Frankfurter Beschluss

Keine Gefängnisstrafe mehr fürs Schwarzfahren

Aktualisiert am 19.09.2025 – 12:56 UhrLesedauer: 3 Min.

Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH will mehr Kontrolleure einstellen um gegen Schwarzfahrer vorzugehen. 07.07.2014 Frankfurt Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH will mehr Kontrolleure einstellen um gegen Schwarzfahrer vorzugehen. Im Bild: U-Bahn Station Hauptwache . Frankfurt Frankfurt Hessen Germany *** Rhein Main Verkehrsverbund GmbH wants to hire more inspectors to crack down on fare dodgers 07 07 2014 Frankfurt Rhein Main Verkehrsverbund GmbH wants to hire more inspectors to crack down on fare dodgers Pictured U Bahn station Hauptwache Frankfurt Frankfurt Hessen Germany3Vergrößern des Bildes

U-Bahn in Frankfurt (Archivbild): Fahren ohne Ticket kann im schlimmsten Fall in die Zelle führen – damit soll künftig Schluss sein. (Quelle: IMAGO)

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Wer ohne Ticket fährt, kann im Gefängnis landen. Das trifft vor allem arme, obdachlose oder kranke Menschen. In Frankfurt soll damit bald Schluss sein.

Bus- und Bahnfahrten ohne Ticket sollen in Frankfurt künftig nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden. Die Stadtverordnetenversammlung stimmte am Donnerstag einem Antrag der Linken zu. Menschen, die ohne Ticket erwischt werden, sollen weiterhin ein Bußgeld von 60 Euro erhalten. Ein juristisches Nachspiel bis hin zu Gefängnisstrafen ist aber nicht mehr vorgesehen.

Grüne, SPD und Volt hatten zuvor einem Antrag der Linken im Haupt- und Finanzausschuss zugestimmt. Zustimmung gab es zudem von ÖkoLinX und der Fraktion „Die Fraktion.“ Der Magistrat soll nun die Verkehrsgesellschaften VGF und traffiQ dazu anweisen, Fahrten ohne Ticket nicht mehr per Strafantrag zu verfolgen.

Frankfurt folgt Wiesbaden, Mainz und anderen Städten

Die Verkehrssprecherin der Frankfurter Linksfraktion, Daniela Mehler-Würzbach, sagte: „Fahren ohne Fahrschein ist ein Armutsdelikt. Niemand sollte wegen fehlender Fahrscheine ins Gefängnis kommen.“ Ihre Partei fordere seit Jahren eine Entkriminalisierung. „Nach reichlich Druck von uns wurde jetzt endlich ein Antrag angenommen“, sagte Mehler-Würzbach.

Martin Huber, mobilitätspolitischer Sprecher von Volt im Römer, sagte: „Die Kriminalisierung von Fahren ohne Fahrschein löst keine Probleme.“ Sie belaste Gerichte und Justizvollzug unnötig. Im schlechtesten Fall sei eine unverhältnismäßige und einschneidende Ersatzfreiheitsstrafe die Folge, so Huber. Eine solche Ersatzfreiheitsstrafe drohe jenen Menschen, die ihre Geldstrafen nicht bezahlen können.

Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne) begrüßte den Beschluss. Das erhöhte Beförderungsentgelt von 60 Euro sei eine ausreichende Sanktion. Gleichzeitig betonte er, dass Fahrscheine weiter engmaschig kontrolliert werden, um eine „Freifahrscheinmentalität“ zu verhindern.

Die Stadt Frankfurt folgt mit der Entscheidung einer Reihe anderer deutschen Städte: Unter anderem Wiesbaden, Mainz, Köln, Dresden und Düsseldorf haben Fahrten ohne Ticket bereits entkriminalisiert.

Für S-Bahnen und Regionalbahnen gilt die neue Regelung nicht. Die Linke forderte Mobilitätsdezernenten Siefert und seinen Amts- und Parteikollegen Andreas Kowol aus Wiesbaden auf, sich beim Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) und Umlandgemeinden für eine ähnliche Regelung einzusetzen.

Der RMV sprach sich für einheitliche Regeln auf allen Ebenen aus. Ein Sprecher nannte einen Schaden von rund 50 Millionen Euro jährlich durch Schwarzfahren. Nach Schätzung des Verbunds seien etwa fünf Prozent der Fahrgäste zuletzt ohne gültiges Ticket unterwegs gewesen. Der Branchenverband VDV forderte, Schwarzfahren müsse eine Straftat bleiben – klare Konsequenzen seien nötig.

Dass ein Antrag der Linken nun eine Mehrheit findet, spiegelt die neue Situation nach dem Auseinanderbrechen der Römer-Koalition wider. Nachdem die FDP die Stadtregierung verlassen hatte, erklärte Oberbürgermeister Mike Josef (SPD), dass die Dezernenten fortan ihre eigenen Mehrheiten suchen sollen. In diesem Fall ging die Regelung von der oppositionellen Linkspartei aus.

Dem Linken-Antrag zufolge ist für das Jahr 2023 von insgesamt 4.396 Strafanträgen in Frankfurt auszugehen. Dass Schwarzfahren bis heute mit Gefängnisstrafen enden kann, hatte in Frankfurt schon länger Kritik hervorgerufen. Die Initiative Freiheitsfonds setzt sich etwa bundesweit dafür ein, Menschen von Ersatzfreiheitsstrafen zu befreien.