Eine drei Sekunden lang im Voraus zum Gruß ausgestreckte Hand war die größte Freundschaftsgeste, die der amerikanische Präsident Donald Trump seinem Gastgeber am Donnerstagvormittag gewährte; der britische Premierminister Keir Starmer revanchierte sich mit einem sanften Druck auf Trumps Schulter, um ihn zum Eintritt in seinen Landsitz in Chequers zu bewegen. Das Protokoll hatte dort vor das Abarbeiten der politischen Tagesordnung – die Fälle namens Gaza, Ukraine, amerikanische Zölle enthielt – noch einen weiteren Unterhaltungspunkt für den amerikanischen Gast gesetzt.

Starmer zeigte ihm auf einem kurzen Rundgang allerhand Gegenstände, die sein berühmtester Vorgänger Winston Churchill in seiner Zeit als Premierminister im Haus gebrauchte und dort hinterließ. Der britische Kriegspremier hatte damals regelmäßig amerikanische Diplomaten in Chequers zu Gast; seine Schwiegertochter Pamela soll dort sogar ihre Affäre mit Präsident Roosevelts damaligem Sonderbeauftragten W. Averell Harriman begonnen haben. Trump hat seine Verehrung für Churchill schon öfters kundgetan und auch dadurch dokumentiert, dass er dessen Büste zweimal nach seinem Amtsantritt in das Oval Office im Weißen Haus zurückholen ließ.

Auch König Charles ging am Vorabend auf die von Churchill und Roosevelt geschmiedete „besondere Verbindung“ zwischen den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich ein – und bezog sie auf die aktuellen politischen Erörterungen. In zwei Weltkriegen habe man gemeinsam die Kräfte der Tyrannei geschlagen. „Heute, wo die Tyrannei abermals Europa bedroht, stehen wir und unsere Alliierten in der Unterstützung der Ukraine zusammen, um die Aggression abzuschrecken und den Frieden zu sichern.“

König Charles und Präsident Trump am Donnerstag in WindsorKönig Charles und Präsident Trump am Donnerstag in Windsordpa

Anschließend brachte Charles bei dieser Gelegenheit noch ein Credo für Umwelt- und Klimaschutz unter: „Wir teilen die Absicht und die Entschlossenheit, unsere majestätischen Landschaften und Gewässer zu bewahren und vor allem sicherzustellen, dass wir sauberes Wasser, reine Luft und reines Essen haben.“

Zumindest die Unterstützung für die Ukraine machte Starmer am folgenden Tag zum Gesprächsthema mit Trump. Der britische Premierminister trieb gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten Emanuel Macron in den vergangenen Monaten eine Koalition der Willigen voran, welche einen Waffenstillstand oder sogar Friedensschluss zwischen der Ukraine und Russland militärisch absichern sollte.

Dieses Vorhaben verfolgte zugleich den allgemeinen Zweck, Trump an der Seite der Europäer zu halten. Da dessen Hoffnungen auf Friedensgespräche zwischen den Präsidenten Russlands und der Ukraine sich bislang nicht erfüllten, wollte sich Starmer bemühen, nun gemeinsam weitere Schritte zur Unterstützung der Ukraine zu verabreden. Trump brachte zu den Gesprächen in Chequers auch seinen Sondergesandten Steve Witkoff und seinen Außenminister Marco Rubio mit, die beide in den vergangenen Wochen in Gespräche mit Putin oder der russischen Seite involviert waren.

Unstimmigkeiten in Nahost-Politik

Deutlich unterschiedliche Auffassungen bestehen zwischen London und Washington inzwischen in der Nahost-Politik. Die britische Regierung hat vor einigen Wochen kurz nach der französischen Regierung angekündigt, dass sie zum Auftakt der UN-Generalversammlung in der kommenden Woche voraussichtlich den Schritt einer offiziellen Anerkennung eines palästinensischen Staates vollziehen werde.

London hat noch weitere Maßnahmen ergriffen, um den Druck auf die israelische Regierung zu erhöhen, die humanitäre Lage in Gaza zu verbessern und bei ihrem militärischen Vorgehen stärker Rücksicht auf die Zivilbevölkerung zu nehmen. Dazu zählt der Ausschluss israelischer Offiziere von den Ausbildungskursen an der britischen Militärakademie, dem Royal College of Defence Studies.

Das britische Verteidigungsministerium begründete die Entscheidung, keine Lehrgangsteilnehmer aus Israel mehr zu akzeptieren, mit der Entscheidung der Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu, „den Krieg in Gaza weiter zu eskalieren“. Alle militärischen Unterrichtskurse der Akademie seien darauf ausgerichtet, „mit dem internationalen Völkerrecht im Einklang zu stehen“.

Prinzessin Catherine und die amerikanische First Lady Melania Trump am Donnerstag in WindsorPrinzessin Catherine und die amerikanische First Lady Melania Trump am Donnerstag in Windsordpa

Und während es die Gattin des Thronfolgers William, Prinzessin Catherine, am Donnerstag unternahm, die First Lady Melania Trump mit einem eigenen Programm im Garten von Windsor zu unterhalten, bestand die Aufgabe der britischen Finanzministerin Rachel Reeves darin, die Chefs der amerikanischen Technologie-Konzerne zum Lunch zu bewirten, die mit Trump nach Großbritannien gereist waren.

Sie waren zuvor vom britischen Premierminister und vom amerikanischen Präsidenten in einem öffentlich übertragenen Zeremoniell in einem Sommerzelt neben dem Herrenhaus ausführlich gelobt und dafür gewürdigt worden, dass sie das Abkommen zur technologischen Zusammenarbeit, das Trump und Starmer bei dieser Gelegenheit unterzeichneten, mit Investitionszusagen in dreistelliger Milliardenhöhe unterfüttern. Die neue Kooperation soll unter anderem die Zusammenarbeit bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz, Kommunikationstechnik und Kernfusion fördern.

Starmer nutzte die Gelegenheit, seinen freundschaftlichen Umgang mit Trump zu demonstrieren. „Du bist unter Freunden“, beteuerte der britische Premierminister und beschwor ein weiteres Mal die „besondere Verbundenheit“ zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten, die das „Fundament unserer Freiheit, Sicherheit und unseres Wohlstands“ sei. Überdies würden beide Länder nun von Politikern geführt, „die sich respektieren, ja die sich sogar mögen“. Starmer pries vor den amerikanischen Konzernchefs noch den Standort Großbritannien – „wir haben die geringsten Zölle in der Welt“ –, bevor er „meinem Freund Donald Trump“ das Wort gab.

Trump und Starmer bei ihrer Pressekonferenz am DonnerstagTrump und Starmer bei ihrer Pressekonferenz am DonnerstagEPA

Der revanchierte sich mit der Behauptung, es gebe „ein unverbrüchliches Band“ zwischen beiden Ländern, und sonnte sich ein weiteres Mal in den besonderen Aufmerksamkeiten, die ihm während seines Besuchs zuteilwurden. Er habe ja „die exquisite Ehre eines zweiten Staatsbesuches“ erfahren, sagte Trump; das sei ja „das erste Mal gewesen, dass so etwas jemals gemacht wurde“. Dann sprach er noch eine Weile darüber, wie großartig die Vereinigten Staaten unter seiner Führung schon geworden seien, und führte unter anderem als Beispiel an: „Wir sind die Einzigen, die diese Zölle erheben können, niemand anders kann das machen.“

Und im Blick auf das neue Kooperationsabkommen freute sich der amerikanische Präsident: „Wir werden eine Menge Deregulierung haben und ein immenses Maß an Innovation.“ Er erwähnte auch eine neue Kernenergie-Kooperation, die beide Seiten vereinbarten, und prophezeite: „Überall im Vereinigten Königreich werden jetzt diese modularen Kernkraftwerke entstehen.“

Starmer hatte den amerikanischen Freund am Vormittag in Chequers ein weiteres Mal mit einer militärischen Zeremonie empfangen; es war das vierte offizielle Spalier während seines zweiten Staatsbesuchs. Außerdem erklang ein weiteres Mal Musik aus Dudelsäcken – auch dies die vierte Gelegenheit für Trump, diese Hommage an die schottische Herkunft seiner Mutter zu hören.