Neuer Kapitalgeber und Partner an Bord: SIB-Chef Christian Müller (rechts) mit den Gründern Christian Klauß, Janett Krätzschmar-König und Julia Thombansen sowie Relocation-Managerin Tzu-Hsuan Liu (links) im Intap-Büro in der Dresdner Neustadt. Foto: Heiko Weckbrodt

Neuer Kapitalgeber und Partner an Bord: SIB-Chef Christian Müller (rechts) mit den Gründern Christian Klauß, Janett Krätzschmar-König und Julia Thombansen sowie Relocation-Managerin Tzu-Hsuan Liu (links) im Intap-Büro in der Dresdner Neustadt. Foto: Heiko Weckbrodt

Willkommens-Dienstleister „Intap“ macht internationalen Fachkräften den Start in der Chiphochburg Dresden leichter – nun steigt die Sparkassen-Tochter SIB ein

Dresden, 19. September 2025. Wie schreibe ich meinen indischen Führerschein für Deutschland um? Schmeiß ich hier den Teebeutel in die Biotonne, den Papiercontainer oder den Restmüll? Wie fülle ich Anhang G27a für Antrag 306/17/AuslAGe-5 korrekt aus und wieviele Dokumente muss ich im Original und in Kopie anfügen? Fragen, an denen selbst der fähigste internationale Halbleiteringenieur oder Quantenphysiker schier verzweifeln kann, wenn er nach Deutschland kommt. Ganz schlecht wäre es aber, wenn er oder sie an solchen Alltagsproblemen scheitert und wieder nach Hause abzwitschert.

Dies wäre auch für die Hightech-Firma oder das Institut, das gerade viel Mühe in die internationale Fachkräfteakquise investiert hat, ausgesprochen misslich. „Für die Unternehmen ist es ungemein teuer, wenn die Fachkräfte wieder gehen“, berichtet Geschäftsführer Christian Müller von der Dresdner Sparkassen-Tochter „SIB Innovations- und Beteiligungsgesellschaft“. „Sie sind deshalb auch bereit, dafür zu zahlen, dass jemand ihre neuen Leute an die Hand nimmt und beispielsweise durch die Behörden begleitet.“

„Für die Unternehmen ist es ungemein teuer, wenn die Fachkräfte wieder gehen.“
SIB-Chef Christian Müller

Daher engagieren viele sächsische Betriebe längst auch externe Dienstleister mit der Aufgabe, „ihren“ Spezialisten von weither erst in den Freistaat zu lotsen und dann hier für das erste schwierige Jahr durch Ämter und Alltagsdschungel zu führen. Diese Marktlücke haben die Gründer Janett Krätzschmar-König, Christian Klauß und Anke Wagner sowie Julia Thombansen schon vor Jahren erkannt. Seither lotst ihre Dresdner Firma „Intap“ eben solche internationalen Spezialisten vom Visa-Antrag daheim über die Reise nach Deutschland bis hin zu Lösungen für Alltagskrimskrams wie Kita-, Arzt- und Wohnungssuche. Viele Kunden-Unternehmen aus der sächsischen Mikroelektronik, Biotechnologie und weiteren Branchen wissen diesen Rundum-Service zu schätzen.

Inder finden: „In Deutschland ist es so leise“

Denn es ist eben nicht nur die deutsche Bürokratie, an der sich manche Neu-Dresdner fast die Zähne ausbeißen. Auch die Alltagskultur und viele Kleinigkeiten hierzulande wollen verstanden und verinnerlicht werden. „Mit Azubis aus Guatemala fahren wir erst mal Straßenbahn, weil sie das von zu Hause nicht kennen. Anderen erklären wir die Mülltrennung in Deutschland“, zählt Julia Thombansen auf. Andere Beratungsbeispiele: Viele Asiaten sind gewohnt, die Schuhe auszuziehen, wenn sie das Haus eines Gastgebers betreten. Ist das auch hier notwendig? Bei welchen Gelegenheiten sollte man eine Flasche Wein als Mitbringsel besorgen? Wie finde ich Freunde in einer Hausgemeinschaft? Was mach ich, wenn ich am Wochenende einen Blinddarmdurchbruch habe? Fragen über Fragen, bei denen das achtköpfige Intap-Team den Neuankömmlingen aus Indien, China, Taiwan oder Südkorea zu helfen versucht – bis hin zur Bewältigung von Einsamkeitsattacken: „Viele Inder zum Beispiel sind es von daheim gewohnt, ständig von vielen Menschen umgeben zu sein“, erzählt Intap-Chefin Janett Krätzschmar-König. „Sie sagen uns immer: ,In Deutschland ist es so leise’. Sie fühlen sich schnell sehr allein hier. Da hilft es oft schon, auf indische Vereine und Netzwerke in der Gegend aufmerksam zu machen.“

Nachfrage nach Willkommens-Diensten steigt

Bis zu ein Jahr dauert diese Intensiv-Begleitung, bis die Neu-Dresdner „durch’s Gröbste“ durch sind. Rund 250 internationale Fachkräfte hat Intap seit der Gründung vor acht Jahren bereits nach Sachsen geholt – Tendenz: steigend. „Die Nachfrage legt zu“, betont Krätzschmar-König. Die Wachstumsprognosen von „Silicon Saxony“ sprechen da eine deutliche Sprache. Zudem nimmt generell auch die internationale Vernetzung und Fachkräfteakquise der sächsischen Wirtschaft zu, so dass „Relocation“-Dienste wie die von Intap immer gefragter sind.

SIB schießt frisches Kapital für Digitalisierungskurs zu

Auf diese Trends reagiert das Unternehmen nun mit neuen Partnerschaften: Die Sparkassen-Tochter SIB übernimmt 20 Prozent der Unternehmensanteile und stellt Intap dafür rund eine halbe Million Euro frisches Kapital zur Verfügung. Einerseits soll nun die Belegschaft wachsen, von derzeit acht auf 20 bis 25 Köpfe im Jahr 2027. Vor allem aber will Indep mit dem Geld den eigenen Digitalisierungskurs vorantreiben, Willkommens-Apps für die „Internationalen“ entwerfen und viele zeitfressende Routine-Aufgaben an den Kollegen Computer delegieren. Der soll fortan beispielsweise all die Formulare ausfüllen, die die Behörden so lieben, Geschäftsprozesse automatisieren und für das Kernteam mehr Freiraum freischaufeln, um mehr Ankömmlinge aus Fernost, Südostasien und anderen Weltgegenden persönlich betreuen zu können.

Stadt gibt sich Mühe, ist aber immer noch zu analog drauf

Auf einen ähnlichen Digitalisierungskurs hoffen die Betreuer allerdings auch bei Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden. „Die Stadt Dresden tut auf jeden Fall ihr Bestes, um zu helfen“, schätzt Krätzschmar-König ein. „Aber die Prozesse in der Verwaltung sind noch viel zu wenig digitalisiert, dadurch sind die Behörden auch schnell mal überlastet.“

Intap: Dresden braucht mehr englischsprachige Fahrlehrer und Kinderärzte

Ebenso seien lokale Unternehmen und vor allem Dienstleister weise beraten, wenn sie sich auf die wachsende Internationalisierung der Chip-Metropole Dresden einstellen: „Wir brauchen hier in Dresden mehr Fahrschulen, in denen Englisch gesprochen wird, ebenso englischsprachige Kinderärzte“, zählt Julia Thombansen einige Marktlücken auf. „Wer sich mit dieser Spezialisierung selbstständig macht, hat garantiert keine Probleme, Kunden zu finden.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Besuch/Auskünfte Intap, SIB, Oiger-Archiv, Wikipedia, LHD, Ökotest

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

Ähnliche Beiträge

Ähnliche Beiträge