Hamburg – Antisemitische Angriffe nehmen zu, jüdisches Leben zieht sich zurück. Doch Hamburg setzt ein klares Zeichen: Die Bornplatzsynagoge im Grindelviertel wird neu gebaut. Nicht nur als Gotteshaus, sondern als Symbol gegen Hass. Jetzt steht fest, wie der Neubau aussehen wird.
Synagoge wurde von den Nazis zerstört
1938 zündeten die Nazis die prächtige Synagoge an, schändeten sie. Ein Jahr später folgte der Abriss – erzwungen, bezahlt von der jüdischen Gemeinde selbst. Seitdem klaffte an dieser Stelle mitten in Hamburg eine Lücke.
Oberbaudirektor Franz-Josef Höing, Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank, Philipp Stricharz und Stefanie Szczupak von der Jüdischen Gemeinde, Daniel Sheffer (Stiftung Bornplatzsynagoge), Staatssekretär Christoph de Vries, Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (v. li.) sowie Kinder aus der Gemeinde
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2020 kam endlich der Beschluss: Sie soll zurückkehren. Seitdem wurde geplant, gestritten, gerungen. Vor allem über die Fassade. Historisch oder modern? „Auch wenn das in Architektenkreisen durchaus kritisch gesehen wurde, ist der Siegerentwurf sehr nah am historischen Erscheinungsbild, mit feinen Abweichungen“, so Oberbaudirektor Franz-Josef Höing (60).
Die Bornplatzsynagoge wurde 1906 eingeweiht, 1938 in der Reichspogromnacht zerstört, 1939 abgerissen
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Der Gewinner-Entwurf
Aus 25 Entwürfen wählte eine 27-köpfige Jury einstimmig die Leipziger Architekten Schulz und Schulz mit den Berliner Haberland Architekten und POLA Landschaftsarchitekten. „Dieser Entwurf hat die jüdische Gemeinde sehr bewegt“, sagt Gemeinde-Vorsitzender Philipp Stricharz.
Daniel Sheffer (54), Vorsitzender der Stiftung Bornplatzsynagoge: „Der Wiederaufbau erfüllt die Sehnsucht der Jüdinnen und Juden nach Gleichberechtigung und Sicherheit.“
Oberbaudirektor Franz-Josef Höing erklärt das Gesamtensemble
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Kuppel aus Glas
Besonderes Highlight: eine 40 Meter hohe gläserne Kuppel. Einzigartig in Europa. Neben der Bornplatzsynagoge entsteht auch eine liberale Synagoge. Dazu ein Café, eine Bibliothek, ein Gemeindesaal und Wohnungen – ohne sich aus Sicherheitsgründen hinter Zäunen zu verstecken.
Christoph de Vries (50), Staatssekretär im Bundesinnenministerium: „Das geschieht in einer Zeit, in der der Antisemitismus eine neue Dimension erreicht hat. Umso wichtiger ist es, ein Zeichen für jüdisches Leben zu setzen.“
Daniel Sheffer (54), Vorsitzender der Stiftung Bornplatzsynagoge, auf dem Bornplatz, auf dem bis heute nur ein Bodenmosaik an die Umrisse der zerstörten Synagoge erinnert
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Mahnung und Hoffnung
Parlamentspräsidentin Carola Veit (52): „Viele Jahrzehnte haben wir als Stadt die Schmerzen der jüdischen Hamburger nicht gehört, nicht wahrgenommen. Das holen wir jetzt Schritt für Schritt nach.“
Doch wie lange der Bau dauert – und was er Stadt und Bund am Ende kostet – ist offen. „Wir bereiten nun die Vergabe der Fachplanung vor. Erst wenn diese abgeschlossen ist, ist es seriös, über Zeitpläne zu sprechen“, so Jan Pörksen (61), Chef der Senatskanzlei.
Heißt: Mehr als 80 Jahre nach der Zerstörung ihrer Synagoge brauchen Hamburgs Juden weiter Geduld.