Die mit Spannung erwartete Automobilauktion an diesem Samstag soll dem Auktionshaus Nagel die Tür zu einem neuen Geschäftsfeld öffnen. Interessenten gibt es in der ganzen Welt.

Beim Durchschreiten der Schauräume wird schnell klar: Für Autoenthusiasten dürfte Walhalla gerade in der Rotebühlstraße liegen. Im Waldbaur-Areal gegenüber dem Feuersee hat das Auktionshaus Nagel genügend Platz gefunden, um die mehr als 20 edlen und vor allem hochpreisigen Boliden aus knapp 100 Jahren stilgerecht zu präsentieren, bevor sie unter den Hammer kommen.

Rolls-Royce lässt Sammlerherzen in Stuttgart höherschlagen Im Cockpit des 190 SL von 1958 funkeln die verchromten Armaturen. Bei Oldtimer-Fans, die ihren Liebling auch fahren wollen, dürfte dieses Fahrzeug zu den begehrtesten der Auktion gehören. Foto: Torsten Schöll

Blitzendes Chrom, jede Menge Sterne und Pferde auf den Motorhauben und sogar eine Spirit of Ecstasy, die berühmte Kühlerfigur von Rolls-Royce, lassen hier die Herzen finanzkräftiger Sammler höherschlagen. Denn genau die dürften sich mehrheitlich am Samstag um die automobilen Preziosen ein Wettbieten liefern.

„Wir haben aber auch etwas für die sogenannten Jungsammler“, sagt Thomas Kamm, ein internationaler Experte für Sammlerfahrzeuge, mit dem das Auktionshaus Nagel bei dieser Versteigerung zusammenarbeitet. Ein knuffiger, top restaurierter Fiat „Cinquecento“ in einem quietsch-hellblauen „Azzuro Aqua Marina“, Baujahr 1968, kommt bei einer Taxe von rund 20.000 Euro für diese Klientel zum Beispiel als Einstieg ins Hobby in Frage. „Oder die Alfas“, empfiehlt Kamm. Ein Alfa Romeo Junior Zagato GT aus dem Jahr 1971 liegt zwischen vergleichsweise günstigen 35.000 und 50.000 Euro.

Dass es in der Autostadt Stuttgart überraschenderweise bisher kaum Automobil-Auktionen gegeben hat und wenn, dann nur markenrein bei Mercedes oder Porsche, wundert auch den Experten. Das genau ändern will Fabio Straub, der Chef des Auktionshaus Nagel, das vielen bisher vor allem als Spezialist für asiatische Kunst und Antiquitäten bekannt sein dürfte. „Wir lassen mit der ersten Automobilauktion seit fast 30 Jahren einen Versuchsballon starten“, betont Straub. Die Marktführer in diesem Segment seien RM Sotheby’s und Bonhams in Kanada und England. Die gilt es herauszufordern.

Ob das gelingt, entscheidet sich am Samstag, nachdem Auktionator Christoph Bouillon, unter anderem bekannt als Experte der Sendereihe „Kunst und Krempel“, das letzte Gebot aufgerufen hat. Spannend wird dann vor allem, in welchen Sphären die Boliden am oberen Ende der Taxierungsskala vorgestoßen sind. Neben der Rekonstruktion eines Stromlinien-Porsche Typ 60 K10-RR, der bei rund einer dreiviertel Million Euro angesiedelt ist, könnte auch ein feuerroter Ferrari 512 M „Modificata“ von 1996 die Nase vorn haben. Schätzpreis hier eine knappe halbe Million Euro. Das „Kronjuwel der Testarossa-Familie“, schwärmt Thomas Kamm.

Mercedes und Porsche sind bei der Auktion in Stuttgart stark vertreten

Preislich überraschend ist im Vergleich dazu der Rolls-Royce im Programm, der zwar mit 91 Jahren das älteste Automobil der Auktion ist. Mit unter 100.000 Euro Taxe ist die Luxuslimousine dafür aber ein echtes Schnäppchen. „Der Einlieferer hat das Fahrzeug eigens für die Hochzeit seiner Tochter aufwendig restaurieren lassen“, sagt Kamm. Bemerkenswert: Ein Interessent aus dem Iran hat sich bereits mehrmals beim Auktionshaus erkundigt, ob das Schmuckstück auf vier Rädern auch nach Teheran geliefert werden könnte. „Ja, es kann“, versichert Thomas Kamm mit einem Lächeln.

Andreas Horns Herz schlägt vor allem für Porsche und Mercedes, die, kein Wunder in Stuttgart, zahlenmäßig am stärksten bei der Auktion vertreten sind. Sein Favorit ist ein schwarzer Porsche 911 Targa „Softwindow“. Der Cannstatter Autoliebhaber hat bereits drei Oldtimer in der Garage, VW und Mercedes, wie er erzählt. Ob am Samstag der Porsche hinzukommt? „Wenn ich Zeit habe, biete ich mit“, sagt Horn am Freitag bei der Vorbesichtigung. Der Startpreis für das Schmuckstück liegt bei 92.000 Euro.