Doch kein neuer Wahlkreiszuschnitt im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg: „Nach alledem gilt die von der BVV beschlossene Wahlkreiseinteilung im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg“, heißt es in einem Dokument der Innenverwaltung, das dem Tagesspiegel vorliegt.
Da die Fraktionen im Bezirk sich nicht einigen konnten, musste die Bezirksaufsicht der Innenverwaltung einschreiten. Nachdem diese am Montagabend beauftragt worden war, traf dann am Donnerstagabend das Ergebnis ein. Die Aufsicht entschied gegen den Entwurf für einen Zuschnitt der Wahlkreise aus dem Bezirksamt und für Variante 1 aus dem Rechtsamt.
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„Parteipolitischen Manövern wurde ein Strich durch die Rechnung gemacht“, sagt René Pérez-Domínguez, Vorsitzender der Linksfraktion. Eine herbe Niederlage für die Grünen. Diese hatten einen eigenen Entwurf für die Wahlkreise eingebracht, der in einer Abstimmung im Bezirksamt lediglich durch die doppelt zählende Stimme von Clara Herrmann (Grüne) angenommen worden war. Obwohl das zuständige Rechtsamt bereits Varianten zur Auswahl vorgelegt hatte.
Linke, SPD und CDU gegen Grüne
Daraufhin hatten Linke, SPD und CDU in einer Sondersitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gegen diesen Beschluss des Bezirksamtes gestimmt und sich für die Variante aus dem Rechtsamt entschieden. Laut der Linke wurde so der Beschluss im Bezirksamt ersetzt. Die Frage war nun, ob die BVV dies kann.
Laut Bezirksaufsicht war der Vorgang rechtens und das Bezirksamt hat keine Möglichkeit mehr, den Beschluss der BVV anzufechten. Demnach kann die BVV einschreiten und Beschlüsse des Bezirksamts aufheben. In der BVV haben Linke, SPD und CDU zusammen mehr Stimmen als die stärkste Fraktion der Grünen.
„Wichtiger Schritt für die Demokratie“
Die Linken sprechen von einem „wichtigen Schritt für die Stärkung demokratischer Verfahren“. Es sei zu begrüßen, dass „das Bezirksamt politisch überprüft werden kann“.
Hier der Zuschnitt der Wahlkreise für Friedrichshain-Kreuzberg vom Fachamt, beschlossen durch die BVV.
© Tagesspiegel I Stand: 14. August 2025 I Rita Boettcher
Jan Thomas Alter von der CDU sieht „einen guten Tag für die Demokratie“. Der Versuch der Grünen, „ihre Machtbasis mit manipulativen Wahlkreisverschiebungen zu retten, ist krachend gescheitert“.
Auch Grüne begrüßen die Entscheidung
Auch die Fraktion der Grünen in der BVV begrüßt die Entscheidung der Aufsicht und dass „die Rolle der BVV als zentrales politisches Gremium im Bezirk gestärkt wurde“. In einer Mitteilung heißt es weiter: „Auch wenn wir in der inhaltlichen Frage einen anderen Weg bevorzugt hätten, begrüßen wir die abschließende Klärung in diesem Präzedenzfall durch die Bezirksaufsicht.“
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Durch diese schnelle Entscheidung sind die Wahlen in Berlin zum Abgeordnetenhaus im September 2026 nicht gefährdet. Anlass für den Streit war die Streichung eines Wahlkreises: Für die Wahlen bleiben in Friedrichshain-Kreuzberg lediglich fünf statt bislang sechs Wahlkreise, weshalb diese neu verteilt werden müssen. Zwar wird die Anzahl der Wahlkreise vom Berliner Senat festgelegt, die örtliche Abgrenzung dieser jedoch von den Bezirken selbst.
Hier der Entwurf der Grünen für die Wahlkreise von Friedrichshain-Kreuzberg, beschlossen durch das Bezirksamt.
© Tagesspiegel I Stand: 14. August 2025 I Rita Boettcher
SPD, Linke und CDU hatten den Grünen vorgeworfen, eine selbst beschlossene Variante durchdrücken zu wollen, bei der sie sich selbst bevorteilen. Es geht hauptsächlich um Wahlkreis 4, der zuletzt zweimal in Folge von Damiano Valgolio (Linke) gegen Monika Herrmann (Grüne) gewonnen worden war.
Nach dem Willen der Grünen sollte der bisher vollständig in Friedrichshain liegende Wahlkreis nun um einen Teil von Kreuzberg ergänzt werden – wo die Ökopartei traditionell stark ist. Der Vorwurf der Opposition wirkt schwer und lautet: „Gerrymandering“ à la Donald Trump. Tagesspiegel-Informationen zufolge war der Entwurf für den Bezirksamts-Beschluss direkt aus einem Parteibüro der Grünen verschickt worden. Auch von einigen Grünen-Politiker:innen selbst war zu vernehmen, ihre Partei habe sich mit den Vorgängen keinen Gefallen getan.