten, wird sich vielleicht nach dem kollektiven Durchatmen zeigen. Dass der mehrheitlich unbeliebte US-Präsident nichtsdestotrotz geopolitisch für Großbritannien wichtig und der Staatsbesuch deshalb ein Stück weit notwendig ist, erkannten einige in den Umfragen an.